Filmkritik zu Nora Tschirner in ‘Offroad’

Filmkritik zu Nora Tschirner in ‘Offroad’

In letzter Zeit ist die in Berlin geborene Schauspielerin Nora Tschirner nur schemenhaft vor deutschem Publikum aufgetreten. Ein kleiner Gastauftritt unter einem Pandakostüm im Regiedebüt ihres Schauspielkollegen Matthias Schweighöfer (‚What a Man‘) und eine durchsichtige Rolle in der zweiten Staffel der Science-Fiction-Serie ‚Ijon Tichy – Die Sternentagebücher‘ als Analoge Halluzinelle. Jetzt möchte Frau Tschirner mal wieder so richtig auf den Putz hauen – und das darf sie in ‚Offroad‘, dem neuen Film von ‚Tatort‘-Regisseur Elmar Fischer, in dem sie ihrem Alltag entflieht und es mit Gangstern, Drogen und der Liebe zu tun bekommt.

Nora Tschirner ist hier in der Rolle der Meike Pelzer zu sehen, die sich mit dem Ersteigern eines vom Zoll an der deutsch-holländischen Grenze beschlagnahmten Jeeps mal von ihrem täglichen Trott trennen möchte. Ihr Lebensentwurf ist bisher eher dem Straßenbau zugesprochen. Sie hat ihr BWL Studium abgeschlossen und die Heirat und Übernahme des väterlichen Betriebs liegen unmittelbar vor ihr. Doch dann lässt sich ihr Verlobter (Max von Pufendorf) von Meike beim Sex mit ihrer besten Freundin (Nora Binder) erwischen und der Lebensplan zerplatzt wie eine Seifenblase. Als sie dann in der Seitenverkleidung ihres neuen Jeeps auf einmal fünfzig Kilo Kokain findet, lässt sie ihr altes Leben spontan und ohne zu zögern hinter sich und begibt sich auf einen Trip ins Ungewisse.

Filmkritik zu Nora Tschirner in ‘Offroad’

Elyas M'Barek als Salim

Da hat der ‚Tatort‘-Regisseur sich auf vertrauten Boden bewegt und einen Krimi inszeniert, dem er für das Kinopublikum noch die gewohnten Zutaten an Liebesspiel und frechen Sprüchen hinzugefügt hat. Da kommt ihm seine Hauptdarstellerin mit Berliner Schnauze natürlich gerade recht, deren vorderste Aufgabe es in jedem Film ist, diese Verbalattacken mit möglichst glaubhaften Charakterzügen ihrem Gegenüber – ganz gleich ob Matthias Schweighöfer, Til Schweiger oder Elyas M’Barek – an den Kopf zu werfen. Das gelingt ihr auch in ‚Offroad‘. Dabei soll es aber nicht bleiben. Gerade wenn der Zuschauer in den Film eingeführt wird, schafft es Frau Tschirner mit lakonischem Wortschatz ihren festgefahrenen Alltag als geradezu phänomenal darzustellen. Wir glauben ihr, dass sie sich in ihrem Job wohl fühlt, dass sie mit ihrem baldigen Ehemann zufrieden ist und genau hier in Geilenkirchen ihre Zukunft liegt. Erst als sie einen Jeep für 6.500 Euro ersteigert, wittern wir, dass diese Frau noch eine Menge erleben wird. Und nur wenige Minuten später stehen zwei Veranstaltungsmanager vor ihr, die genau wissen was sich in diesem Wagen befindet und es der jungen Frau abluchsen wollen.

Da sind sie dann auch schon. Die gefährlichen Gegenspieler von Nora Tschirner. Dargestellt von Tonio Aragno, Thomas Fränzel und Stefan Rudolf bekommen wir hier einige amüsante Episoden geliefert, in denen die Drei sich als ausgemachte Trottel präsentieren. Der studierte Akademiker, der von vornherein sowieso gegen den Plan war, der tumbe Schläger und das Meisterhirn hinter dem Drogengeschäft – eine Kombination von Figuren, die wunderbar funktioniert und zu unterhalten weiß. Damit tragen sie auch zum Höhepunkt des Filmes bei, der als solcher leider nicht die nötige Aufmerksamkeit bekommt, sondern irgendwo in der Mitte des Filmes versauern muss. Hier treffen sich alle Figuren in der Wohnung des von Elyas M’Barek gespielten Salim und verhandeln mit einer echten Waffe und einer Luftpistole über den weiteren Verbleib des Kokains. Erst durch das Eingreifen der Nachbarin wird die Sippe friedlich als Theaterschauspieler entlarvt und auseinander gebracht. Dagegen wurde der Abgang der drei Tschirner-Jäger eher enttäuschend in Szene gesetzt. Man hätte sich gewünscht, dass hier die große Auseinandersetzung am Ende gestanden und damit der Spannungsbogen seinen richtigen Verlauf bekommen hätte. So ist nach der Hälfte leider die Luft raus.

Filmkritik zu Nora Tschirner in ‘Offroad’

Nora Tschirner als Meike Pelzer

Dabei präsentiert ‚Offroad‘ gerade im Spiel mit den Figuren seine Stärke. Dagegen wirken künstliche Nebenhandlungen unausgegoren und nicht zu Ende geführt. So haben auch die Ausflüge von Salims Schwester auf den Straßenstrich keine größere Konsequenz, das Techtelmechtel von Meikes Verlobten wird ihm später auch schnell verziehen und verliert an Relevanz. Auch wenn dies am Anfang der Tropfen war, der das Fass zum überlaufen gebracht hat, hätten wir es Nora Tschirner auch so geglaubt, dass sie aus ihrer Kleinstadthölle entfliehen möchte. Das tut sie dann zu gegebener Zeit mit einer waghalsigen Fahrt in ihrem Jeep, wo sie sich fernab der Straße – Offroad eben – einmal von sämtlichen Regeln befreit und so richtig Gas geben kann. Inszenatorisch wird dieser Spaß durch hektisch geschnittene Split-Screens gelöst, die im Bild hin und her geschoben werden, mal Nora Tschirner, mal den Jeep, mal die Landschaft zeigen. Das Auge des Betrachters muss schon heftig arbeiten um hier am Ball zu bleiben.

Im Kern ist ‚Offroad‘ dann aber wirklich eine deutsche Krimikomödie, die sich zumindest in Ansätzen von den schematisch gleichbleibenden Liebeskomödien trennt, die Schweiger und Schweighöfer zum Thema Nummer Eins im deutschen Kino gemacht haben. Ein Versuch den Großstadtkrimi mit einem Roadmovie, der Komödie und ein wenig Liebesdrama zu koppeln. Das wirkt manchmal etwas überladen, meistens aber erfrischend anders als die Filmergüsse der letzten ein bis zwei Jahre.

Denis Sasse

Filmkritik zu Nora Tschirner in ‘Offroad’

‘Offroad‘

Originaltitel: Offroad
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: D, 2011
Länge: ca. 98 Minuten
Regie: Elmar Fischer
Darsteller: Nora Tschirner, Elyas M’Barek, Maximilian von Pufendorf, Nora Binder


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