In neoliberalen Wäldern

Wie bekümmerte Naturmenschen, die durch Wälder pilgern, gehen sie durch den Dschungel neoliberaler Lebensart. Sie bestaunen die welke Krone, das braune Blattwerk, dieses absterbende Leben auf Ästen. Sie nehmen zur Kenntnis, wie es Blätter niederregnet, sie sich mit letzter Faser, letzter Fiber ans Geäst heften, sich gegen die Bräune des Verlöschens stemmen. Es ist Frühling, dennoch stirbt der Baum; es ist warm, doch er erkaltet. Kein Wachstum, nur Verrecken. In Zeiten des Sprießens nur Niedergang. Das bekümmert manchen.
Ein Förster passiert die Situation. Er tröstet nicht, sondern gibt Erklärung. Er nennt die Auszehrung der Böden als Grund, teilt der Austrocknung des Grundes Schuld zu, das Wurzelwerk verkümmere im ausgelaugten Terroir - es liegt an der siechen Wurzel, sagt er. Daran krankt es - zu wenig Mineralienzufuhr. Alle Therapie an der Krone sei unsinnig; an die Wurzel muß man, heilt sie, heilt der gesamte Wuchs, urteilt er. Die Krone sei nur Wirkung, nicht Ursache. Wirkung, die man sieht, die die Ursache, die man nicht sieht, erdrückt mit ihrer Präsenz. Unter die Oberfläche gehen, um Zusammenhänge zu erkennen, philosophiert er - sich nicht von äußeren Eindrücken manipulieren lassen.

Sie hören dem Förster ungenau zu, geistesabwesend auch. Sie hören ihn, hören seine Erklärung und deuten zum Himmel, zu wenig Sonne, meinen sie, zu wenig Licht. Der Förster verneint, daran liege es gerade nicht; nimmermüde erklärt er abermals, dass man an die Wurzel gehen müsse. Aber die Krone..., antworten sie nur betrübt. Sie wollen den Ausführungen nicht folgen. Der Baum stirbt, man sieht es - was könne man denn dagegen tun?, fragen sie, als habe es die vom Förster erklärte Ursache nie gegeben.
Wie bekümmerte Naturmenschen, die durch Wälder pilgern, gehen sie durch den Dschungel neoliberaler Lebensart. Sie sehen den moribunden Eindruck, das Siechtum der öffentlichen Hand, von Kultur oder arbeitsrechtlichen Gepflogenheiten, sehen die Folgen von Sparpolitik, abgehetztes Pflegepersonal, arbeitende Arbeitslose und verwahrloste Stadtteile, bemerken an sich selbst die Wirkungen dieses Krepierens im Monatstakt und betrauern sich leidvoll. Man spricht sie darauf an, kommt mit ihnen ins Gespräch, erklärt ihnen, es sei das System die Wurzel dieses Übels, spricht von Systemimmanenz und vom System, das dieses System hat und erntet zwar Nicken, jedoch auch Desinteresse, wenn die Erklärungen zu allgemein werden, wenn sie sich vom eigenen Schicksal zu sehr entfernen.
Es geht stets um die eigenen Sorgen im System, nicht um das System, das die Sorgen bereitet - wie bekümmerte Naturmenschen, die Kronen betrauern, wo es der Wurzel zu helfen gälte. Mit dem System, das man uns aufoktroyierte scheint niemand unzufrieden - die Rolle innerhalb des Systems, sie macht mürbe. Hätte man selbst nur eine glanzvollere Krone, ein wenig mehr Sattheit im Grün, weniger verdorrte Stellen, man würde die morbide Wurzel glatt für gesund erklären.
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