FAZ-Realist vs. SZ-Schreibtischretterin: Kommentar "Verschwendung in der Schuldenkrise" von Rainer Hank zu "Wie Griechenland noch gerettet werden kann" (Cerstin Gammelin, Süddeutsche Zeitung)

In welchen Harry-Potter-Welten weilt ein Weib, das einem großen Leserpublikum Behauptungen bzw. Forderungen wie die folgenden auftischt (meine Hervorhebungen):
"..... gibt es eine zweite Antwort auf die Frage "Wie weiter"? Sie heißt: Klotzen, nicht Kleckern. Der Euro-Klub würde danach der Regierung in Athen die Schulden über einige Jahre stunden und zugleich einen Marshallplan für das Land entwerfen, in dem die dringendsten Probleme angepackt werden. Griechenland bekäme eine funktionierende Verwaltung, ein vernetztes Steuersystem und ein Katasteramt. Das braucht zwei Jahre Zeit, vielleicht ein bisschen mehr. ..... Ein solches Konzept würde den griechischen Bürgern nutzen, es wäre der Abschied von der gescheiterten Idee, die Krise als rein ökonomisches Problem zu betrachten. Zur Wahrheit gehört aber auch: Das wird teuer, vermutlich sehr teuer. Die Euro-Regierungen müssten auf einmal mutig sein und ihren Bürgern erklären, dass die Hellas-Rettung jetzt wirklich Geld kostet. Freilich, es gibt noch eine dritte Möglichkeit, das wäre die schlechteste von allen: Weitermachen wie bisher. Angesichts der Zögerlichkeit, der Kleinteiligkeit und der Ignoranz, mit der bisher gerettet wurde, steht zu befürchten, dass sich der Euro-Klub auf Letzteres beschränkt. Es wäre fatal. Ein bloßes "Weiter so" schließt nicht aus, dass es doch noch zum Bankrott kommt, mit noch höheren Kosten für alle" ?
Ist sie persönlich in griechischen Staatsanleihen investiert, und aus diesem daran interessiert, dass noch mehr deutsche Steuergelder für die vermeintliche "Rettung" des von Griechen bewohnten Balkanappendix verschleudert werden?
Die Zitate stammen aus dem Kommentar "Schuldenkrise. Wie Griechenland noch gerettet werden kann" von Cerstin Gammelin auf der Webseite der Süddeutschen Zeitung (SZ) vom 02.02.2012.
Diese Meinungsäußerung zur Griechenland-Rettung hatte ich schon vor einigen Tagen gelesen. In einem ersten Impuls wollte ich in sofort bebloggen; nach weiterer Überlegung dann zunächst doch nicht: schließlich wird derart viel Unsinn über die Griechenland-Rettung verbreitet, dass es auf eine inkompetente Meinung mehr oder weniger auch nicht mehr ankommt, selbst wenn sie in einem Medium erscheint, dass in der Öffentlichkeit wohl noch als Qualitätsmedium angesehen wird. (Ich selbst halte ohnehin nicht allzu viel von der SZ und lese deren Online-Artikel nur selten.)
Heute aber entdeckte ich den heutigen Kommentar "Verschwendung in der Schuldenkrise" von Rainer Hank auf FAZ.net. Ohne dass Hank sich auf den SZ-Kommentar von Frau Gammelin beziehen würde, ist er eindeutig eine Replik darauf und Kritik daran:
"Marshalls Therapie klingt zu schön, um wirksam zu sein. Denn an Wachstum war in Griechenland in all den schönen vergangenen zehn Jahren wahrlich kein Mangel. Dafür gab es durch die Gemeinschaftswährung verbilligte Kredite in Hülle und Fülle und großzügig europäische Fördermittel. Gemessen an den Einzahlungen, erhielt Griechenland lange Jahre mehr Geld aus der Gemeinschaftskasse als jeder andere EU-Staat. Man muss sich nur die verschiedenen Kohäsions-, Kohärenz- und Sozialfonds aufaddieren lassen (gut 20 Milliarden Euro allein für die Jahre 2007 bis 2013), um das ganze Ausmaß des Geldregens zu ahnen. ..... Griechenland hat den Marshall-Plan nicht vor sich, sondern längst hinter sich. Die europäischen Strukturfonds sind ein einziges legales Bail-out-Programm, die in die typische Falle der Entwicklungshilfe laufen. Sie nützen nichts. Schlimmer noch: Sie schaden, weil sie den Reform- und Wettbewerbsdruck nehmen und zur Verschwendung einladen. Allenfalls Regionalpolitiker profitieren, wenn sie Autobahnen durch Westthrakien bauen, die ansonsten keinem helfen. 
