Filmkritik zu ‘Nader und Simin’

Filmkritik zu ‘Nader und Simin’

Gerade erst am 15. Januar hat der iranische Film ‚Nader und Simin – Eine Trennung’ die Golden Globe Auszeichnung als bester fremdsprachiger Film erhalten – nicht die erste Trophäe die von Regisseur Asghar Farhadi in Empfang genommen werden durfte: Vier Bären auf der Berlinale im vergangenen Jahr, darunter der Goldene Bär, der von einer internationalen Jury vergeben wurde. So hat der Film bereits 39 Auszeichnungen auf der ganzen Welt erhalten und fügt sich in das Bild des immer erfolgreicher werdenden iranischen Kinos.

Der Film erzählt die Geschichte des Ehepaars Nader und Simin, die sich gerade vor dem Scheidungsrichter befinden. Dabei wird schnell klar, dass sich die beiden lieben, es sind nur die Umstände, die sie auseinander treiben. Simin will die Scheidung, um mit ihrer Tochter das Land zu verlassen. Nader weigert sich mitzugehen, er möchte seinen an Alzheimer leidenden Vater nicht zurücklassen. Als der Richter die Scheidung verwehrt, zieht Simin schweren Herzens zurück zu ihren Eltern. Nader engagiert für die Pflege seines Vaters die junge Mutter Razieh. Doch Razieh arbeitet ohne Erlaubnis ihres jähzornigen und hoch verschuldeten Ehemanns und erwartet zudem noch ein weiteres Kind. Mit der Pflege des Vaters ist sie schon bald überfordert. Eines Tages bindet sie den alten Mann ans Bett und lässt ihn allein. Als Nader seinen bewusstlosen Vater findet, stößt er Razieh wütend aus der Wohnung. Am nächsten Tag erfährt Nader, dass Razieh bei dem Sturz ihr Kind verloren hat.

Filmkritik zu ‘Nader und Simin’

Leila Hatami

Was im ersten Augenblick wie ein Familiendrama erscheint, bei dem sich zwei Familien gegenüberstehen, die aus unterschiedlichen Schichten kommen und dadurch allein genug Konfliktpotential entwickeln, wird nach und nach immer mehr in der klassischen Form eines Krimis inszeniert. Die Kamera fängt niemals das komplette Geschehen ein, lässt das Ende von Szenen bewusst unerwähnt um die Zuschauer selbst entscheiden zu lassen, wie diese abgeschlossen werden. Erst am Ende erfolgt die Auflösung. Bis dahin kämpft eine Familie aus dem modernen Mittelstand gegen eine streng gläubige Familie aus armen Verhältnissen. Die Zuschauer verfolgen ein ständiges hin und her an Anschuldigungen, welches sich immer weiter zuspitzt. Der Regisseur schafft es beide Familien gleichberechtigt in einem nachvollziehbaren Licht erscheinen zu lassen. Unsere eigenen Zweifel am Hergang des Unfalls, welcher Razieh ihr Kind kostet, werden somit als Spielball benutzt.

Filmkritik zu ‘Nader und Simin’

Kimia Hosseini & Sareh Bayat

Eingebettet ist die Gesamthandlung in den anfangs gezeigten Scheidungsprozess vor einem Richter, der äußerst gleichgültig und mit emotionaler Stumpfheit alle Einwände der jungen Mutter Simin abschmettert, die von Leila Hatami hervorragend einfühlsam als moderne Frau im Iran, dargestellt wird. Dennoch hat sie keine Chance gegen die Argumentationen ihres Mannes, der zwar anbringt, dass er im Land bleiben möchte um seinen Vater zu pflegen, sich in den folgenden Szenen aber mehr mit seiner Tochter beschäftigt und den Vater kaum beachtet, sogar ein Hausmädchen für ihn anstellt. Am Ende steht eine weitere Szene, die vor Gericht spielt. Dieses Mal ist es weder Nader noch Simin die eine Entscheidung erwirken wollen oder können, sondern ihre Tochter Termeh – gespielt von Sarina Farhadi, der Tochter des Regisseurs – die hier als eigene Richterin über die Taten und Handlungen ihrer Eltern entscheiden und ihr eigenes Schicksal bestimmen darf. In beiden Familien legt die Kamera sehr viel Wert darauf, immer wieder die kleinen Töchter im Blick zu haben, die das Treiben ihrer Eltern beobachten und beurteilen. Die wahren Richter werden dadurch sie. Somit ist es auch nachvollziehbar, warum die Handlung die Entscheidungsgewalt am Ende Termeh überlässt.

‚Nader und Simin – Eine Trennung’ ist ein ruhig erzählter, manchmal aber doch cholerischer Zweikampf der Familien. Die interessante Gestaltung der Handlung, die in jeder Minute mehr an einem Kriminalfilm erinnert als an das erwartete Drama, fesselt bis zum Ende, wo sowohl die Eltern als auch die Zuschauer gebannt auf die junge Tochter blicken werden um ihr abschließendes Urteil zu hören. Damit hat Regisseur Asghar Farhadi den Film zu einer Studie von der Beziehung von Kindern zu ihren Eltern gemacht, mit welchen Augen sie die Erwachsenenwelt und ihre Entscheidungen sehen und vor allem, wie sie über sie urteilen.

Denis Sasse

Filmkritik zu ‘Nader und Simin’

‘Nader und Simin – Eine Trennung‘

Originaltitel: A Separation
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: IR, 2011
Länge: ca. 123 Minuten
Regie: Asghar Farhadi
Darsteller: Peyman Moadi, Leila Hatami, Sareh Bayat, Sarina Farhadi, Ali-Asghar Shahbazi


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