“Friedensfähigkeit als Gesinnungsmerkmal” (Teil2)

 

Einige Gedanken über den “Friedensbegriff” und Albert Schweitzers Erfurchtsethik (in mehreren Teilen)


Albert Schweitzer ist von den bedeutendsten Zeitgenossen immer wieder als eine der glaubwürdigsten Gestalten in seinem Werk und seiner Wirkung beschrieben worden.

“Hier wirkt, so spürt man, das Zentrum einer Kraft, die, für uns unsichtbar, sich in einem anderen Erdteil in Wohlfahrt und moralische Schöpfung umsetzt und gleichzeitig in vielen anderen tausenden ähnlicher Kräfte steigert und erregt, und während er ruht und plaudert, ist er zugleich Führer einer unsichtbaren Armee, der Mittelpunkt eines magischen Kreises, der ohne jede äußere Gewalt und ohne Verwendung von Gewalt doch mehr Gewalt und Leistung ausgelöst hat als Dutzende polischer Führer, Professoren und Autoritätsmenschen. Und wieder erkennt man: Beispielgebende Kraft hat mehr Macht im Wirklichen als alle Dogmen und Worte.” (S. Zweig 1932 nach einem Besuch bei Albert Schweitzer in Günsbach/Elsaß). (1)

Stefan Zweig (1881-1941) war tief beeindruckt von Albert Schweitzer. Der berühmte österreichische Schriftsteller und Weltbürger zählte zu seinen Freunden

Stefan Zweig (1881-1941) war tief beeindruckt von Albert Schweitzer. Der berühmte österreichische Schriftsteller und Weltbürger zählte zu seinen Freunden

 

Albert Schweitzer hat in vielen Tausend anderer Menschen durch beispielgebende Kraft ähnliche Kräfte erregt oder gefördert. Er hat offensichtlich durch seine Taten einen neuen Sinn gestiftet und neue Einstellungen ausgelöst.

Das heißt, daß er gerade mit seiner “Ehrfurchtsethik”, die er vorlebte, prägend und verändernd gewirkt hat. So erklärt es sich auch, daß viele Schulen nach seinem Namen benannt sind, denn man hat durch sein Leben, sein Vorbild eine pädagogische Wirkung gespürt.

Albert Schweitzer bewegt die Menschen bis heute
Erkenntnisse und Erfahrungen, die ihn und sein Denken prägten

Albert Schweitzer wurde am 14. Januar 1875 in Kaysersberg im Elsaß als Sohn eines evangelischen Pfarrers geboren. Ein halbes Jahr später wurde sein Vater nach Günsbach im Münstertal berufen. Dort verlebte Albert Schweitzer eine “sorgenfreie und trotzdem nicht unbeschwerte Jugend”. (2)

Gerade weil er wußte, daß es ihm gut ging, bestürzte ihn das Leid anderer sehr. Er besuchte zunächst die Dorfschule . Er litt darunter, daß die anderen ihn als”Pfarrerssöhnle” für etwas besseres hielten. Dennoch fand er es gut, sich mit den Dorfkindern zu messen, wobei er feststellte, daß sie mindestens so intelligent waren, wie er. In seiner Kindheit und auch später hat die Rolle seiner eigenen Vorbilder, z.B. die des Lehrers einen besonderen Einfluß auf Albert Schweitzer gehabt. Die Erfahrungen, die er machte, haben nachhaltig auf sein Verhalten gewirkt. Er beschreibt in seinem Buch “Aus meiner Kindheit und Jugendzeit” verschiedene Situationen, die für ihn zum Schlüsselerlebnis wurden, ihn seitdem geprägt haben.

Vorbild: Ein guter Lehrer wirkt dauerhafter als das was er lehrt

Ab 1885 besucht Albert Schweitzer das Gymnasium in Mühlhausen. Wie viele schon als Alibi für schlechte schulische Leistungen ins Feld führten, waren seine Zeugnisse in den ersten Jahren nicht überragend, was seinen Eltern sichtlich Kummer bereitete . Dann aber erschien ihm “ein Retter in der Gestalt eines neuen Klassenlehrers” namens Dr. Wehmann, den Schweitzer im Rückblick folgendermaßen charakterisiert:

“Dieser Lehrer hatte jede Stunde sorgfältig vorbereitet. Er wußte genau, wieviel er darin durchnehmen wollte und wurde immer gerade damit fertig. Und die Hefte mit den Reinarbeiten gab er immer pünktlich auf den fälligen Tag und zur fälligen Stunde zurück. Diese miterlebte Selbstdisziplin wirkte auf mich. Ich hätte mich geschämt, diesem Lehrer zu mißfallen. Er wurde mein Vorbild” (3)

Erziehung ist ein Vorgang wechselseitigen Vertrauens

Die Konsequenz, die Schweitzer aus dem Erlebten zieht, faßt er selbst folgendermaßen zusammen: Die positive Einstellung des Vorbilds hier des Lehrers zu den Schülern ist das unverzichtbare Fundament, auf dem Erziehung als ein Vorgang wechselseitigen Vertrauens gedeihen kann; der distanzierte Stundenhalter muß hier scheitern. Die alte Erkenntnis, daß ein guter Lehrer dauerhafter wirkt, als das, was er lehrt, zählt auch für Schweitzer zu den pädagogischen Kernansichten. Er räumt eindeutig der Person die Priorität vor Techniken ein. Diese Erkenntnis ist heute, wo Methoden- und Mediengläubigkeit vorherrschen, wieder viel stärker einzubeziehen.