Was Griechenland braucht, ist kein Marshall-Plan, es sind gute Institutionen. Nötig ist die Durchsetzung von Rechtssicherheit, damit Eigentum geachtet (Katasterwesen!), Verträge eingehalten und Steuergesetze befolgt werden. Mit Geld kann man Vertrauen nicht kaufen. Rechtssicherheit ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass unternehmerische Investitionen sich lohnen. Nur so wird jenes Wachstum sich entwickeln können, das nicht vom süßen Gift europäischer Fördermilliarden gebläht wird. Im Übrigen gilt der Grundsatz guter Haushaltsführung: Auch ein Staat kann nur ausgeben, was durch Einnahmen gedeckt ist. Wer das missachtet, muss hinterher umso mehr sparen."
Es mag meinen Lesern und Leserinnen unfair, oder gar ungeheuerlich, vorkommen, wenn ich Frau Gammelin verdächtige, mit ihrem Kommentar eventuell ihre persönlichen materiellen Interessen zu fördern.
In Wirklichkeit ist aber Frau Gammelins Kommentar ungeheuerlich. Das erschließt sich freilich nicht schon der flüchtigen Lektüre; um die Ungeheuerlichkeit der intellektuellen und finanziellen Zumutung ihrer Forderungen zu begreifen, muss man den Kommentar schon im Detail analysieren:
  1. Finanziell: Unsere Hilfe für Griechenland verschlingt bereits jetzt enorme Summen. Wer in dieser Situation sagt: "Das wird teuer, vermutlich sehr teuer. Die Euro-Regierungen müssten auf einmal mutig sein und ihren Bürgern erklären, dass die Hellas-Rettung jetzt wirklich Geld kostet" der fordert und erwartet offenbar, dass allein der deutsche Beitrag sich nicht mehr im 2-stelligen Milliardenbereich bewegt, sondern im 3-stelligen, also über 100 Milliarden € beträgt. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 wurden im Bundeshaushalt ca. 320 Mrd. € ausgegeben (Wikipedia). Frau Gammelin erwartet also allen Ernstes und ganz selbstverständlich, dass allein Deutschland mindestens 1/3 seines Staatshaushaltes (wenn auch über einige Jahre verteilt) an Griechenland verschenkt! Und damit die deutschen Steuerfische diesen Köder brav schlucken, droht sie mit noch Schlimmerem: "Ein bloßes 'Weiter so' schließt nicht aus, dass es doch noch zum Bankrott kommt, mit noch höheren Kosten für alle." Wenn das wahr ist, ist die Eurozone riskanter als ein Atomkraftwerk: dann ist es aber allerhöchste Zeit für einen Ausstiegsbeschluss aus diesem Schuldenkollektiv!  
  2. Intellektuell: 
  • Wer einen "Marshallplan" für Griechenland fordert, agitiert in aller Regel propagandistisch. Ähnlich wie Joseph Goebbels den Deutschen im 2. Weltkrieg die "Magermilch" durch die Umbenennung in "entrahmte Frischmilch" schmackhaft machen wollte, beutet er einen positiv konnotierten Begriff aus. Aber während "entrahmte Frischmilch" keine Lüge war, ist der Begriff "Marshallplan" für einen denkbaren Aufbauplan für Griechenland genau das: eine schamlose Lüge. Bei dem Marshallplan ging es darum, die kriegszerstörte Wirtschaft in Ländern wieder aufzubauen, in denen es ein leistungsbereites und qualifiziertes Arbeitskräftereservoir gab, eine funktionierende und nicht korrupte Verwaltung und eine Kapitalistenklasse, die zu Investitionen bereit war. Das alles fehlt (weitgehend) in Griechenland. Damit ist dort ein wirtschaftlicher Aufbau nach dem Muster des Marshallplan von vornherein unmöglich. Es ist Begriffsmagie, Autosuggestion oder ein Belügen der Leser(innen), wenn man das Wort "Marshallplan" aus dem Karteikasten zieht und implizit behauptet, dass damit überhaupt etwas Wesentliches über die Möglichkeiten einer griechischen Krisenlösung gesagt wäre. Im diesem Zusammenhang  ist "Marshallplan" nichts als eine leere Worthülse, eine substanzlose Sprechblase. Möglich, dass Frau Gammelin diesen Zauberbegriff nicht zynisch zur Lesertäuschung verwendet, sondern sogar sich selbst seine magische Wirkung vorgespiegelt hat. Dann hätte sie freilich auf jegliches eigene Nachdenken über Ursachen und Lösungsmöglichkeiten der Probleme Griechenlands verzichtet und sich als ernst zu nehmende Debattenpartnerin von vornherein disqualifiziert.
