Filmkritik zu Dennis Gansels ‘Die Vierte Macht’

Filmkritik zu Dennis Gansels ‘Die Vierte Macht’

Legislative, Exekutive und Judikative – die Gewaltenteilung die innerhalb eines Staates für die Gewährleistung von Recht und Ordnung zuständig ist. Die Legislative als gesetzgebende, die Judikative als rechtsprechende und die Exekutive als ausführende Gewalt. Dann ist da aber auch noch eine vierte Gewalt, die in einem Staat immer wieder Einfluss ausübt: Die Presse. Mit ihrer Berichterstattung über brisante Themen, über politische Begebenheiten oder Missstände kann sie alle drei der klassischen Gewalten beeinflussen und Meinungsmache unter der Bevölkerung betreiben. So setzen wir uns im 21. Jahrhundert mit sozialen Netzwerken wie Twitter auseinander, welches 2009 prominent im Iran als Protestmedium zur Berichterstattung während der dortigen Präsidentschaftswahl eingesetzt wurde. Regisseur Dennis Gansel (‚Die Welle‘) springt aber noch nicht auf den Einsatz dieser neuen Medien an, sondern bleibt in ‚Die Vierte Macht‘ den klassischen Printmedien treu, mit deren Hilfe er versucht jene vierte Staatsgewalt in den Mittelpunkt zu rücken.

Filmkritik zu Dennis Gansels ‘Die Vierte Macht’

Moritz Bleibtreu als Paul Jensen in 'Die Vierte Macht'

Dabei steht ihm sein Hauptdarsteller Moritz Bleibtreu zur Seite, der als Berliner Szenejournalist Paul Jensen nach Moskau fliegt um beim russischen Boulevard-Magazin „Moscow Match“ für frischen Wind zu sorgen. Hier scheinen Beziehungs- und Lebenskrise aus der Heimat vergessen zu sein, der Klatsch um die Schönen und Reichen Russlands lenkt Pauls Leben wieder in die richtige Richtung. Dann macht er aber Bekanntschaft mit Katja (Kasia Smutniak). Sie bringt ihn dazu einen politisch motivierten Nachruf abdrucken zu lassen. Eine Aktion die schwerwiegende Folgen nach sich zieht. Katja kommt bei einem Bombenanschlag ums Leben und Paul wird in dessen Folge der Beihilfe zum Terrorismus beschuldigt. Nach einem Gefängnisaufenthalt und einer scheinbaren Auslieferung nach Deutschland, befindet sich der Journalist auf einmal auf der Flucht. Auf sich allein gestellt entdeckt er ein politisches Komplott, welches bereits vor vielen Jahren von seinem Vater aufgedeckt werden sollte.

Hier liegt das wohl allergrößte Problem von ‚Die Vierte Macht‘. Die vermeintliche Presse, die als solche betitelt im Zentrum der Geschichte stehen sollte, wird durch die Figur des Paul Jensen nur äußerst schwach verkörpert. Erst begleiten die Zuschauer Moritz Bleibtreu eine halbe Stunde lang durch die Partyszene Moskaus, bei der er jeden Abend mit einer anderen Frau im Bett landet. Dann findet er sich auch schon im Gefängnis wieder, nur um kurze Zeit später auf der Flucht zu sein, ohne dabei journalistischen Tätigkeiten nachzugehen. Wo versteckt sich diese vierte Macht nur die ganze Zeit? Erst wenn Paul Jensen zum Ende des Filmes auf die Ermittlungsergebnisse seines Vaters stößt, kann er plötzlich einen Artikel schreiben und der Thematik gerecht werden. Und selbst dann möchte man die Figur noch in Frage stellen. Denn während sein Verleger in Russland, der ganz genau die Konsequenzen einer politisch pikanten und enthüllenden Berichterstattung kennt, das Risiko einer Veröffentlichung auf sich nimmt, flieht Paul Jensen zurück nach Deutschland, wo er den Film mit den Worten „Ich komm klar“ beendet. Natürlich kommt er klar, wo er sich seiner Verantwortung dem Artikel gegenüber doch entzogen hat. Soll das etwa ein Blick auf den Typus des Journalisten sein?

Filmkritik zu Dennis Gansels ‘Die Vierte Macht’

Kasia Smutniak als politische Aktivistin Katja in 'Die Vierte Macht'

Die Figur des Paul Jensen bleibt aber nicht die einzig schwache Darstellung. Auch Kasia Smutniak hat mit ihrer Katja zu kämpfen. Zuerst als ernstzunehmende, politische Aktivistin eingeführt, verkommt auch sie zur kichernden Russlandgöre, die sich bei diversen Feierlichkeiten betrinkt, sich in Sachen Bettgeschichten als ganz schnelles Mädchen erweist und nicht einmal voraussieht, dass sich ihre Verbindungen zu zwei vom russischen Geheimdienst gesuchten Aktivisten als äußerst unpraktisch erweisen. Nebst diesen beiden darstellerischen Ausfällen ist Regisseur Gansel darum bemüht ein spionageähnliches Verwirrspiel der Figuren zu inszenieren, bei dem es um Verrat, Verschwörung und Vertrauen gehen soll – dabei aber mehr Handlungslücken als spannende Thriller-Momente erzeugt. Da gibt es eine gescheiterte Vater-Sohn-Beziehung, die ihren Abschluss mit dem simplen Satz des Sohnes findet „Ich wünschte ich hätte ihn besser gekannt“ und einen Kollegen der „Moscow Match“, der verspricht den beiden Flüchtlingen Paul und Katja zu helfen und dann nie wieder gesehen wird.

Die Ansätze sind da, man bekommt sie geradezu vorgelegt, nur werden diese nicht angemessen in den Film eingebettet oder nur angerissen. Gansel hätte so viel mehr Spannung erzeugen können, hätte er seine Hauptfigur selbst investigativen Journalismus betreiben lassen. Stattdessen stolpert Moritz Bleibtreu durch die Handlung, findet als naiver Vertreter der Boulevardpresse hier und da mal einen kleinen Brotkrumen von einem Hinweis und braucht selbst dann noch die Hilfe anderer um diese Hinweise zu verstehen. Mit all seinen politischen Hintergründen und der aktuellen Russland-Brisanz – Die Wahl von Putin – hätte ‚Die Vierte Macht‘ ein Film werden können, der sich mit Thrillern wie der Stieg Larsson-Trilogie hätte vergleichen lassen dürfen. Aber davon ist ‚Die Vierte Macht‘ weit entfernt.

Denis Sasse

Filmkritik zu Dennis Gansels ‘Die Vierte Macht’

‘Die Vierte Macht‘


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