Geburtstagskalender-App bei Facebook – die Kinder der Datenkrake

Dass Facebook in großem Stil unsere Benutzerdaten sammelt, Profile erstellt und auswertet, um mit minimalem Streuverlust Werbung im persönlichen Umfeld zu platzieren, ist nichts Neues. Facebook ist jedoch bei weitem nicht der einzige Jäger und Sammler im Geschäft mit den Daten. Dem geringen Entwicklungsaufwand sei Dank, tummeln sich mittlerweile Tausende windige „Dienstleister“ im überquellenden Nutzer-Pool des weltgrößten sozialen Netzwerks. Ein paar Worte zu den Risiken für Nutzer und dem Charme von Facebook-Apps für Datensammler:

Die Suche für ein prominentes Beispiel für diesen Text war zugegebenermaßen eine Sache von Sekunden: Fast täglich trudeln neue Anfragen für die App „Geburtstagskalender“ ein. Genausogut hätte man aber auch einen der überragenden Zeitvernichter auswählen können, bei dem man sinnvolle Dinge wie Diamanten suchen, Kreuworträtsel lösen oder Freunden auf die Schulter klopfen tun kann – Links spare ich mir, um den Quatsch nicht noch viraler zu machen.

Was tut also diese Geburtstagskalender-App so schlimmes? Zunächst einmal: Sie erfüllt keinerlei nützlichen Zweck! Facebook hat seit Menschengedenken eine Geburtstagserinnerungsfunktion eingebaut und synchronisiert alle eingetragenen Ehrentage bei Bedarf mit dem Smartphone oder Outlook. Wofür 2.200.000 Menschen monatlich (!) noch diese Facebook-App brauchen, bleibt schleierhaft!

Geburtstagskalender- App bei Facebook Genehmigungsanfrage nicht zulassenDafür ist sie ein Paradebeispiel für vollkommen zweckentbundenes und im funktionalen Sinne überflüssiges Datensammeln: Um seine Funktion zu erfüllen, bräuchte ein Geburtstagskalender bei Facebook genau zwei Profil-Freigaben: den Namen und das Geburtsdatum. Statt dessen grabbt diese App alle (!) verfügbaren Infos ab: Name, Profilbild, Geschlecht, Netzwerke, Nutzer-ID, Freundesliste, Wohnort, Heimatstadt, Familienmitglieder, Beziehungsstatus – und natürlich das Geburtsdatum. Darüber hinaus erlaubt man der Anwendung, die Nutzer direkt an ihre bei Facebook hinterlegte eMail-Adresse anzuschreiben, im eigenen Namen zu posten („Statusmeldungen, Notizen, Fotos und Videos“) und sogar auf die Daten zuzugreifen, wenn man die Anwendung nicht nutzt.

Immerhin bietet die App ausführliche Infos über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Link) und die Datenschutzbedingungen (Link). Toller Service, denkt man – bis man auf die Links klickt: read on Sie führen nämlich schnurstracks wieder auf die Genehmigungsanfrage zurück, bei der das Spielchen begann. Toller Service, denkt man – diesmal jedoch mit einem ungläubigen Kopfschütteln. Die Möglichkeit, vorab zu erfahren, was mit dem kompletten eigenen Datenstamm passiert, gibt es nicht.

Dennoch nutzen laut Facebook unvorstellbare 2,2 Millionen User die Anwendung – monatlich! Absolute Zahlen werden nicht veröffentlicht. Ich habe bei dem Entwickler der Anwendung nachgefragt (diese Kontaktmöglichkeit bietet Facebook immerhin), über wie viele Nutzer (=Stammdatensätze) man aktuell verfügt, warum die Datenschutzbedingungen und die AGB nicht verfügbar sind und wofür die App all die Profilinformationen benötigt. Überraschung: Eine Antwort kam bislang nicht zurück! Zudem ist nicht abschließend sichergestellt, dass die Entwickler-Kontaktadresse überhaupt existiert – weder der Nutzer noch Facebook haben also überhaupt eine Handhabe.

Bei einem Targeting-Dienstleister kostet eine Adresse mit weitaus weniger Profil-Informationen je nach Kontaktmöglichkeit bereits zwischen 30 und 50 Cent. Gehen wir davon aus, dass die Zahl der monatlichen Nutzer mit 2,2 Millionen korrekt ist und jeder Datensatz einen Wert von 0,40 EUR hat, bedeutet das bereits eine mehr als stattliche Summe von 880.000 EUR – wohlgemerkt: Adresswert der monatlichen (!) Nutzer. Angesichts dieser Größenordnung sollten wir endgültig die Illusion aufgeben, die App-Dienstleister würden sämtliche Freigaben benötigen, um ein perfektes Produkt zu liefern – gerade, wenn es überhaupt keine sinnvolle Funktion erfüllt.

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