Herr Broder im Feuilleton-Vorgarten deutscher Gazetten

Verwundert und doch irgendwie für mich klar ersichtlich stelle ich fest, in welch verlogener Welt wir doch leben. Leben müssen. Müssen wir? Oder ist es unser Schweigen, welches diesen Umstand erst zulässt? Bedingt nicht diese verzerrte Realität unseren Selbstbetrug? Ich bin ein junger und neugieriger Mensch, der sich über Gewalt empört, der sie ablehnt und sich dagegen erhebt. Doch ist es keine blinde und leicht zu manipulierende Empörung, sondern der Versuch zunächst zu verstehen, was eigentlich genau im Argen liegt. Wer verstehen möchte, der hat viele Fragen. Ich habe viele Fragen, welche ich jetzt stellen möchte. Wer ist der so oft zitierte Henryk M. Broder? Was motiviert Herrn Broder dazu, das zu sagen, was er sagt?

Doch fangen wir vorne an. Günter Grass hat ein Gedicht veröffentlicht, welches sich mit dem Konflikt zwischen Israel und Iran beschäftigt. Daraufhin wird er von Herrn Broder als  ”Prototyp des gebildeten Antisemiten” bezeichnet. Henryk M. Broder ist bekannt dafür, Menschen des Antisemitismus zu bezichtigen. Ist er damit im Recht? Was bewirkt er damit und überhaupt, was bedeutet es? Worin besteht der Unterschied zum Antijudaismus oder zum Antizionismus? Ist die begriffliche Unschärfe eine gewollte? Sollen wir gar nicht verstehen worum es geht? Wer setzt sich hier für Frieden ein und wer schürt wirklich Feindseligkeiten?

Bin ich antiamerikanisch, wenn ich nicht mit der US-Amerikanischen Außenpolitik einverstanden bin und dies offen ausspreche? Im Ernst, ich bin damit wirklich nicht einverstanden, heiße aber dennoch jeden Amerikaner willkommen und begegne ihm freundlich, respektvoll. Ist er schutzsuchend, steht ihm meine Tür stets offen. Wie passt das zusammen? Ferner bin ich nicht mit der deutschen Politik zufrieden. Bin ich jetzt antideutsch? Ändert das etwas an meiner friedvollen Art? Gefährde ich dadurch Menschen? Sind deswegen für mich alle Deutschen schlechte Menschen?

Ist es nicht so, dass man einen Krieg nur dann führen kann, wenn man einer Gruppe das Menschsein abspricht und der anderen Gruppe eine davon ausgehende Gefahr suggeriert? Tutsi und Hutu, Arier und Juden, Kommunisten und Demokraten, Kapitalisten und Sozialisten, Einheimische und Ausländer, Gläubige und Ketzer, Moslems und Christen oder Juden. Teile und Herrsche. Sind wir wirklich so dumm, dass wir nicht erkennen, dass wir alle Menschen, oder noch einfacher, nur Lebewesen sind, welche nicht das Recht haben, anderen Lebewesen initiierende Gewalt anzutun?

Am Frieden bin ich interessiert. Und Sie, Herr Broder? Können Sie mir erklären, wie Sie den Frieden fördern, wenn Sie es zulassen, dass ein Land sich selbst militärisch hochrüstet und im gleichen Atemzug einem anderen Land eben dies verbieten wollen? Wie kann ein- und dieselbe Sache Recht und Unrecht sein? Denken Sie in Schubladen? Gibt es für Sie Menschen unterschiedlicher Güte? Gibt es für Sie Religionen unterschiedlicher Güte? Wieso sprechen sie in Talkshows über Ehrenmorde im Islam und sehen den Islam als eine Bedrohung? Wieso reden Sie nicht über christliche Ehrenmorde, streiten sogar ab, dass es diese Gäbe?

