Interview mit einem Vertreter des Solidaritätsvereins mit der Arbeiterbewegung Iran-Hannover
10.09.2011Hintergrund erstellt von mehriran.de
Im Iran werden von Seiten des Regimes sehr verschiedene Gruppierungen verfolgt, diskreditiert, angegriffen oder um ihre Rechte gebracht. In diesem Interview lassen wir eine Stimme der Arbeiter im Exil zu Wort kommen.
Vielen Dank, dass Sie bereit sind unsere Leser auf die Situation der Arbeiter in der Islamischen Republik Iran und ihre Arbeit hier in Deutschland aufmerksam zu machen. Zunächst sollten wir Ihnen die Möglichkeit geben sich mit dem vorzustellen, was Ihnen als Organisation wichtig ist: welchen Werten fühlen Sie sich im gesellschaftlichen Sinne verpflichtet?
Der Solidaritätsverein mit der Arbeiterbewegung Iran-Hannover ist ein Mitglied des Solidaritätskomitees mit den iranischen Arbeitern außerhalb Irans, bestehend aus 14 Vereinen weltweit. Unsere Aufgabe besteht darin, den Kampf der iranischen Arbeiter für ein besseres Leben, die Gründung von unabhängigen Gewerkschaften, für bessere Arbeitsbedingungen, Streik- und Versammlungsfreiheit, die Entlassung der verhafteten Arbeiter etc. auf demokratische Weise zu unterstützen.
Die Arbeit in dem Verein ist freiwillig und ehrenamtlich. Wer sich mit dem Grundsatz des Vereins einverstanden erklärt, kann Mitglied werden.
„Arbeiter“ im Iran – Was kann man sich darunter vorstellen?
Unter dem Begriff gibt es in der heutigen Zeit keine einheitliche Meinung. So ist es auch in unserer weltweiten Organisation mit den 14 Vereinen. Wir unterstützen im Allgemeinen den Kampf der und die Bemühungen aller Werktätigen für ein besseres Leben, speziell und besonders die Arbeiter, die in Produktion und Dienstleistung stehen, weil
1. diese Bevölkerungsschicht am stärksten sozial, wirtschaftlich oder finanziell unter der Herrschaft und der Ausbeutung des islamischen Regimes, den Unterdrückungsmethoden der privaten wie staatlichen Arbeitgeber leidet,
2. sie verhältnismäßig den größten und produktivsten Anteil der Bevölkerungsschicht darstellt, aber das geringste Einkommen bezieht,
3. ihr Kampf ums Überleben häufig von großen freiheitsliebenden Organisationen außerhalb Irans ignoriert wird oder wenig Unterstützung findet.
Was hat das Regime davon, Arbeiter im Iran zu unterdrücken und ihre Rechte zu beschneiden?
Unter welchem islamischen oder diktatorischem Regime kann die größte Bevölkerungsgruppe zu ihren Rechten kommen?- Unter keinem! In einer Diktatur werden die Rechte des größten Bevölkerungsanteils, besonders die Arbeiter, mit Füßen getreten. Das islamische Regime im Iran ist gegen jede Art von Versammlungsfreiheit und ist immer bestrebt, alles unter Kontrolle zu halten. Eine unabhängige Gewerkschaft, die sich u.a. für höhere Löhne einsetzt, ist dem Regime ein Dorn im Auge. Dies wird nicht erlaubt und die Gewerkschaftsfunktionäre werden verhaftet und entlassen, weil die wirtschaftlichen und finanziellen Interessen des Regimes dadurch gefährdet werden. Je mehr Arbeiter die Möglichkeit bekommen, ihre Meinung auszutauschen, sich zu organisieren, umso höher sieht das Regime eine Gefahr für seine eigene Stabilität. Dieses Regime will an der Macht bleiben und hat keine andere Möglichkeit als Gewalt und Unterdrückung, um seine Machtstellung zu erhalten.
Warum setzen Sie sich hier in Deutschland für die Rechte von Arbeitern im Iran ein?
Wir waren im Iran wegen politscher Verfolgung gezwungen, das Land zu verlassen. Jetzt leben wir in Deutschland.
Welche größeren Ziele verfolgt Ihre Organisation und wie helfen Sie Arbeitern im Iran?
Wir versuchen hier, außerhalb Irans, den Kampf der iranischen Arbeiter für ein gerechteres und besseres Leben auf verschiedene Weise zu unterstützen. Wir informieren die Öffentlichkeit über die Situation, die Verhältnisse der Arbeiter, ihre Forderungen, Verfolgungen, Verhaftungen und Entlassungen. Wir tun dies durch Veranstaltungen, mediale Präsens (Internet und Fernsehen) und aktive Kontakte zu Gewerkschaften auf nationaler und internationaler Ebene.
Dadurch versuchen wir, mit Hilfe der Gewerkschaften in den Ländern, in denen unser Solidaritätskomitee tätig ist, und mit Unterstützung anderer freiheitsliebender Menschen und Organisationen, Druck auf die iranische Regierung auszuüben, um die verhafteten Arbeiteraktivisten freizubekommen. Mit dem Sammeln von Spenden helfen wir den entlassenen und verhafteten Arbeiterfamilien, ihre finanzielle und wirtschaftliche Not zu lindern.
Welchen Beitrag leistet Ihre Organisation für das Gesellschaftsleben hier in Deutschland?
Auch als Einzelpersonen der Solidaritätsvereine des Landes, in dem wir leben, gilt unser Interesse dem, was politisch, sozial, wirtschaftlich gesellschaftlich relevant ist. Wir nehmen an allen Aktionen, die wir für richtig und notwendig erachten, teil. Dies sind z.B. Gewerkschafts-, Antikriegs-, Antifaschismuskundgebungen sowie selbstverständlich die Veranstaltungen zum 1.Mai. Wir leben in Deutschland, sind deutsche Staatsbürger, weshalb es für uns selbstverständlich ist, dass wir uns am Gesellschaftsleben beteiligen, da wir ein Teil dieser Gesellschaft sind.
Wie kann die deutsche/europäische Zivilgesellschaft die Arbeiter im Besonderen und die Bevölkerung im Iran im Allgemeinen unterstützen?
Hier eine kurze Zusammenstellung:
· Öffentlich Solidarität bekunden
· Versuchen, die Unterdrückung der iranischen Bevölkerung, besonders der Arbeiter, zu verurteilen und dieses öffentlich zum Ausdruck bringen.
· Auf das Schweigen der Presse reagieren und nach Berichterstattung verlangen.
Zudem muss der Druck auf das iranische Regime auch von politischen Parteien und internationalen Institutionen ausgeübt werden. Die Gesellschaft kann dies einfordern und auch auf die Einhaltung von Waffenembargos gegenüber Iran trotz wirtschaftlicher Einbußen bestehen.
Solidaritätsverein mit der Arbeiterbewegung Iran-Hannover
Webseite der Bewegung mit weiterführenden Informationen: http://iran-arbeiterbewegung-info.blogspot.com/