Filmkritik zu ‘Ein riskanter Plan’

Filmkritik zu ‘Ein riskanter Plan’

Skandinavische Filmemacher sind in der Filmwelt auf dem Vormarsch. Die Europäer aus dem Norden haben sich nicht zuletzt durch Stieg Larssons Millennium-Trilogie empfohlen. Der erste Film dieser Reihe, der in Deutschland unter dem Titel ‚Verblendung‘ gelaufen ist, stammt von dem dänischen Regisseur Niels Arden Oplev, die beiden Folgetitel ‚Verdammnis‘ und ‚Vergebung‘ wurden von Daniel Alfredson inszeniert. Dieser wiederum ist der Bruder von Tomas Alfredson, der mit ‚So finster die Nacht‘ die Vorlage für das amerikanische Remake ‚Let Me In‘ lieferte und in ‚Dame König As Spion‘ eine ganze Meute von gestandenen Schauspielgrößen durch seinen Agententhriller dirigieren darf. Und dann wäre da noch Dokumentarfilmer Asger Leth, ebenfalls Däne, der nun mit ‚Ein riskanter Plan‘ seinen US-Einstand feiert. Dabei beweist er, ähnlich wie alle genannten Regisseure, dass das große Talent dieser Skandinavier die filmische Spannungserzeugung ist.

In ‚Ein riskanter Plan‘ spielt Sam Worthington den ehemals erfolgreichen Cop Nick Cassidy, der für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat, im Gefängnis sitzt. Völlig verzweifelt nutzt er die erstbeste Gelegenheit zur Flucht und steigt mit einem ausgeklügelten Plan im Kopf auf den Fenstersims eines Hochhauses. Von dort aus verlangt er von der bereits eingetroffenen Polizei ein Gespräch mit der Psychologin Lydia Anderson (Elizabeth Banks). Während unten die Menschenmenge und das Polizeiaufgebot größer werden, dirigiert Nick in schwindelerregender Höhe über ein kleines Head-Set den Raub eines 30 Millionen Dollar schweren Diamanten. Dabei handelt es sich um jenes Juwel, das er einst gestohlen haben soll.

Filmkritik zu ‘Ein riskanter Plan’

Elizabeth Banks

Man kann dem Film seinen anfänglichen Rückblick auf die Vergangenheit von Nick Cassidy nicht verübeln, auch wenn er keinen großen Beitrag zum Gesamtfilm leistet. Aber wäre diese Szene entfallen, hätte Hauptdarsteller Sam Worthington wirklich nicht viel mehr zu tun gehabt, als auf dem Fenstersims eines Hochhauses zu stehen – zumindest bis zum etwas actionreicheren finalen Showdown. Ansonsten glänzt ‚Ein riskanter Plan‘ aber durch die Abwesenheit von Actionszenen und überzeugt in zwei parallel ablaufenden Handlungssträngen durch zahlreiche Spannungsmomente. Sam Worthington strapaziert dabei die Nerven der versammelten Polizeimannschaft, allen voran Elizabeth Banks als Psychologin, die wenige Monate zuvor einen erfolglosen Rettungsversuch eines Selbstmörders über sich ergehen lassen musste. Worthington und Banks sorgen für die dramatischen Momente am Abgrund. Mal täuscht er seinen Sprung in die Tiefe an, ein anderes Mal klettert sie zu ihm hinaus und begibt sich ebenfalls in Gefahr. Die schaulustige New Yorker Meute wird dabei als sensationsgeile Masse inszeniert, die sich über den Sprung des vermeintlichen Selbstmörders zwar freuen würde, aber ihn auch in seinem Vorhaben unterstützt, seine Unschuld zu beweisen. Am nervigsten und skrupellosesten kommt einmal mehr die Presse daher. Eine zähe Reporterin berichtet Live vor Ort und wettet sogar darum, dass der Selbstmörder nicht einmal eine halbe Stunde auf dem Sims aushalten wird. Ein Hubschrauber des Fernsehsenders fliegt so nahe an das Geschehen heran, dass sich Cassidy beinahe sogar unfreiwillig zum Springer machen lässt.