Wieso schreiben Medien, wie „Die Welt“ (Günter Grass’ seltsames Verhältnis zu den Fakten) nun darüber, dass Grass an der Realität vorbei schreibt? Dort heißt es zum Beispiel:

Grass schreibt hier abermals  von der “unbewiesenen” (vorher: vermuteten) Atombombe der Iraner. Da scheint er die letzten beiden Berichte der IAEA über die militärischen Dimensionen des iranischen Nuklearprogramms nicht gelesen zu haben. Die Hinweise auf ein Bombenprogramm sind inzwischen so zahlreich, dass sich die Beweislast längst umgekehrt hat: 

Teheran muss erklären, welchen Sinn all die Komponenten ergeben, die man für ein militärisches, aber nicht für ein ziviles Programm braucht. Es liegt eine gewisse Ironie darin, dass Grass’ Gedicht an genau jenem Tag erscheint, an dem in Deutschland die Nachricht ankam, dass ein iranischer Top-Diplomat zum ersten Mal eingestanden hat, der Iran stehe kurz vor der Bombe.

Ist der Diplomat vielleicht so ein Informant wie Curveball, oder wie die angebliche Krankenschwester aus Kuwait (http://de.wikipedia.org/wiki/Brutkastenlüge)?

Ist es nicht so, dass trotz modernster Überwachungstechnik nicht ein Beweis erbracht wurde, dass Iran die Bombe baut? Erinnern wir uns:

Berichte der US-Geheimdienste – Keine Beweise für iranisches Atomwaffenprogramm

Der polemische Schachzug der Welt „Hussein wollte ja auch nur spielen“ geht eindeutig nach hinten los. Wissen wir doch heute, dass die Beweise, welche zum Irakkireg geführt haben vollständig bewusst gefälscht waren. Dies sollte man dem Clemens Wergin vielleicht mal erklären, bevor man ihn auf die Leserschaft los lässt?

Natürlich ist Mahmud Ahmadinedschad ein Verbrecher im eigenen Land. Doch verwundert es mich weiterhin, wie ihm Bewusst falsche Wörter in den Mund gelegt werden. Auch Wergin kommt nicht um her und schreibt: „Und Mahmud Ahmadinedschad ist natürlich kein gefährlicher Politiker, der den Holocaust leugnet und dem jüdischen Staat mit Auslöschung droht und dessen Regime zu diesem Behufe seit Jahrzehnten die friedensunwilligen terroristischen Kräfte in der Region mit hochwertigen Waffen ausstattet, um den jüdischen Staat zu bedrohen und anzugreifen.“

- Die Drohung der Auslöschung ist ein Übersetzungsfehler gewesen.

- Wie „hochwertig“ diese Waffenlieferungen sind, darf auch bezweifelt werden. Die meisten Raketen, welche in Israel einschlagen haben eine sehr geringe Sprengkraft und fordern nur selten ein Menschenleben. Selbstverständlich ist auch diese Gewalt strikt abzulehnen. Die Waffentechnik, welche aus der westlichen Welt nach Israel geliefert werden ist da schon um einiges Hochwertiger.

Nein, Israel hat keine weiße Weste. Welches Land hat denn heute noch eine weiße Weste? Wer Leichen im Keller sucht, wird immer welche finden, egal welchen Keller er ausleuchtet. Der Fall Rachel Corrie macht dies auch bei Israel deutlich. Corrie war eine amerikanische Friedensaktivistin, welche sich schützend vor ein Haus stellte, welches mittels Militärraupe zerstört werden sollte. Die Raupe überfuhr die 21 jährige Corrie, senkte dann die Schaufel ein weiteres Stück und fuhr ein weiteres Mal rückwärts über die junge Frau. Das Fahrzeug wurde von zwei Soldaten der Israelischen Streitkräfte geführt. In der Folge wird ein Überwachungsband geschnitten und der gerichtsmedizinische Bericht gefälscht, um den Vorfall runter zu spielen. Um meine einseitige Berichterstattung noch zu vervollständigen, möchte ich über den Vater sprechen, dessen Kind von einem israelischen Soldaten erschossen wurde. Nach dem Tod seines Kindes entschied sich der Vater, die Organe seines Sohnes jüdischen Kindern zu spenden. Dies wird im Dokumentarfilm „Das Herz von Jenin“ nacherzählt.

