Essai 154: Über “Fettlogik überwinden” von Dr. Nadja Hermann

Eigentlich gehöre ich zu den sogenannten “Naturschlanken” und so erscheint es vielleicht etwas kurios, dass ich ein Buch lese, das sich Fettlogik überwinden nennt. Darauf gestoßen bin ich über den Blog (der ebenfalls “Fettlogik überwinden” heißt) der Autorin Dr. Nadja Hermann, die außerdem die wunderbaren Erzählmirnix-Comics zeichnet. Genaugenommen habe ich vorher immer gern die Comics gelesen und bin dann neugierig geworden, als sie einen zweiten Blog eingerichtet hat, der vor allem als Ergänzung zum Buch gedacht ist, aber auch sonst sehr lesenswert ist. Wer also nach meiner Rezension noch skeptisch sein sollte, ob er das Buch lesen soll, kann zuerst ein wenig auf dem Blog stöbern und schauen, ob er oder sie dann nicht auch mehr wissen möchte.

In Fettlogik überwinden nimmt die Autorin sämtliche “Fettlogiken” auseinander – das sind alle möglichen Mythen, Halbwahrheiten, Glaubenssätze und Pseudoweisheiten aus den Bereichen rund um Ernährung, Diät, Abnehmen und Gewicht – indem sie diesem ganzen Quark knallharte Fakten entgegensetzt. Diese untermauert sie mit sorgfältig, ausführlich recherchierten Quellen und Studien, erklärt, wie diese Fettlogiken zustandegekommen sein könnten und ergänzt die Tatsachen mit persönlichen Erfahrungen. Sie selbst nahm von 150 Kilogramm auf ein gesundes Normalgewicht ab. Das heißt, sie klugscheißt nicht einfach so vom hohen Ross herab und behandelt ihre Leser nicht wie dumme Idioten, sondern weiß ganz genau, wovon sie redet, hat es selbst erlebt und stellt sich mit den Lesern auf eine Stufe. Der Tonfall ist humorvoll, unterhaltsam, aber trotzdem unheimlich einfühlsam, respektvoll und mitreißend. Ich selbst habe das Buch innerhalb einer Woche durchgelesen und war danach so begeistert und motiviert, dass ich jetzt unbedingt allen Leuten erzählen will, wie toll dieses Buch ist und dass sie es auch unbedingt lesen müssen. Obwohl mich ja solche Leute sonst nerven, die so herummissionieren mit den Sachen, die sie gut finden. Aber dieses Buch ist wirklich gut!

Es zeigt nicht nur, wie schädlich Übergewicht ist, wie gesund Muskeln und ein normales Körpergewicht sind, sondern zeigt auch, welche Mechanismen dazu führen, dass man zu- oder abnimmt. Insofern ist Fettlogik überwinden auch für Menschen gut, die mit Untergewicht zu kämpfen haben oder eigentlich normalgewichtig, aber untrainiert sind (so wie ich vor ca. 2 Jahren). Und das Wunderbare ist: Die Mechanismen an sich sind ganz logisch, schlicht und ergreifend Physik. Wenn man mehr Energie (Kalorien) zu sich nimmt, als man verbrennt (durch Bewegung), nimmt man zu, weil die überschüssige Energie dann als Fettreserven abgespeichert wird. Nimmt man weniger Energie zu sich, als man verbrennt, geht der Körper an die Fettreserven und man nimmt ab. Das ist das Prinzip. Das Prinzip in die Tat umzusetzen, ist zwar wiederum nicht immer einfach, aber es ist eben auch nicht unmöglich. Jeder kann zunehmen, jeder kann abnehmen. Und das ist eine tolle Nachricht!

Dass jeder zunehmen kann, hatte ich nach meinem 30. Geburtstag allmählich erlebt. Ich dachte tatsächlich, ich wäre “naturschlank” und mein Körper wüsste schon von allein, was er braucht und deswegen müsste ich mir überhaupt keine Gedanken machen, dass ich jemals würde abnehmen müssen. 1,5 Jahre später fingen meine Hosen an zu kneifen, ich kam außer Puste oben an, wenn ich zwei Stockwerke die Treppen hochgelaufen war, allmählich änderte ich meinen Kleidungsstil hin zu sackartigen Schlabberpullis, ich war ständig müde und dauernd irgendwie erkältet. Ich war zu der Zeit seit etwa einem halben Jahr mit meinem Freund zusammengezogen und hatte noch keine Waage gekauft (als “Naturschlanke” braucht man so einen Quatsch schließlich nicht), deswegen dachte ich, na ja, wahrscheinlich schlafe ich einfach zu wenig und das mit den Hosen bilde ich mir sicher ein, die sind wohl nur eingelaufen. Eine Freundin sprach mich schließlich auf meine Schlabberpullis an und fragte, warum ich mich denn in letzter Zeit so nachlässig kleide und bemerkte, dass das nicht sehr schön aussehe. Meine Mutter machte dann ebenfalls kritische Bemerkungen darüber, dass ich zugenommen hätte und was sei das überhaupt für eine unförmige, scheußliche Hose, die ich da anhätte. Da war ich zunächst reichlich pikiert und meinte trotzig, das sei halt bequem. Trotzdem fing das langsam an, in mir zu rumoren und ich begann, daran zu zweifeln, dass ich gegen Gewichtszunahme immun wäre. Die Erkenntnis war endgültig gefallen, als mir meine absolute Lieblingshose platzte, als ich es mir auf dem Sofa gemütlich machen wollte. Sie ist regelrecht explodiert, war unflickbar am Hintern in alle Einzelteile zerschossen.

