Filmkritik zu "Lucy" (seit 14. August im Kino)


Seit über 30 Jahren ist Luc Besson inzwischen als erfolgreicher Produzent und Regisseur im Filmgeschäft. Mit Nikita (1990) und Leon – Der Profi (1994) schuf er echte Klassiker und schrieb sich 1997 mit Das fünfte Element zudem in die Annalen der SF-Filmgeschichte ein. 2012 lieferte der die Grundidee für den gradlinigen Science-Fiction Actioner Lockout. Seit dem 14. August läuft Bessons neuer Film Lucy in den deutschen Kinos, bei dem der Franzose sowohl das Drehbuch schrieb, als auch auch die Regie übernahm. Scarlett Johansson und Morgan Freeman spielen die Hauptrollen, in dieser Produktion, für die Besson ein Budget von ca. 40 Millionen Dollar zur Verfügung standen. Für eine europäische Produktion eine ansehnliche Summe und es gibt zweifellos Filme, die schlechtere Startbedingungen vorzuweisen haben. Umso trauriger ist es, dass Lucy sich als eine eklatante Verschwendung von Talent und Geld entpuppt.
Lucy (Scarlett Johansson) ist auf Urlaub in Taipeh, wo sie von ihrem neuen Freund, dem Kleinkriminellen Richard (Pilou Asbaek), gebeten wird, einen Koffer an den mysteriösen Mr. Chang (Choi Min-sik) zu übergeben. Angeblich ein Kinderspiel. Allerdings läuft die Übergabe aus dem Ruder, Lucy fällt Mr. Chang in die Hände und wird gezwungen, eine neuartige Superdroge nach Europa schmuggeln. Diese wird in ihren Bauch implantiert und später durch einen Zwischenfall in ihrem Körper freigesetzt. Doch überraschenderweise stirbt Lucy nicht, sondern entwickelt ungeahnte Fähigkeiten. Obwohl sie weiß, dass das Drogenkartell seine Schergen losgehetzt hat, um die junge Frau zum Schweigen zu bringen, nimmt sie mit dem renommierten Hirnforscher Professor Samuel Norman (Morgan Freeman) Verbindung auf. Denn sie will und muss erfahren, was mit ihr geschieht.
Was Lucy inhaltlich zum Flop werden lässt, ist schlicht die Orientierungslosigkeit des Drehbuchs. Besson möchte nämlich gleich drei Filme auf einmal zu drehen: Einen Actionfilm über eine Drogenkurierin wider Willen, einen SF-Film über eine Frau mit paranormalen Fähigkeiten, sowie einen philosophischen Streifen über die Frage nach den Triebkräfte des Lebens und den Sinn der Existenz. Aber der Autor und Regisseur verzettelt sich gewaltig, findet keine klare Linie und verschenkt dadurch komplett das Potential des Films. Es hilft nichts, dass Lucy über eine durchaus interessanten Prämisse verfügt, wenn Besson offenbar keine Lust hat, in seinem Drehbuch die psychologisch/philosophischen Elemente ausführlich zu entwickeln. Die Charaktere bleiben in ihrer Zeichnung im Ansatz stecken und die Regie es schafft einfach nicht, die unterschiedlichen Ebenen der Geschichte elegant und spannend zu verzahnen. Deshalb ergibt sich nie ein überzeugendes Ganzes, sondern der Film zerfällt mit zunehmender Laufzeit immer mehr in seine Bestandteile.
Jene Szenen, in denen Lucy ihre neu gewonnenen Fähigkeiten einsetzt, gehören sicherlich zu den Highlights dieses Films, die wilde Autofahrt der Protagonistin durch die Straßen von Paris ist gut choreographiert und speziell im Finale macht der Streifen optisch ordentlich was her. Doch diese Höhepunkte sind rar gesät und der Plot zwischen ihnen pendelt zwischen überzogener Gewalt, aufgesetzt wirkendem Pseudo-Tiefsinn und Logiklöchern hin und her. Gerade letztere ruinieren den Rest von Spaß, den man an Lucy haben kann, denn sie sind teilweise so groß, dass der Eiffelturm darin Platz fände. Einige der Absurditäten hat Besson sicherlich zur Erheiterung des Publikums eingebaut, doch manches erscheint hier eher unfreiwillig komisch und wirkt sich damit nachteilig auf den Eindruck aus, den die Handlung des Films beim Publikum hinterlässt.
Scarlett Johansson ist wirklich nicht um ihre Aufgabe zu beneiden, diesen Film de facto allein tragen zu müssen. Sie müht sich redlich und sichtbar, der Figur der Lucy charakterliche Tiefe zu geben, doch gegen das schwache Drehbuch kommt einfach nicht an. Zumindest überzeugt sie nach Captain America: The Return of the First Avenger zum zweiten Mal in diesem Jahr in der Rolle einer toughen Frau. Vielleicht ein Argument für einen Solo-Film mit ihr als Black Widow? Dennoch ist Johansson in Lucy eher unterfordert, denn sie muss den Persönlichkeitswandel ihrer Figur nicht detailliert darstellen, weil das Skript so etwas gar nicht vorsieht. Dafür hätte man Lucy nämlich zunächst einmal richtig etablieren müssen, was der Autor/Regisseur einfach unterschlägt. Alle anderen Schauspieler – und dies schließt leider auch Oscar-Preisträger Morgan Freeman mit ein – sind hingegen bestenfalls Stichwortgeber. Gerade im Bezug auf Freeman wird man das Gefühl nicht los, Besson habe den Mimen lediglich seines Namens wegen engagiert. Denn richtig was zu tun gibt er ihm nicht.
Das vorhandene Budget erlaubte eine Reihe von digitalen Effekten und diese sind den Möglichkeiten entsprechend durchaus ansehnlich. Natürlich geht in dieser Hinsicht in Hollywood-Blockbustern mehr, doch die kosten ja auch das vier- bis fünffache. Von Eric Serra, der übrigens auch schon den Soundtrack für den Bond-Film Goldeneye komponierte, stammt die Musik für Lucy. Besson arbeitete schon öfters mit Serra zusammen, der erneut eine ordentliche Arbeit abliefert. Da es dem Soundtrack jedoch an besonderen Akzenten mangelt, bleibt er nicht nachhaltig im Gedächtnis.
Luc Besson hätte Lucy als einen gradlinigen Actioner mit SF-Elementen schreiben und inszenieren können. Doch er wollte mehr, überfrachtete den Streifen und steht als Konsequenz nun mit leeren Händen da. Inhaltlich zumindest, denn wirtschaftlich betrachtet ist Lucy ein Erfolg und belegt aktuell Platz 1 in den deutschen Kinocharts. Ob dies nun an der Hauptdarstellerin liegt, dem Namen Luc Besson oder einer Kombination aus Faktoren, das sei dahingestellt. Tatsache ist: Lucy ist ein schwacher Film mit einem namhaften Cast, dessen Trailer besser sind, als das beworbene Produkt. Es ist kein Streifen, den man unbedingt im Kino gesehen haben muss.
Lucy läuft seit dem 14. August 2014 in 2D in den deutschen Kinos.

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