Ich erzähle Euch mal von Bellchen

Ich erzähle Euch mal von Bellchen

Bellchen haben die Eltern sie immer genannt, das weiß ich noch. Obwohl sie Sibylle hieß, aber das war wohl eine Abwandlung des Namens. Sie kamen jeden Tag, klar. Der Vater war LKW-Fahrer, tageweise konnte er in den beinahe fünf Wochen nicht kommen, die Bellchen auf unserer Station lag. Dafür saß die Mutter oft schon morgens an ihrem Bett, wenn ich nach dem Nachtdienst nochmal über die Station ging, um in jeden Inkubator und jedes Kleinkindbett zu schauen.

Bellchen lag weiter hinten, mit einem anderen Kind in einem Zimmer, nicht vorne in dem großen Intensivzimmer, das war schließlich den Frühgeborenen vorbehalten. Das Problem hatte sie nicht. Bellchen war ganz normal zur Welt gekommen, just in time, bereits ein paar Wochen zuhause gewesen.

Im zweiten Lebensmonat begann es. Zuerst wollte sie nicht mehr die Flasche trinken, war unruhig, dann wieder müde, Alle dachten zunächst, sie habe sich erkältet mitten im Januar. Aber dann kamen die Atemaussetzer. Die Kleine lag im Bett, rotzte, weinte, versuchte zu husten und konnte es nicht. Das Gesicht sei dann ganz rot gewesen, sagten die Eltern, der Mund offen, sie habe erschreckt geschaut, verängstigt, der Speichel lief ihr aus dem Mund, und wenn sie dann doch husten konnte, war es beinahe eine Erleichterung, sagten die Eltern. Vorausgegangen war ein Besuch bei den glücklichen Großeltern, das erste Enkelkind mal anschauen. Leider hatte die Oma zu dem Zeitpunkt diesen ewig langen Reizhusten. Zuviel Zigarrenrauch vom Opa, dachten sie.

Auf Station war es eine Qual. Wir wechselten zwischen Abwarten, Sedierung und Beatmung. In der ganzen Zeit mussten wir Bellchen drei- oder viermal intubieren mit allen Schwierigkeiten des Entwöhnens. Sauerstoffbedarf war ihr zweiter Vorname. Nach der Hälfte der Zeit dachten wir, jetzt hat sie es überstanden, was folgte, war die längste Beatmungszeit von zehn Tagen. Aber am schlimmsten für die Eltern waren die Zeiten, in denen sie nicht ruhiggestellt war, denn da atmete Bellchen unberechenbar entspannt, dann wieder angestrengt, bis die Atemfrequenz eine lange Pause zeigte und die betreuende Schwester zum Bettchen rannte, um der Kleinen in ihrem stillen Hustenreiz beizustehen. Manchmal alle fünf Minuten.

Bellchen überlebte. Alle waren glücklich, als wir sie schließlich entließen. Als die Eltern ein Jahr später mit ihr zu Besuch kamen – das taten viele Eltern – strahlte sie aus ihren Knopfaugen unter dunkler Lockenpracht. Ihr ganzes erstes Lebensjahr nach Entlassung hatte Bellchen monatlich eine schwere Erkältung mit Bronchitis, am Tag des Besuches war sie gerade genesen. Wir freuten uns alle sehr.

Ich war mal auf einer „Fortbildung“ eines ausgewiesenen Impfgegner-Kinderarzt, der stolz berichtete, wie sein damals zweieinhalbjähriger Sohn bei jedem Hustenanfall tapfer blitzeblau wurde – aber „die Krankheit hat ihn damals weit in seiner Entwicklung vorangebracht“.

Keuchhusten ist keine Fördermaßnahme, Keuchhusten ist ein Scheiß.


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