Indien: Der kranke Subkontinent

Lange Zeit galt Indien als aufstrebende Wirtschaftsmacht. Der Subkontinent boomte und immer mehr Menschen stiegen in die Mittelschicht auf. Auch die Masse an indischen IT-Fachkräften war sehr gefragt, während vor allem US-amerikanische und britische Firmen ihre Callcenter dorthin auslagerten. Und heute steckt das Land in einer tiefen Krise.

Als Teil der unter dem Kürzel "BRICS" zusammengefassten Staatengruppe von aufstrebenden Schwellenländern profitierte die "größte Demokratie der Welt" lange Zeit von den finanziellen Zuflüssen ausländischer Investoren. Doch notwendige Reformen blieben aus. Eine marode Infrastruktur, die überbordende Bürokratie, und die allgegenwärtige Korruption haben dazu einen großen Teil beigetragen.

Der Exodus des Kapitals

Alleine im letzten Jahr sanken die ausländischen Direktinvestitionen um rund 40% – und auch für dieses Jahr darf eine weitere massive Reduktion des finanziellen Engagements von Ausländern erwartet werden.Der scheinbare unaufhaltbare Verfall der indischen Rupie wirkt hierbei auch nicht beruhigend. Das gewaltige Leistungsbilanzdefizit von derzeit etwa 4,7% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) schon gar nicht. Hinzu kommen Kapitalverkehrskontrollen, welche die Kapitalflucht einschränken sollen.

Inzwischen verschärfte die indische Regierung die Importbestimmungen für das begehrte Gold schon drei Mal. Auch beliebte Mitbringsel wie Flachbildfernseher sollen bald schon nicht mehr importiert werden dürfen. Dabei beginnt im November die große Heiratssaison der Hindu, in der teure Geschenke – vor allem Gold – zum guten Ton gehören. Zwar kann die indische Zentralbank noch Devisenreserven in Höhe von 279 Milliarden Dollar aufweisen, doch diese reichen gerade einmal aus um die Importe 7 Monate lang zu bezahlen.

Der Verfall der Rupie

Kostete ein US-Dollar im Sommer 2011 noch rund 45 Rupien, so stieg der Preis ein Jahr später schon auf 55 Rupien an. Kürzlich wurde die 60-Rupien-Marke für einen Dollar überschritten, und nähert sich schon bedrohlich dem Kurs von 65 Rupien pro Dollar. Inzwischen wachsen sich die Befürchtungen, dass der Kursverfall bis zum Ende des Jahres den Preis für einen Dollar auf 70 oder gar 75 Rupien steigen lassen könnte. Für das von Importen abhängige Land wäre dies ein schwerer Schlag.

Zwar geht die Regierung von einer Inflationsrate zwischen 5 und 6% in diesem Jahr aus, doch dieses Ziel dürfte kaum zu halten sein. Der aktuelle Verbraucherpreisindex hingegen liegt schon bei einem Plus von rund 12% in diesem Jahr. Nach einer mehrjährigen Periode von sinkenden Preissteigerungen ist dies ein heftiger Dämpfer. Sollte der Kurs der Rupie weiter fallen, ist sogar eine Inflationsrate von bis zu 15% für 2013 denkbar. Für die vielen armen Menschen wird hierbei besonders die massive Teuerung der Grundnahrungsmittel zum Verhängnis. Die Diskussionen über die Rolle der Notenbank sind hierbei jedoch auch nicht hilfreich.

Entwicklung des indischen Bruttoinlandsprodukts.

Eine gefährliche Situation

Nicht nur die Kapitalflucht – vor allem der US-Investoren – nach der Ankündigung des FED-Chairmans Ben Bernanke, die Zügel bei der lockeren Geldpolitik etwas straffen zu wollen, trug dazu bei. Auch die Zahl der überschuldeten Unternehmen im Land. Rund ein Viertel aller Unternehmen haben in den Boomjahren dermaßen hohe Kredite aufgenommen, dass sie nun diese Kreditlinien kaum mehr bedienen können. Dies führt dazu, dass es im Laufe der nächsten Monate zu einem Bankencrash in Indien kommen könnte.

Aber auch in sozialer Hinsicht brodelt es inzwischen gewaltig. Angesichts des sinkenden BIP-Wachstums kann die indische Bevölkerung immer weniger mit ausreichend Jobs versorgt werden. Nur um den Status Quo aufrecht zu erhalten, müsste die Wirtschaft beinahe zweistellig wachsen. Inzwischen sind gerade einmal noch rund 5% drin. Deutlich zu wenig für ein Land, dessen Politiker noch vor wenigen Jahren ein dauerhaftes, zweistelliges Wachstum Versprachen. Politiker, die seitdem alle paar Monate in Korruptionsaffären verwickelt sind.

Artikelbild: Dieter Schütz  / pixelio.de


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