Fragwürdiger Rettungsdienst

„Die Nachricht, die ich auf dem Weg in den Urlaub zuletzt gelesen hatte, drehte sich um „Gabriels Bankenpapier“. Darin fordert der SPD-Chef einen Einlagensicherungsfonds, mit dem die Banken Geld sparen sollen, um sich in einer Krise selbst retten zu können, und die Möglichkeit – falls das nicht gelingt – Banken pleite gehen zu lassen. Das viel beachtete Papier erschien gerade rechtzeitig in einer Sitzungswoche, die vom Libor-Skandal, von horrenden Dispozinsen und einer neuen Finanzspritze für Spaniens Banken geprägt war. Es war offensichtlich, dass Sigmar Gabriel nichts Neues fordert und sich Bankenschelte bestens eignet, um sich als Kanzlerkandidat ins Gespräch zu bringen. Dass die Banken an der Eurokrise kräftig mitverdient haben, bestreitet niemand – so wie übrigens viele andere auch. Es ist jedoch ein Trugschluss zu glauben, dass die Eurokrise vom Finanzsektor ausgegangen ist. Im Gegensatz zur Subprime-Krise in den USA hatte die Eurokrise ihren Ursprung in der Europapolitik. Das blieb lange im Verborgenen, weil vor der Krise eine Party auf Pump gefeiert wurde, die mit der virtuellen Einführung des Euro am 1. Januar 1999 begann. Auf wundersame Weise näherten sich damals die Renditen für Staatsanleihen der einzelnen Euroländer immer weiter an, bis sie nahezu gleich waren. Eine differenzierte Risikobewertung war Schnee von gestern, zumindest innerhalb Europas. In der Folge fluteten Investoren aus aller Welt die heutigen Krisenländer mit gewaltigen Summen, von denen diese etwa 10 Jahre
lang über ihre Verhältnisse leben konnten.

„Die Eurokrise ist mehr als eine bloße Staatsschuldenkrise. Es handelt sich um eine umfassende Strukturkrise der Gemeinschaftswährung“, schreibt Matthias Elbers in seinem bemerkenswerten Exposee zum Euro. Die Einheitswährung selbst sei das Problem – doch diese Wahrheit auszusprechen ist in Deutschland tabu. Schon vor 1999 konnte das „Haus Europa“ nicht groß genug gebaut werden. Und nun, seitdem der Karren festgefahren ist, begreift man, mit wem man sich auf die Reise gemacht hat. Trotzdem scheint sich niemand daran zu stören, dass sich die Instrumente der Krisenintervention schleichend in einen Haftungsverbund verwandeln, der den Zusammen – hang zwischen Haftung und Verantwortung auflösen will. Wie aber lässt sich von einem ethischen Standpunkt aus, der den Idealen einer demokratischen Gesellschaft und eines Rechtsstaates verpflichtet ist, die Situation in ihrer Gänze beurteilen, wenn eine Berichterstattung der Medien über die Dinge hinter den Dingen ebenso tabu ist wie Zweifel am Euro selbst? In der Diskussion wollen die Befürworter, für die ein Mehr an Europa alternativlos ist, den Staat so lange aufblasen bis er Europa vereinnahmt hat. Gegenüber Kritikern argumentieren sie vor allem mit dem Imperativ, dass egoistische Kleinstaaterei zu überwinden sei und Europa ein Garant für den Frieden ist. Auch der außenwirtschaftliche Erfolg Deutschlands (Exportweltmeister) wird gern als Verdienst des Euro ins Feld geführt.

Nur über eine wichtige Wahrheit, die wichtigste überhaupt, wird nie gesprochen. Niemand erklärt den Menschen, wem die Euro-Rettung wirklich nutzt. Deshalb glaube ich mittlerweile, dass die Krise den Euro-Politikern gerade recht ist, weil Krisen den Zentralismus fördern. Nutznießer der ganzen Euro- Retterei sind jedenfalls nicht die Bürger Europas, sondern die Besitzer des globalen Großkapitals. „Alles was wir brauchen, ist eine richtige große Krise“, hat der USBankier und Staatsmann David Rockefeller am 14. September 2011 bei einem Treffen des Wirtschaftsausschusses der Vereinten Nationen gesagt. Nur Investoren aus aller Welt, die in der Vergangenheit auf Staatsanleihen der Krisenstaaten gesetzt haben, profitieren von EFSF, ESM und Eurobonds. Sie können Ausfallrisiken und Verluste aus ihren Geschäften mit der Staatsfinanzierung auf den deutschen Steuerzahler abwälzen. Der Spiegel veröffentlichte in Heft 52/1999 ein Zitat des Regierungschefs der Steuerfluchtburg Luxemburg und Koordinators der Euro-Finanzminister, Jean-Claude Juncker: „Wir beschließen etwas, stellen es dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ Geht das Volk nicht auf die Straße, um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen, weil das Thema zu komplex, eine Nummer zu groß für uns ist? Dann wäre die Strategie Junckers aufgegangen.“

Quelle: http://www.ethikbank.de/fileadmin/ethikbank/dokumente/Die_EthikBank/E-Thikker_03_12.pdf



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