Kalte Progression: Mittelstandsvernichtung auf Raten

Die Einnahmen aus der Lohn- und Einkommenssteuer sprudeln, und das auch ohne eine signifikante Zunahme von Arbeitsplätzen, oder gar enorme Gehaltserhöhungen. Grund dafür ist die sogenannte "kalte Progression".

Österreichs Finanzministerin freut sich über ein Wachstum der Steuereinnahmen um 4% im ersten Halbjahr. Die Einnahmen aus der Lohnsteuer sind sogar um satte 6,1% gestiegen. Auch der deutsche Finanzminister freut sich über ein Steuerplus von 3,5% gegenüber dem ersten Halbjahr 2012. Hier beträgt das Plus bei der Lohnsteuer sogar 7,2%. Damit stieg die Steuerbelastung auf Arbeitseinkommen in beiden Ländern wieder einmal stärker als die gesamten Steuereinnahmen.

Inflationsausgleich?

Eigentlich dienen die Lohnerhöhungen dazu, die Teuerungsrate etwas auszugleichen. Einige Zeit lang lagen die Einkommenszuwächse (brutto) sogar ständig leicht über der Inflationsrate, so dass die Arbeitnehmer auch Reallohnzuwächse erhielten. Seit einigen Jahren liegt das Gehaltsplus jedoch in dem meisten Branchen unterhalb der offiziellen Inflationsrate, so dass sich schon vor Abzug von Steuern und Sozialbeiträgen real ein Minus ergab. Netto sieht die Situation dann noch dramatischer aus:

Verdiente ein kinderloser Angestellter in Österreich beispielsweise im Jahr 2003 noch 2.000 Euro brutto, so blieben ihm netto (ohne besondere Abschreibungen) rund 1.400 Euro netto übrig. Bei der gleichen Einstufung und beispielsweise 2% Gehaltserhöhung im Jahr würde dieser Angestellte ceteris paribus im Jahr 2013 brutto 2440 Euro brutto erhalten. Netto wären dies 1.640 Euro. Während das Bruttoeinkommen in diesen 10 Jahren um 22% stieg, kann er netto gerade mal ein Plus von 17% verbuchen. Den Rest hat die Steuerprogression aufgefressen. Allerdings haben sich die Preise seit 2003 auf Basis des österreichischen Verbraucherpreisindex (VPI) um rund 25% verteuert. Das heißt: Nicht nur, dass er brutto schon (in realen Preisen) weniger bekommen hat als noch im Jahr 2003, sondern durch die höhere Steuerbelastung auch netto nocheinmal weniger auf dem Konto vorweisen kann. In der Bundesrepublik sieht die Situation übrigens ziemlich gleich aus.

Finanzielle Ausblutung des Mittelstands

Für einen Großteil der Beschäftigten bringt die fehlende Angleichung der Grenzsteuersätze eine enorme Belastung mit sich. Wer beispielsweise vor 10 Jahren in Deutschland oder Österreich noch monatlich 2.000 Euro netto verdiente, durfte sich angesichts der Millionen von Menschen die für 1.000 Euro – oder weniger – im Handel, als Floristen oder Friseure arbeiten, sogar zum besser verdienenden Teil zählen. Heute sind die 2.000 Euro deutlich weniger wert, und dennoch ist die Steuerbelastung gleich hoch.

Wer heute 1.600-1.700 Euro netto verdient, dürfte (bei der gleichen Entwicklung) in 10 Jahren auch an der 2.000 Euro-Marke kratzen. Nur werden dann auch die Preise entsprechend gestiegen sein. Ohne eine Anpassung der Grenzsteuersätze an die – ohnehin zu moderat berechnete – Inflationsrate werden die unteren Einkommen dadurch immer stärker belastet. Dies führt dazu, dass das tatsächlich verfügbare Einkommen in realen Zahlen immer weiter sinkt, und die Menschen immer mehr ins Prekariat abgleiten.

Anpassung der Grenzsteuersätze

Gerade jetzt in Wahlkampfzeiten wird das Thema "Steuergerechtigkeit" immer wieder thematisiert. Und wie so oft kommt hier auch die kalte Progression ins Gespräch. Aber dennoch haben es sämtliche Parteien in den ganzen letzten Jahren nie zustande gebracht, endlich eine Lohnsteuerreform durchzuführen. Angesichts der klammen öffentlichen Kassen wollte wohl keine Regierung an einer der einträglichsten Steuer herumschrauben. Zu groß war hier wohl die Angst vor weniger Steuereinnahmen. Lieber riskiert man eine Ausweitung der sogenannten "working poor", welche trotz einer Vollzeitstelle zu wenig Geld verdienen, um sich ein normales Leben leisten zu können.

Angesichts der Tatsache, dass inzwischen in etwa jeder Achte im Land als arm oder armutsgefährdet gilt, wäre es hingegen ein Gebot der Stunde, endlich eine vernünftige Steuerreform auf die Beine zu stellen. Die Entlastung des Faktors Arbeit durch ein neues, indexiertes, Lohnsteuermodell würde nicht nur die Wirtschaft in Sachen Kosten entlasten, sondern auch die Konjunktur in Folge höherer (realer) Nettoeinkommen beleben. Immerhin würde der Großteil des Lohnzuwachses direkt wieder in die Wirtschaft fließen, da die Menschen jetzt schon oft nicht mehr wissen, wie sie die letzten Tage jedes Monats bis zum Zahltag überbrücken können.

Artikelbild: Jorma Bork  / pixelio.de


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