  •  Soweit sie überhaupt den Begriff "Marshallplan" in Bezug auf Griechenland inhaltlich vertieft, hat das mit dem European Recovery Program (ERP - so der offizielle Begriff für den seinerzeitigen Marshallplan) überhaupt nichts zu tun, weil sie lediglich eine "funktionierende Verwaltung, ein vernetztes Steuersystem und ein Katasteramt" schaffen will. Aber wieso sollte die Schaffung einer funktionierenden Verwaltung usw. zig Milliarden Euro kosten? Wahrscheinlich hat Frau Gammelin aber etwas anderes im Sinn gehabt, nämlich: "Einen Marshallplan für den wirtschaftlichen Aufbau und gleichzeitig den Aufbau einer funktionierenden Verwaltung." Es muss natürlich von Journalisten erwartet werden, dass sie in der Lage sind, ihre Vorstellungen auch in angemessener Weise verständlich und ausführlich zu präsentieren, und nicht nach dem Motto: "Verwaltung hin, Wirtschaft im Sinn" zu phantasieren. Dies gilt um so mehr für eine Agitatorin, welche dem deutschen Steuerzahler so nebenbei 100 Milliarden Euro abnehmen will.
  • In Griechenland geht es nicht um einen WIEDERaufbau der Wirtschaft; Griechenland müsste eine wettbewerbsfähige Wirtschaft überhaupt erst einmal aufbauen. Das, und das so etwas nicht in 2-3 Jahren zu schaffen ist, dürfte auch Frau Gammelin wissen. Insofern ist es ausgesprochen unredlich (und hier unterstelle ich ihr eine vorsätzliche Täuschung!), wenn sie in ihrem Kommentar die ökonomische Dimension insgesamt ausblendet und mit der beruhigenden Zeitangabe "das braucht zwei Jahre Zeit, vielleicht ein bisschen mehr" den Leserinnen und Lesern eine relativ schnelle Lösungsmöglichkeit für die Gesamtheit der griechischen Probleme vorspiegelt. Davon abgesehen, ist dieser Zeitrahmen aber auch nur für den Aufbau einer funktionierenden Verwaltung in Griechenland (die dann auch relativ korruptionsfrei sein müsste) von vornherein lächerlich.
  • Dass Länder wie Portugal, aber auch Italien, Spanien und evtl. Irland, natürlich auch sofort vor unserer Zahlstelle stehen, wenn wir den Griechen die Euronen in den Rachen werfen, blendet Frau Gammelin aus: sie ist ja nur Journalistin und kann sich auf's Schwätzen beschränken; Schuld sind, wenn es schief geht, selbstverständlich die 'zögerlichen, kleinkarierten und arroganten' Politiker(innen).
Zusammenfassend müssen wir also konstatieren, dass Cerstin Gammelin uns riesige Summen aus der Tasche ziehen will, ohne sich auch nur entfernt bemüht zu haben, die Gesamtproblematik intellektuell wenigstens annähernd in einer Weise zu durchdringen, wie die Politiker das tun müssten.  
Süddeutsche Zeitung? Zumindest auf Hohlköpfe wie Frau Gammelin kann ich verzichten!
Meine Motivation, den Sachverhalt nun aufgrund von Rainer Hanks FAZ-Kommentar zu bebloggen, ist eine doppelte.
Das erste Motiv ist offenkundig: Wenn ein Redakteur von Deutschlands führender Zeitung die Sache für wichtig genug hält, um das Ansinnen von Cerstin Gammelin zurück zu weisen, dann ist es auch für mich gerechtfertigt, mich damit zu beschäftigen. Und indem ich unmittelbar auf den gegnerischen Kommentar Bezug nehme, kann ich mich detaillierter am Text 'abarbeiten', als es Rainer Hank möglich ist.