Schließlich kaufte ich doch eine Waage. Sieben Kilogramm hatte ich mir nichts dir nichts in 1,5-2 Jahren zugenommen und das war für mich erst einmal ein Schock. Wahrscheinlich denken jetzt alle, Alter, was hat die blöde Kuh hier eigentlich für Wohlstandswehwehchen, die soll sich mal nicht so haben, die verwöhnte Ziege. Ich sollte vielleicht hinzufügen, dass ich sehr klein bin, 1,58 Meter, und dass sieben Kilogramm bei mir schon ca. 2 Konfektionsgrößen mehr ausmachen, außerdem war das alles Fett und keine Muskeln, also war somit auch das Rätsel um meine schlappe Kondition gelöst. Und außerdem: Ich habe diese Hose wirklich geliebt! Nun hatte ich also einen BMI im oberen Normalgewichtsbereich von vorher bei 50 Kilogramm einen BMI im mittleren-unteren Normalgewichtsbereich. Da dachte ich dann auch zuerst, Donnerwetter, ich habe ganz bestimmt eine Schilddrüsenunterfunktion, das liegt schließlich in der Familie, und garantiert ist mein Stoffwechsel jetzt langsamer geworden, weil ich über 30 bin und allmählich alt werde. Tadaaa! Willkommen in der Welt der Fettlogiken!

Ein Check beim Arzt ergab, dass ich kerngesund war, und so musste ich mich wohl oder übel der Erkenntnis stellen, dass ich schlicht und ergreifend in letzter Zeit mehr gegessen hatte als früher (öfter mal ein Franzbrötchen oder Mandelhörnchen als Nervennahrung am Nachmittag, Pommes in der Mittagspause, abends was vom Asiaten, …) und mich weniger bewegte als noch zu Uni-Zeiten (Bürojob, nach dem Umzug einen um insgesamt 20 Minuten kürzeren Weg zwischen Bahn und Zuhause, …). Also meldete ich mich im Fitnessstudio um die Ecke an und fing an zu trainieren. Und ich, die ich mich immer für einen vom Schulsport traumatisierten Sportmuffel hielt, habe plötzlich richtig Spaß an der Bewegung. Inzwischen habe ich ein paar Muskeln aufgebaut und fühle mich so fit wie noch nie, bin nicht mehr dauernd müde (nur, wenn ich wirklich zu wenig geschlafen habe) und vor allem bin ich nicht mehr ständig erkältet. Wenn doch, haut es mich nicht so aus den Latschen und ist schneller überstanden als früher. Nichtsdestotrotz hatte ich ein Jahr, nachdem ich mit dem Sport angefangen hatte und dachte, Hurra!, jetzt kann ich ja wieder so viel essen wie ich will, von vier verlorenen Kilos drei wieder drauf.

Also musste ich wohl oder übel doch auch meine Ernährung umstellen. Erst war ich ein bisschen beleidigt und fand das gemein, weil ich das noch nie vorher gemacht hatte, auf meine Ernährung zu achten. Aber da habe ich mich wohl immer durch Zufall genug bewegt, sodass das nichts gemacht hat. Und da hat mir dann Fettlogik überwinden total geholfen, anzunehmen, dass ich ein ganz normaler Mensch bin, für den die Gesetze der Physik genauso gelten wie für alle anderen, und dass ich eben doch ein wenig gucken muss, dass meine Kalorienbilanz keinen Überschuss aufweist, wenn ich wieder bequem in meine alten Hosen passen will. Das habe ich dann schließlich auch gemacht und jetzt, ein Jahr später, habe ich mein Zielgewicht erreicht, und stelle fest, wenn man sich erst einmal umgewöhnt hat, ist das plötzlich gar nicht mehr so schwer. Die Erkenntnis, dass man abnehmen sollte, ist hart, die Umgewöhnung ist im ersten Moment, sagen wir, herausfordernd, aber danach wird’s besser und leichter.

Deswegen kann und möchte ich das Buch Fettlogik überwinden von Dr. Nadja Hermann allen wärmstens ans Herz legen, die entweder viel oder wenig ab- oder zunehmen, oder einfach ihr Gewicht halten und ihre Fitness verbessern wollen.


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