Irrungen und Wirrungen des Menschseins - "Anomalisa"

Michael ist berührt.

AB 21. JANUAR IM KINO! ©Paramount 


Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters. Das mögen – ganz klassisch – besonders ebenmäßige Gesichtszüge sein, große oder kleine Augen, ein ausgeprägtes Kinn oder eine feine Nase. Manchmal sind es nicht die Äußerlichkeiten, die eine Person interessant werden lassen. Es kann die Art sein, wie sie ihre Haare zurückstreicht, wie sie sich bewegt, sich dir gegenüber verhält. Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, was wie wo genau uns anspricht. Selbst ein Fehler, eine Anomalie, kann diese Wirkung haben, wie eine Narbe im Gesicht oder eine nicht allzu perfekte Singstimme. Es geht nicht darum, wie du dich in der Öffentlichkeit siehst, sondern was du in deinem Gegenüber auslöst. Gefühle, die echten.
„Anomalisa“ beschreibt genau das. Regisseur und Autor Charlie Kaufman widmet sich in seinem neuesten Film ganz seinen Figuren. Hauptfigur Michael ist nach gesellschaftlichen Standards ein glücklicher Mensch. Er hat einen gut bezahlten Job, eine Frau, die ihn liebt, ein Kind, das ihn anbetet. Warum also hat er das Gefühl, wegrennen zu müssen, sich seiner Selbst nicht (mehr) sicher zu sein? Jeder Mensch wirkt gleich auf ihn, er sieht das Besondere nicht mehr, kehrt sich immer mehr in sich selbst zurück. Da erscheint sie. Lisa. Eine gewöhnliche, unscheinbare Frau, für ihn jedoch das einzigartigste Wesen der Welt.

Zwei Liebende auf dem Bett.

©Paramount Pictures

Charlie Kaufman ist berühmt für seine verzwickten und originellen Filmideen. Er warf John Cusack hinein in den Kopf von John Malkovich („Being John Malkovich“) und überwand eine Drehbuch-Schreibblockade, indem er ein Drehbuch über sich selbst als unter Schreibblockade leidenden Drehbuchautoren verfasste („Adaption“). Kurzum: Seine Ideen sind brillant, die Filmwelt liegt ihm zu Füßen. Mit „Anomalisa“ nimmt er sich jedoch völlig zurück und verschreibt sich nicht dem Plot, sondern seinen Figuren. Michael und Lisa, die zusammen die Welt bedeuten.
Gedreht mittels außergewöhnlicher Stop-Motion-Technik vergisst der Zuschauer völlig, dass er es hier mit Puppen zu tun hat. Die Charaktere sind dermaßen präzise gezeichnet, mit lakonischem Witz präsentiert, dass dem Zuschauer der Atem stockt. Die gemeinsamen Szenen mit Lisa und Michael sind durchzogen von einer Ehrlichkeit, wie sie im Kino kaum noch zu finden sind. Die zwei Liebenden lassen zuweilen den Kinosaal vergessen, die Fiktion die darin mitschwingt. Was dort auf der Leinwand passiert, ist echt, will man sich sagen. Ein größeres Kompliment kann man einem Stop-Motion-Trickfilm kaum machen.
Zwar ist die Grundstory für Kaufman-Verhältnisse ungewöhnlich simpel, die Gefühlswelten, die dahinter lauern, sind es nicht. Wer kann schon erklären, warum er mit seiner – vordergründig glücklichen – Lebenssituation nicht zufrieden ist? Wieso läuft man vor etwas weg, das von den meisten als „gut“ und „normal“ empfunden wird? Kaufman gibt darauf keine Antwort –  wie könnte er auch. Der Mensch ist komplex, seine Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe allumfassend, genau wie der Drang zur Selbstzerstörung. „Anomalisa“ führt die Schwächen eines jeden vor Augen, aber auch seine Stärken. Schönheit war nie tragischer. 

Hauptplakat mit Kritikerstimmen.

©Paramount Pictures

BEWERTUNG: 08/10Titel: AnomalisaFSK: ab 12 freigegebenLaufzeit: 91 MinutenGenre: DramaRegisseure: Charlie Kaufman, Duke JohnsonAutor: Charlie KaufmanSprecher: David Thewlis, Jennifer Jason Leigh, Tom Noonan (alle anderen)

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