[Freitagsrezi] Die Unwahrscheinlichkeit des Glücks

Als ich den Klappentext las, dachte ich kurz, es handelt sich um eine Liebesgeschichte. Dass diese Liebesgeschichte eigentlich nur den Rahmen bildete, rund um eine Geschichte voller Traurigkeit, Trauerbewältigung und Selbstreflektion, habe ich nicht geahnt, aber bereits beim Lesen sehr begrüßt. Denn wer braucht schon platte Liebesgeschichten?

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„Ich werde ihn nie wieder sehen. Bei dem Gedanken geht das Loch in meiner Brust auf. Das passiert immer wieder, alle paar Tage seit der Beerdigung. Es fühlt sich an, als ob sich zwischen der dritten und vierten Rippe auf meiner linken Seite eine riesige, klaffende Lücke öffnet, ein Leerraum, durch den man den Plastiksitzbezug hinter meinen Schulterblättern sehen kann. Es tut weh, und mein ganzer Körper verkrampft sich vor Schmerzen. ich knirsche mit den Zähnen und balle die Fäuste, und die Luft bleibt in meinen Lungen stecken. Ich fühle mich, als ob ich gleich sterben muss, wenn das passiert. Als würde ich sterben. Dann, so plötzlich, wie es entstanden ist, füllt sich das Loch wieder. Ich kann atmen. Ich versuche zu schlucken, aber mein Mund ist staubtrocken. Ich glaube, das Loch ist Ty. Das Loch ist so was wie Trauer.“

Zeitweise wusste ich gar nicht, worauf die Story hinausläuft. Erst hatte ich den Roman als Jugendbuch zum Thema Trauer in der Familie eingestuft. Die dabei vermittelten Gefühle und Gedanken habe ich als extrem realistisch empfunden.

Kein Wunder, wie sich beim Lesen des Nachwortes herausstellte. Denn die Autorin Cynthia Hand konnte auf schmerzhafte eigene Erfahrungen zurück greifen. Das macht die gesamte Geschichte, obwohl sie fiktional ist, wohl auch so berührend. Die Beschreibungen der Gefühle gehen dem Leser unglaublich nah, die Formulierungen sind sehr sehr treffend gewählt und auch das Spiel mit Sprache ist sehr gelungen. Sätze wie “Ich kann nicht atmen kann nicht atmen kann nicht” sind keine Druckfehler, sondern eine geschickte Methode, den Leser fühlen zu lassen, was die 19-jährige Alexis, die Hauptfigur von “Die Unwahrscheinlichkeit des Glücks”, durchlebt.

Die Geschichte ist auch bis auf ein oder zwei Aspekte – meiner Meinung nach – sehr realistisch und nachvollziehbar. Keine Wendung ist irritierend. Vorhersehbar sind sie deshalb aber nicht. Die Sprache ist absolut angemessen für eine 19-Jährige. Ich habe keinen Moment die Authentizität der Figuren infrage gestellt. Und obwohl die Protagonisten Jugendliche sind, bewegt dieses Buch auch junge Erwachsene. Bis 30 kann man das bestimmt gut lesen. Das zentrale Thema des Romans kann schließlich jeden betreffen.

Drum herum spielt sich der Alltag einer amerikanischen Schülerin im Abschlussjahrgang ab, kurz vor dem Übergang zum College. Das einzige, was das Buch nicht gebraucht hätte, wäre die Leidenschaft für Mathe und die Gleichungs-Metapher. Nicht, weil ich Mathe nicht mag. Sondern weil sie nicht so viel zum Kernthema beiträgt. Vielmehr ist es so, dass sie gemeinsam mit der Lovestory den Rahmen bildet, in dem sich die eigentlich wichtige Handlung abspielt.

Insgesamt hat mich das Buch berührt, mich oft in Gedanken nicken lassen und unterhalten. Zu keinem Zeitpunkt habe ich mich gelangweilt. Ich würde das Buch jedem empfehlen, der gerne authentische Geschichten aus dem Leben mit Tragik liest und dem Jugendbücher auch etwas geben können, selbst wenn man aus der Zielgruppe vielleicht schon rausgewachsen ist.  Unterschrift1

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Die Unwahrscheinlichkeit des Glücks wurde mir vom HarperCollings Verlag  über die Plattform Blogg dein Buch kostenlos zur Verfügung gestellt. Ich bedanke mich für das Vertrauen und das Lesevergnügen.


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