Gourmette

Keine ist wie sie. Sie schlurft mit Ihrer Gehhilfe mühsam in den Speisesaal. Sie ist üppig, trägt ein Kleid mit kleinen, roten Blümchen auf blauem und weißem Grund. Um die Taille hat sie einen schmalen, weißen Gürtel gelegt. Ihre Füße stecken in beigen Gesundheitsschuhen, die sie mit halbhohen, hautfarbenen Strümpfen trägt. Früher war sie vielleicht 1,70 groß, heute, aufgrund der gebeugten Haltung, nur noch 1,60. Sie hat graues, langes Haar, das sie streng nach hinten gekämmt in einem Knoten trägt. Ihr Gesicht ist brillenlos, runzlig, sanft.

Sie schiebt ihre Gehhilfe Richtung Buffet. Der Platz auf der Gehhilfe, der eigentlich zum Sitzen vorgesehen ist, wird zum Abstellplatz für den Teller. Sie holt sich einen großen Teller, bei jeder Mahlzeit, egal ob Frühstück oder Abendessen und wackelt zielstrebig Richtung Essen. Dann sieht sie sich alles ganz genau an und beginnt die Speisen auf den Teller zu legen. Was an sich nichts ungewöhnliches ist, wird bei ihr zur bedeutungssschweren Geste. Sie sichert mit einem Blick, das vorhanden sein, des Bratens, prüft ob die Greifzange in ihrer Hand leer ist, checkt ob sie aus dem großen Karree noch mehr möchte und legt erst nach mehrmaliger Prüfung das Werkzeug zurück, damit auch andere Gäste sich bedienen können. Diese anderen Gäste hat sie lang vergessen.

Sie schiebt weiter, lädt auf bei Kartoffeln, Gemüse, Brot. Unbekanntes nimmt sie in Kleinstportionen auf diesen einen Teller. Die Speisen darauf sind inzwischen auf ca.7 cm Höhe angewachsen, rund rum. Immer wieder prüft sie das Angebot, prüft das bereits ausgesuchte Essen, nutzt kleine Räume auf ihrem Teller, um etwas dazu zulegen und gelangt schließlich ans Nachspeisenbuffet.

Spätestens jetzt spürt man die inneren Nöte, die sie bewegen. Wie sollen auf dem vollen Teller Süßspeisen Platz haben? Es muss auf jeden Fall was mit. Auf die Idee ein zweites Mal zu gehen, kommt sie nicht. Nein, statt dessen arrangiert sie kleine Schokotörtchen auf die Kartoffel und balanciert schließlich einen Schnitz Wassermelone auf dem schiefen Essensturm aus Braten, Gemüse und Salat aus. Dann ist sie fertig. Den Beschluss, dass sie fertig ist, kann man sehen. Jetzt, reicht die Auswahl aus, jetzt kommt Stufe 2.

Sie geht zu ihrem Platz. Langsam. Vorsichtig. Zielstrebig. Den Blick immer auf das Essen gerichtet, ignoriert sie die Menschen um sich rum, erwartet selbstverständlich, dass jeder ihr den Weg frei macht und setzt sich schließlich an den immer gleichen Platz.

So konzentriert, wie sie alles eingesammelt hat, so konzentriert isst sie auch. Sie spießt Braten auf, kombiniert mit Gemüse und schiebt sich alles in den weit aufgerissenem Mund. Nicht hektisch, nicht gierig, nein eher genießerisch. Ihr Mund ist immer voll, nicht halbvoll, kein kleiner Bissen, kein einzelnes Erschmecken. Nein, in dicken Backen verstaut sie die Lebensmittelvorräte, kaut lange und bedächtig, ja zielstrebig. Sie blickt nicht auf, als sich ihre Reisegefährten zu ihr setzen, gibt keine Antwort, nimmt am beginnenden Gespräch nicht teil.

Sie isst. Sie ist glücklich. Sie fühlt sich wohl. Sie hat in diesem Moment alles, was sie braucht.

Übrigens: Was immer es zu Essen gibt, wenn es Wassermelone gibt, muss sie mit.


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