Dabei fängt das Kamerabild immer wieder die schwindelerregende Höhe ein, blickt von oben auf das Treiben unten auf der Straße hinab. Nicht nur Sam Worthington muss sich diesem Schwindel ergeben, sondern auch sein Filmbruder Joey, der bei einem Einbruch in ein gegenüberliegendes Hochhaus, in bester ‚Mission: Impossible‘-Pose in einem Lüftungsschacht hängt. ‚Ein riskanter Plan‘ dürfte einer der wenigen Filme sein, in denen die Einbrecher – Jamie Bell und Genesis Rodriguez – als die Anfänger inszeniert werden, die sie nun einmal sind, ohne dabei an Glaubwürdigkeit einzubüßen. So seilen sie sich nicht schön choreographiert in die Tiefe ab, sondern haben sichtlich Schwierigkeiten die Balance zu halten. Bell und Rodriguez harmonieren hier als junges Pärchen, aber auch als Einbrecher-Duo mit Schmunzel-Einlagen. Da wird schon einmal während der nervenaufreibenden Tätigkeit über persönliche Beziehungsansichten philosophiert – überhaupt wird der Zuschauer den Eindruck haben, dass sich diese Beiden bei ihrem jüngsten Erlebniseinbruch erst so richtig kennenlernen. Die gekonnte Verschachtelung dieser beiden parallel ablaufenden Handlungen und deren Zusammenführung machen einen großen Teil des Filmes aus, sorgen für die unnachgiebige Spannung, aber auch für den Abwechslungsreichtum und die Unterhaltung.

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Edward Burns

Hinzu kommt der Gesamtplan, der zwar scheinbar nie in größere Schwierigkeiten gerät, sich dem Zuschauer aber nur Stück für Stück offenbart, wodurch von vornherein niemals gänzlich klar wird, welche Figur für welche Rolle in diesem Spiel vorgesehen ist. Wo fängt der Plan an, wo hört er auf, wer ist involviert? Fragen, die sich erst in der finalen Szene des Filmes erschließen. Dann wird man bemerken, dass es sich hier um ein gut strukturiertes und durchdachtes Drehbuch handelt, dass die eine oder andere Lücke vorweisen mag, aber im großen Ganzen einen intelligenten Thriller darstellt. Mit einem sichtlich gealterten Ed Harris bekommen die vielen Figuren einen Ober-Gegenspieler geliefert, der sich in nur wenigen Szenen zum erheblichen Widerling hochspielt. Das mag daran liegen, dass es nur wenige Momente gibt, in denen Harris nicht flucht oder Drohungen ausspricht.

Regisseur Asger Leth sorgt dafür, dass hier ein Spannungsmoment nach dem anderen gesetzt wird und die Zuschauer durchweg angespannt der Szenerie folgen werden. Spätestens wenn Sam Worthington, auf der Flucht vor einem Spezial-Einsatzkommando, von Fenstersims zu Fenstersims springt und die Kamera uns zuvor schon in ungeahnte Höhen geführt hat, kommt beim Zuschauer ein mulmiges Bauchgefühl auf. Damit ist ‚Ein riskanter Plan‘ so etwas wie ein Überraschungsthriller, womit nicht nur die teilweise konstruierten Wendungen gemeint sind, sondern vor allem die überraschende Qualität des Filmes.

Denis Sasse

Filmkritik zu ‘Ein riskanter Plan’

‘Ein riskanter Plan‘

Originaltitel: Man on a Ledge
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2011
Länge: ca. 103 Minuten
Regie: Asger Leth
Darsteller: Sam Worthington, Jamie Bell, Elizabeth Banks, Edward Burns, AnthonyMacky, Genesis Rodriguez, Ed Harris


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