Fachwissen – in seiner Bedeutung für den Menschen

In späteren Jahren seiner Zeit am Gymnasium war für Schweitzer besonders der naturwissenschaftliche Unterricht von Bedeutung. Er hatte den Eindruck, daß viel zu wenig deutlich wurde, daß die Wissenschaft – bei allem Bemühen – doch nur einen kleinen Teil dessen erklären konnte, was in der Natur geschah. Gegen die naturwissenschaftlichen Schulbücher hegte er eine besonders starke Abneigung, er haßte sie. Die Erklärungen, die hier geboten wurden und die zum direkten Auswendiglernen gedacht waren, erschienen ihm unbefriedigend und zum Teil veraltet.

Fachwissenschaft darf die

Fachwissenschaft soll die “Die Dimension des Staunens” nicht ausklammern.

“Ein besonderes Rätsel war mir immer die Bildung des Regentropfens, der Schneeflocke und des Hagelkornes. Es verletzte mich, daß man das absolut Geheimnisvolle der Natur nicht anerkannte und zuversichtlich von Erklärung sprach, wo man es in Wirklichkeit nur zu tiefer eindringenden Beschreibungen gebracht hatte, die das Geheimnisvolle nur noch geheimnisvoller machten. Schon damals wurde mir klar, daß uns das, was wir als Kraft und als Leben bezeichnen, seinem eigentlichen Wesen nach immer unerklärlich bleibt.”  (2b)

Schweitzer will hier nicht der Naturwissenschaft oder Forschung eine Absage erteilen. Er stellt nur klar, daß – bei allem menschlichen Wissen – für das
komplizierte Verhältnis des Menschen zur Natur und ihrer Erscheinungsformen, die Bedeutung des Fachwissens nur eine relative sein kann. Schweitzer, der in den Naturwissenschaften sehr bewandert ist, gibt als Definition für den Fortschritt der Forschung an, es sei dies der Weg der immer tiefer eindringender Beschreibungen der Wirklichkeit.

Eine Gefahr liegt darin zu glauben, im Besitz der Wahrheit zu sein

Allerdings erreicht man auf diesem Weg nicht die Enträtselung des Wesens der Wirklichkeit. Alles Wissen um Zusammenhänge in der Natur als Gedankengebäude ist selbstverständlich wichtig im täglichen Leben und in der täglichen Konfrontation des Menschen mit der Natur. Eine Gefahr liegt jedoch darin, daß wir glauben, im Besitz der Wahrheit zu sein.

Die Dimension des Staunens soll nicht ausgeklammert sein

Mit dem Fortschreiten des Fachwissens muß allerdings für einen sensiblen Beobachter das Geheimnisvolle und Unerklärliche hervortreten. Das Wesen der Welt bleibt für Schweitzer nicht wissenschaftlich, nicht vernunftmäßig oder rational erkennbar. Schweitzer steht einem fachwissenschaftlichen Unterricht, der
vor lauter Erkenntnisstolz die “Dimension des Staunens” ausklammert äußerst skeptisch gegenüber .

1893 schließt Schweitzer das Gymnasium mit der Matura (Abitur/Reifeprüfung) ab. Mit 18 Jahren nimmt er das Studium der Theologie und der Philosophie an der Universität Straßburg auf. Im Jahre 1898 besteht er das 1. Theologische Examen. 1899 – nach Aufenthalten in Paris und Berlin – besteht er die Doktorprü’ing über die Religionsphilosophie Kants. (4)
Im gleichen Jahr übernimmt er ein Predigtamt an der Kirche St. Nicolai in Straßburg.

(Fortsetzung: Albert Schweitzer, Prägungen und Handeln Teil3  )

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Quellen – weiterführende Links

(1) Zweig,Stefan, Unvergessliches Erlebnis – Ein Tag bei Albert Schweitzer, in: Albert Schweitzer – Genie der Menschlichkeit, Fischer Bücherei Bd. 83, Frankfurt/M. 1955, S. 16.
mehr dazu: Zum 70. Todestag Stefan Zweigs: Ein Portrait
(2) Brüllmann, Richard. Aus dem Leben und Denken Albert Schweitzers, zusammengestellt in Lambarene im September 1974 , Verlag: Paul Haupt, Stuttgart und Bern, 3. erw. Auflage 1982, S. 4
(2b) Brüllmann, Richard, an anderer Stelle, S. 6
(3) Schweitzer, Albert: Gesammelte Werke in fünf Bänden Rudolf Grabs, (Hrsg.) München 1974, Bd. 1,S. 283
(4) Info bei Wikipedia über über die Religionsphilosophie Kants.
Bild1: Stefan Zweig um 1912, Lizenz “gemeinfrei, public Domain
Bild2: “Don´t Worry” by Gerd Altmann, www.pixelio.de

Die Grundlage für diese Artikelserie ist das Material des Herausgebers zur Wissenschaftlichen Hausarbeit zum Thema “Friedenserziehung in den Sek.II” an der Justus-Liebig-Universität Gießen, vorgelegt im Fachbereich Religionswissenschaften im Jahr 1986.

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Video: Youtube.com, Uploader Takashi2507


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