Filmkritik zu Christian Ulmen als ‘Jonas’

Filmkritik zu Christian Ulmen als ‘Jonas’

Wir kennen es aus diversen US-Teenieserien von ‚Dawson’s Creek‘ bis ‚Gossip Girl‘ – Schauspieler, die zumeist Jugendliche mimen, die sich irgendwo im Alter der Volljährigkeit befinden. Selbst sind diese Darsteller allerdings schon weitaus älter. Als James van der Beek 1998 zum ersten Mal in die Rolle des 15-jährigen Dawson Leery schlüpfe war er 21 Jahre alt. Diese sechs Jahre Unterschied kann der deutsche Schauspieler, Moderator und Schriftsteller Christian Ulmen überbieten. In seinem neuen Filmprojekt ‚Jonas‘ verkörpert der 1975 geborene Ulmen den 18-jährigen Schüler Jonas, der auf der Brandenburger Gesamtschule Paul-Dessau die letzte Chance bekommt, seinen Schulabschluss zu machen.

‚Jonas‘ wurde sechs Wochen lang an dieser Schule gedreht, wobei sowohl Lehrer als auch Schüler ohne Drehbuch und Regieanweisungen auf die spontanen Improvisationen von Christian Ulmen eingehen mussten. Der mehrfache Sitzenbleiber Jonas gewährt den Zuschauern hier Einblicke in den ganz normalen Schulalltag und liefert ein aktuelles Abbild der Freuden und Nöte von Schülern und Lehrern. Dabei schlägt sich Christian Ulmen mit dem Hass-Unterrichtsfach Nummer Eins – der Mathematik – herum, verliebt sich in seine Musiklehrerin, philosophiert über den Glaube an Gott und die Wissenschaft, die einen anderen Menschheitsbeweis hervorgebracht hat, feiert mit seinen Mitschülern und gründet ganz nebenbei seine eigene Band.

Filmkritik zu Christian Ulmen als ‘Jonas’

Christian Ulmen mit Mathematik-Lehrer Herr Look

Eigentlich ist ‚Jonas‘ keine Neuerfindung, kein Experiment welches bahnbrechende Wege geht. Es ist nur eine Kombination von Dingen, die im deutschen Fernsehen bisher hervorragend funktioniert haben und nun von Christian Ulmen erstmals auf die Kinoleinwände gebracht wurden. Da wären zuerst Ulmens eigene Formate ‚Mein neuer Freund‘ und ‚ulmen.tv‘, in denen er immer wieder andere Charaktere spielt und bereits öfters seine Wandlungsfähigkeit bewiesen hat. Ulmen ist auf eine positive Art und Weise ein charakterloses Individuum, was ihn ermöglicht, glaubhaft in jede beliebige Figur zu schlüpfen. Im Fall von ‚Jonas‘ beweist er obendrein, dass er als 36 Jahre alter Mann ohne Probleme und jegliche Zweifel einen Jugendlichen Halbstarken im Alter von 18 Jahren spielen kann. Dann wären da noch die vielen Formate, die im Vormittags-, Nachmittags- und Abendprogramm inzwischen die deutsche Fernsehlandschaft bevölkern. Das Fernsehpublikum möchte sich über Geschichten aus dem wahren Leben aufregen, möchte die Menschen von Nebenan auf den Bildschirmen sehen, sei es wie sie nicht mit ihren Kindern klar kommen, wie sie ein neues Eigenheim entstehen lassen oder Beziehungs- und Familienstress vor laufender Kamera thematisieren. Die Themen sind hier egal, die Machart bleibt dieselbe und oftmals wird der Übergang von einer zur nächsten Sendung gar nicht so richtig deutlich. Genau dieses Format hat Christian Ulmen für sich genutzt. Er bietet uns gemeinsam mit Produzentin Elena Gruschka – mit ihr zusammen hat er die Idee zu ‚Jonas‘ entwickelt – und Regisseur Robert Wilde (‚Mein neuer Freund‘) den Einblick in die Schulzeit von heute.