Der andere Grund ist für Außenstehende nicht unmittelbar erkennbar: Die Redaktion von FAZ.net hat meinen nachfolgenden Leserkommentar wegzensiert. Diesen hier zu veröffentlichen, damit jedermann sehen kann, welche Art von Äußerungen durch redaktionelle Zensur unterdrückt werden, ist mir natürlich ebenfalls ein Anliegen:
"Selten hackt in den Medien eine Krähe ...... [der anderen ein Auge aus.] . Aber Cerstin Gammelins Scheinlösung in dem SZ-Artikel "Wie Griechenland noch gerettet werden kann" ist dermaßen verantwortungslos, dass man dieser Verschmutzung der öffentlichen Meinung in aller Schärfe entgegentreten darf und muss.
Auszug:
"... Antwort auf die Frage 'Wie weiter'? ... heißt: Klotzen, nicht Kleckern. Der Euro-Klub würde ... der Regierung in Athen die Schulden über einige Jahre stunden und zugleich einen Marshallplan für das Land entwerfen .... . Griechenland bekäme eine funktionierende Verwaltung, ein vernetztes Steuersystem und ein Katasteramt. Das braucht zwei Jahre Zeit, vielleicht ein bisschen mehr."
Ach ja: Mit massig Geld (von uns) hätte Griechenland in 2 - 3 J. eine funktionierende (korruptionsfreie?) Verwaltung? Und für die Wirtschaft: Plan entwerfen, viel Geld reinwerfen - und alles blüht? Offenbar glaubt Frau G. an Magie!
"
Da hat wohl die "Krähe" die FAZ-Kommentarredakteure gestört.
Immerhin wurde ein weiterer Kommentar von mir (14.04 h) denn doch veröffentlicht:
"[Titel:] Wie Griechenland noch gerettet werden kann Der Kommentar von Rainer Hanke ist eine richtige und notwendige Kritik an dem o. a. Kommentar von Cerstin Gammelin in der SZ vom 02.02.2011."
 
ceterum censeo
Der Wundbrand zerfrisst das alte Europa, weil es zu feige ist ein krankes Glied zu amputieren!
POPULISTISCHES MANIFEST(für die Rettung von ? Billionen Steuereuronen!):Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst einer europäischen Transferunion und Haftungsunion.Im Herzland des alten Europa haben sich die Finanzinteressen mit sämtlichen Parteien des Bundestages zu einer unheiligen Hatz auf die Geldbörsen des Volkes verbündet: ·   Die Schwarzen Wendehälse (die unserem Bundesadler den Hals zum Pleitegeier wenden werden),·   Die Roten Schafsnasen (vertrauensvoll-gutgläubig, wie wir Proletarier halt sind), ·   Die Grünen Postmaterialisten (Entmaterialisierer unserer Steuergelder wie unserer Wirtschaftskraft),·   Die machtbesoffenen Blauen (gelb vor Feigheit und griechisch vor Klientelismus), und selbstverständlich auch·   Die Blutroten (welch letztere die Steuergroschen unserer Witwen, Waisen und Arbeiter gerne auflagenlos, also in noch größerer Menge, gen Süden senden möchten).Wo ist die Opposition im Volke, die nicht von unseren Regierenden wie von deren scheinoppositionellen Komplizen als Stammtischschwätzer verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, welche sich der Verschleuderung der dem Volke abgepressten Tribute an die europäischen Verschwendungsbrüder wie an die unersättlichen Finanzmärkte widersetzt hätte?Zweierlei geht aus dieser Tatsache hervor:Das Volk wird von fast keinem einzigen Politiker als Macht anerkannt.Es ist hohe Zeit, dass wir, das Volk, unsere Anschauungsweise, den Zweck unserer Besteuerung und unsere Tendenzen gegen die fortgesetzte Ausplünderung durch das Finanzkapital bzw. durch die Bewohner anderer Länder und durch seine/deren politische Helfershelfer vor der ganzen Welt offen darlegen und dem Märchen von dem grenzenlosen Langmut der Deutschen den Zorn des Volkes selbst entgegenstellen.
Textstand vom 05.02.2012. Gesamtübersicht der Blog-Einträge (Blotts) auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm. Soweit die Blotts Bilder enthalten, können diese durch Anklicken vergrößert werden.

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