Freundschaftsdienst als Protest

"Javier Bardem demonstriert in Madrid, Günther Jauch in Potsdam", titelt Deutschlands größtes Revolverblatt und schlussfolgert: "Protest-Promis"! Wie kommt man eigentlich dazu, den Snobismus Jauchs, den er in Potsdam exerziert, mit den essentiellen Protesten auf Spaniens Straßen zu vermengen? Wie kann man Jauchs Einsatz für die Kultur in Anführungszeichen, mit den vor Angst getriebenen Kundgebungen in Spanien gleichsetzen wollen?
Jauch geht es zu Potsdam um ein Kunsthalle, die inmitten seiner Stadt gebaut werden soll, die nun jedoch von einem Teil der Bevölkerung abgelehnt wird. Initiator ist der Milliardär Hasso Plattner, für dessen Institut Jauch schon tätig war, als er in Sachen "soziale Kompetenz" und "Erfolg" las. Klar, dass er da auf den Marktplatz geht, seine Prominenz in die Waagschale wirft für diesen alten Bekannten. Vielleicht hätte auch er etwas davon, wenn vor seiner Haustüre Plattner-Engagement stattfände; hin und wieder ein Motivationstraining für einen auserwählten Kreis, das wäre doch verlockend. Über etwaiges Salär spricht man nicht...

Bardem geht es zwar auch um Kultur. Er ist gegen die beabsichtigte Anhebung der Mehrwertsteuer, die auch den Kulturbetrieb empfindlich treffen wird. Aber er spricht sich gleichzeitig auch vehement dagegen aus, die Last der Krise auf die Schultern derjenigen fallen zu lassen, die nichts mehr stemmen können. Dass das Spardiktat Arbeitslose, Kranke und Rentner trifft, hält er von untragbar. Bardem marschiert mit den existenziellen Sorgen der Menschen, die Opfer der Sparauflagen werden sollen und schon sind.
Ist es irgendwie, selbst mit viel Phantasie, denkbar, dass ein Jauch für die Opfer neoliberaler Politik demonstrierte? Findet er die Privatisierungen im Gesundheitssektor nicht auch skandalös genug, um zu protestieren? Ist es ihm kein Bedürfnis, den ins Hintertreffen geratenen Sozialstaat demonstrierend zu verteidigen? Als er einst mitläuferisch Du bist Deutschland! fabulierte, sprach er im Rahmen eines Interviews von der Jammerei, die er gerade unter Arbeitslosen vernehme. Anpacken, nicht lamentieren, dann hievt man sich von alleine aus dem Tief, so sinngemäß seine Rede. Die existenziellen Nöte betroffener Menschen waren ihm scheißegal.
Wie kommt man dazu, Jauch nun mit Bardem gleichzusetzen? Was hat der Kultursnob mit dem solidarischen Künstler zu tun? Protest-Promis! Ha! Dieser Feststellung ist ja zum Schreien! Herr Jauch mag ja vieles sein, aber zu irgendeiner obskuren Riege von Protest-Prominenten gehört er sicherlich nicht - eher ist es ein Freundschaftsdienst, den er dem Plattner erfüllt. Er bekennt nicht Farbe gegen auferlegten Hunger und Zukunftsaussichten ohne Hoffnung; er will popularisierte Kultur in feiner Halle. Er gibt hierbei das Bild eines Intellektualismus ab, der darin besteht, arrogant die Geschehnisse der Welt unter dem Mief bürgerlichen Kulturbetriebs zu ersticken. Er demonstriert nicht - außer seine eigene Wichtigkeit.
Nichts, gar nichts haben diese beiden Herren gemeinsam, mögen sie auch noch so oft nebeneinander in einer Überschrift stehen...
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