Fünf Kühe für die Menschlichkeit

fuenf_kuehe Neulich kamen Mzee Aidan und Mzee Damian zu uns. “Mzee” heißt “Alter” und gilt hier als Ehrentitel. 1972 hatte Br.Hermann, der deutsche Leiter unserer Farm, Aidan (damals noch kein Mzee) das Hüten einer Kuhherde anvertraut und ihn dafür mit einer Kuh pro Jahr entlohnt. 2002 hatte Br.Hermann dasselbe nochmals wiederholt. Mzee Aidan hat die Kühe auf seinem eigenen Land weiden lassen, aber nie eine Kuh erhalten. Jetzt wollen wir die Kuhherde auf unser Land zurückholen, aber vorher fordert Mzee Aidan logischerweise den versprochenen Lohn für die zehn Jahre von 2002 bis 2012. Br.Hermann ist im vorigen Jahr gestorben, das macht die Verhandlungen nicht gerade einfacher. Sie ziehen sich jetzt schon seit einem halben Jahr hin, denn der Mzee ist mit 10 Kühen nicht zufrieden. “Er ist ein Diktator,” sagt Br.Gregory, der neue, junge Leiter unserer Farm. Beim letzten Treffen mit Br.Gregory hat Mzee Aidan ihm eine lange Liste mit verschiedenen Aufwendungen mitgegeben, die er gehabt hat (z.B. “Medizin für die Kühe”), aber er hat weder konkrete Ausgaben genannt noch eine konkrete Forderung gestellt. An dem Treffen jetzt nehmen vonseiten der Abtei fünf Brüder teil, Mzee Aidan hat nur Mzee Damian mitgebracht, offensichtlich ein Freund, der geschickter reden kann als er selbst. Br.Petro liest einen Brief vor, den wir am Vortag verfasst haben, in dem wir höflich danken und fünf Kühe zusätzlich anbieten, also zusammen 15. Mzee Aidan ist offensichtlich nicht zufrieden, er meint, die Abtei könne doch “Menschlichkeit” zeigen, “selbst wenn es nur 20 Kühe wären.” Im übrigen, wenn er die Kuh wie versprochen gleich an jedem Jahresende bekommen hätte, dann hätte er ja jetzt auch den Nachwuchs von diesen Kühen. So geht die Diskussion hin und her. Ich frage, warum Br.Hermann eigentlich die Kühe nicht schon am Jahresende übergeben hat. Mzee Damian erklärt: “Br.Hermann und Aidan waren doch wie Vater und Sohn.” Als Gregory den Vorschlag macht, jetzt sollte sich erst noch mal die Seite der Abtei zusammensetzen und ein neues Angebot formulieren, platzt Br.Dominicus der Kragen (“Die Afrikaner wollen ständig reden”, sagt er mir nachher), und er kürzt die weitere Diskussion ab, indem er nochmal um 5 Kühe erhöht, also 20 Kühe anbietet. Der massige Mzee Aidan steht aus seinem Sessel auf und lässt sich auf ein Knie nieder, was etwas komisch aussieht, weil zwischen dem Sessel und dem niedrigen Tisch, um den wir herumsitzen, nicht viel Platz ist. Durch dieses Hinknieen zeigt er sich nun auch gegenüber Dominicus als guter Sohn und erkennt dessen menschlich-väterliche Güte an. Alles scheint gelöst, doch Br.Gregory hat noch etwas auf dem Herzen: “Mzee Aidan, du bist Bauer und ich bin Bauer. Es wäre nicht gut, wenn du dir jetzt nur fette Kühe aussuchen würdest.” Dass ein so junger Mann wie Gregory einem Mzee widerspricht, sorgt für ein Stutzen in der Runde, und für einen Moment wird es nochmals kritisch. Aber dann sagt Mzee Damian, “Das ist doch klar. Aidan wird fette und weniger fette Kühe nehmen. Und auch ein Kalb fällt unter den Begriff ‘Kuh’.”
Damit ist der Fall erledigt. Beim Herausgehen sage ich zu Gregory, “Sieh bitte zu, dass du alle Abmachungen schriftlich triffst.”
Die Herde auf dem Foto ist mir neulich beim Radfahren entgegengekommen.



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