Dabei bleibt Ulmen weitestgehend glaubhaft, überspitzt seine Rolle nur in wenigen Momenten, in denen er aber durch seine liebevolle Darstellung des Jonas dennoch die Zuschauer nicht vor den Kopf stößt. Es sind schon recht viele Umarmungen und persönliche Treffen mit seinen Lehrern, die hier bereitwillig dem Sorgenfall Hilfestellung leisten wollen. Dabei ist der Zuschauer immer ganz nah dran an diesen Ereignissen. Im Matheunterricht wird man sich selbst ganz schnell noch einmal dabei erwischen, wie man darüber nachgrübelt, was denn nun eigentlich der Zusammenhang von Potenzen und Logarithmen war, die Diskussionen mit den Lehrer enden oftmals in abrupten Themenwechseln um eigentlich nötigen Rechtfertigungen aus dem Weg zu gehen und ständige Ermahnungen seitens der Lehrer dürften auch nicht so unbekannt sein – die Pädagogik, das zeigt zumindest dieser Film auf, besteht aus der Machtposition des Instruments Lehrer der Institution Schule.

Filmkritik zu Christian Ulmen als ‘Jonas’

Christian Ulmen mit Musiklehrerin Frau Maschke

Aber nicht nur der Schulwahnsinn macht ‚Jonas‘ zu einem Gesprächsthema über den eigentlichen Film hinaus. Denn hinterher wird man sicherlich in eigenen Schulerinnerungen schwelgen und sich zurückdenken in die eigene Zeit. Was will ein Film schon mehr, als dass sich die Zuschauer auch nach dem Abspann noch über ihn unterhalten? Christian Ulmen wagt dabei auch den Schritt über die Unterrichtsstunden hinaus. Er zeigt sich auf einer Parkplatzparty seiner Mitschüler, wo er sich als Kampftrinker erproben möchte. Erstaunlich das unter diesen Schülern ein verantwortungsbewusstes Musterexemplar dieser Gattung auftaucht, das sowohl darauf Acht gibt, dass keine härteren Drogen konsumiert, aber auch nicht bis zur Besinnungslosigkeit gesoffen wird. Ob es eine solche Person an jeder Schule gibt, ist äußerst fraglich – falls doch, sollte man der heutigen Generation einiges mehr an Verantwortungsbewusstsein zugestehen. Schade ist es, dass wir nur einen Einblick in ausgewählte Schulfächer erhalten. Hierdurch bietet ‚Jonas‘ dann aber, trotz Improvisationen, eine nachvollziehbare Dramaturgie. Da verzichtet man gerne auf den Deutschunterricht, Erdkunde oder Englisch.

‚Jonas‘ katapultiert nicht nur Christian Ulmen zurück in seine Schulzeit. Er nimmt die Zuschauer bei der Hand und begleitet sie in den Klassenraum, wo wir Dinge sehen, die wir lange Zeit vergessen oder verdrängt hatten. Für andere Schüler wiederum hält der Film die Möglichkeit zum Unterrichtsvergleich offen, wo sicher festgestellt werden wird, dass es an der eigenen Schule nicht großartig anders abläuft. Die Lehrer geben einen erschreckenden Querschnitt über die Menschen, mit denen man sich selbst in der Schule herumplagt hat. Christian Ulmen und ‚Jonas‘ machen also nicht mehr, als uns mit in die Schule zu nehmen – und bieten uns damit beste Unterhaltung.

Denis Sasse

Filmkritik zu Christian Ulmen als ‘Jonas’

‘Jonas – Stell dir vor, es ist Schule und du musst wieder hin!‘

Originaltitel: Jonas – Stell dir vor, es ist Schule und du musst wieder hin!
Altersfreigabe: ab 6 Jahren
Produktionsland, Jahr: D, 2011
Länge: ca. 110 Minuten
Regie: Robert Wilde
Darsteller: Christian Ulmen, die Schüler und Lehrer der Gesamtschule Paul-Dessau in Brandenburg


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