Auch wissen die wenigsten, dass es im Iran selbst eine jüdische Gemeinschaft gibt, die den Berichten zufolge dort ein gleichberechtigtes Leben führt, welches durch die Verfassung geschützt ist. Es gibt 25 Synagogen im Iran, womit der Iran dem Judentum offener gegenübersteht, als beispielsweise die Schweiz dem Islam. Es gibt sogar jüdische Abgeordnete im Parlament.

Was will ich eigentlich damit sagen? Ganz einfach:
Leute, vertragt euch endlich.

“Was gesagt werden muss” (Günter Grass)

Warum schweige ich, verschweige zu lange,
was offensichtlich ist und in Planspielen
geübt wurde, an deren Ende als Überlebende
wir allenfalls Fußnoten sind.

Es ist das behauptete Recht auf den Erstschlag,
der das von einem Maulhelden unterjochte
und zum organisierten Jubel gelenkte
iranische Volk auslöschen könnte,
weil in dessen Machtbereich der Bau
einer Atombombe vermutet wird.

Doch warum untersage ich mir,
jenes andere Land beim Namen zu nennen,
in dem seit Jahren – wenn auch geheimgehalten -
ein wachsend nukleares Potential verfügbar
aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung
zugänglich ist?

Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes,
dem sich mein Schweigen untergeordnet hat,
empfinde ich als belastende Lüge
und Zwang, der Strafe in Aussicht stellt,
sobald er mißachtet wird;
das Verdikt “Antisemitismus” ist geläufig.

Jetzt aber, weil aus meinem Land,
das von ureigenen Verbrechen,
die ohne Vergleich sind,
Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird,
wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch
mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert,
ein weiteres U-Boot nach Israel
geliefert werden soll, dessen Spezialität
darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe
dorthin lenken zu können, wo die Existenz
einer einzigen Atombombe unbewiesen ist,
doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will,
sage ich, was gesagt werden muß.

Warum aber schwieg ich bislang?
Weil ich meinte, meine Herkunft,
die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist,
verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit
dem Land Israel, dem ich verbunden bin
und bleiben will, zuzumuten.

Warum sage ich jetzt erst,
gealtert und mit letzter Tinte:
Die Atommacht Israel gefährdet
den ohnehin brüchigen Weltfrieden?
Weil gesagt werden muß,
was schon morgen zu spät sein könnte;
auch weil wir – als Deutsche belastet genug -
Zulieferer eines Verbrechens werden könnten,
das voraussehbar ist, weshalb unsere Mitschuld
durch keine der üblichen Ausreden
zu tilgen wäre.

Und zugegeben: ich schweige nicht mehr,
weil ich der Heuchelei des Westens
überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen,
es mögen sich viele vom Schweigen befreien,
den Verursacher der erkennbaren Gefahr
zum Verzicht auf Gewalt auffordern und
gleichfalls darauf bestehen,
daß eine unbehinderte und permanente Kontrolle
des israelischen atomaren Potentials
und der iranischen Atomanlagen
durch eine internationale Instanz
von den Regierungen beider Länder zugelassen wird.

Nur so ist allen, den Israelis und Palästinensern,
mehr noch, allen Menschen, die in dieser
vom Wahn okkupierten Region
dicht bei dicht verfeindet leben
und letztlich auch uns zu helfen.

Die Nachrichtenagentur dpa dokumentierte das am Mittwoch in der “Süddeutschen Zeitung” erschienene Gedicht.

Ich erachte eine Debatte als nötig in Deutschland. Wir haben die historische Verantwortung, uns für den Frieden stark zu machen und einen Frieden kann man nicht mit Bomben und Raketen erzwingen, sondern durch das überwinden von Grenzen, welche sich in den Köpfen der beteiligten befinden. Wenn sich ein Herr Broder, die „antisemitismus-Keule“ schwingend durch den Feuilleton-Vorgarten hiesiger Gazetten schreibt, trägt er dann nicht eher dazu bei, den Hass zu schüren und die Gesellschaft zu spalten? Kein Land und kein System darf von Kritik ausgeschlossen sein.

Quelle:
Lotus-Online.de


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