Im Schatten der Milliarden des Kunstmarktes

Nach vorsichtigen Schätzungen beläuft sich der weltweite Handelswert des Kunstmarktes auf 40 Milliarden Dollar pro Jahr. Andere Quellen sprechen von 20 Milliarden Dollar. In Europa sind, nach einer Enquêtestudie des Bundestages, ca. 6 Millionen Beschäftigte in der gesamten Kultur- und Kreativwirtschaft tätig. Dies steht für ein Wirtschaftsvolumen von rund 650 Milliarden Euro, das Populärschaffende nicht einschließt. Basierend auf Zahlen des Arbeitskreis Kulturstatistik e.V. ist Deutschland im mehrjährigen Vergleich mit 5% bis 6% daran beteiligt. Angesichts dieser Summen hat der Wirtschaftsbereich „Kunst“ eine beachtliche Größe, mit verhältnismäßig stabiler Wirtschaftskraft. Selbst die 2008 einsetzende Wirtschaftskrise hat daran wenig geändert. Lediglich die Sparte der zeitgenössischen Kunst kam nahezu vollkommen zum Erliegen.

Angesichts des gigantischen Wirtschaftsvolumens lohnt das Nachdenken über das Gesamtgefüge der Kunst. Exakte Zahlen über den Anteil der Fotografie am weltweiten Kunstmarkt gibt es nicht. Zudem ist es schwierig, in der Fotografie zwischen Kunst und Populärschaffen abzugrenzen. Letzteres wird direkt im Auftrag oder im Nachhinein für aktuelle Berichterstattung oder Illustration verwendet. Ob Werke anschließend Eingang in den Kunsthandel findet, wird wohl in den wenigen relevanten Fällen durch einen Kultstatus geregelt.

Bei all dem muss man sich Gedanken darüber machen, wie hoch die monetäre Ausschüttung an zeitgenössische Fotokünstler ist. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland über den Vertriebswege der Online-Verkaufsgalerien weniger als 5 Million Euro pro Jahr bei den Fotografen ankommen. Dies mag auf den ersten Blick eine beachtliche Summe sein, die sich jedoch schnell relativiert. Mehr als 10.000 Fotografen bieten über Online-Galerien ihre Werke an. Man braucht keinen Rechenschieber, um den Durchschnittsbetrag von 500 Euro pro Fotokünstler zu errechnen. Zum Lebensunterhalt kann dies keinesfalls dienen.

Der Verkauf über Verkaufsgalerien mit festen Ausstellungen und Ladengeschäften oder Auktionen lässt den Handel mit zeitgenössischer Fotokunst etwas freundlicher aussehen. Allerdings werden hier im Überwiegenden limitierte Kunstwerke oder Einzelstücke gehandelt. Die Erstellungskosten für derartige Kunstwerke ist erheblich höher und rechtfertigt im gleichen Zug hohe Verkaufspreise. Branchenkenner gehen davon aus, dass in Deutschland pro Jahr rund 60 Millionen Euro in der unikaten Fotokunst gehandelt werden, mit einem Rohertrag von 20 bis 30 Millionen für die Künstler. Die Anzahl der an diesem Handel beteiligten Fotokünstler ist nicht bekannt, wird jedoch auf deutlich weniger als 2.000 geschätzt. In diesem Bereich kommen wir also dem notwendigen Beitrag zum Lebensunterhalt schon wesentlich näher. Trotzdem reicht es, verglichen mit Lebenshaltungskosten und Normallohn, bei Weitem nicht aus.

Spätestens seit Anfang der 1970er Jahre scheint der Bereich der von Sammlern beauftragten Kunstfotografie in Deutschland keine Rolle mehr zu spielen. Andere europäische Länder, allen vorweg Frankreich und die Benelux-Länder, sowie Japan und die USA, zeigen gänzlich andere Tendenzen. Auf diesen Märkten sind deutsche Fotokünstler allerdings weniger gefragt. Übereinstimmend wird signalisiert, dass aus künstlerisch-kreativer Sicht aus Deutschland wenig erwartet wird. Dementsprechend gering ist das grundsätzliche Interesse. Tatsächlich zeigt sich im internationalen Vergleich die deutsche Kunstfotografie weniger innovativ und beinahe gleichförmig konservativ. Wie zur Bestätigung des für Deutschland geltenden Rufs des ingenieurmäßigen Denkens und Handelns in Deutschland, finden sich auf internationalen Kunstschauen entsprechende Bestätigungen in größerer Anzahl. Nachbesprechungen solcher Veranstaltungen untermauern dies beständig.

Abschließend muss betrachtet werden, welche Auswirkung der allgemeine Ruf eines Landes auf den Markterfolg eines einzelnen Künstlers hat. Grundsätzlich wird die Herkunftsangabe immer mit einer Erwartungshaltung verbunden. Dies ist keine neue Erscheinung, sondern traditionell verankert. Hinzu kommt, dass Deutschland mit einem im Ländervergleich sehr geringen Kunstmarktaufkommen eine geringe Bedeutung im internationalen Handel hat. Dies erschwert Künstlern das Eigenmarketing, ohne das es auf dem Handelsparkett nicht geht. Bedauerlich auch, dass in Deutschland die Kunstförderung von staatlicher Seite nicht in der künstlerischen Fotografie ankommt. Auch Messen und Ausstellungen mit internationalem Ruf finden nicht statt. Somit ist nicht verwunderlich, dass deutsche Fotokunst im Blick der internationalen Öffentlichkeit nur ein Nischendasein fristet.

Eine nüchterne Bilanz. Aber nicht jeder Fotograf, der seinem Hobby frönt, will Künstler mit Erwerbsinteressen werden. Im Grunde befreit eine solche Sicht der Dinge. Was für Erwerbskünstler eine bittere Realität darstellt, kann für andere einen interessanten Gestaltungsraum entstehen lassen. Wichtig erscheint dabei das Abwenden von Allgemeinplätzen und Hinwenden zu Neuem. Kunst kann nur in einem vorbereiteten und passenden Umfeld gedeihen. So wird, wie aus der neueren Kunstgeschichte zu entnehmen ist, die Grundlage einer Kunstausprägung in der breiten Bevölkerung gelegt, durch Erwerbskünstler weiter entwickelt und trifft wieder auf allgemeines Kunstinteresse. Daraus entsteht das Gesamtgeflecht der Kultur, im Zeichen der zeitgenössischen Kunst.

Die eingangs genannten Zahlen des Wirtschaftsfaktors „Kunst“ sind beeindruckend. Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass auch die Kunst einen entscheidenden Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt beizutragen imstande ist. Aktuell droht zumindest einem Bereich, der künstlerischen Fotografie, eine Verödung. Dieser Prozess hat jedoch bereits vor Jahrzehnten begonnen. Demzufolge ist der Zeitpunkt günstig einen Neustart zu initiieren, da weder Traditionen noch Konventionen dagegen stehen. Aber Kunst kann nicht alleine den Erwerbskünstlern überlassen werden, da Kunst in der Verantwortung des gesamten Volkes steht.


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