Essai 134: Über religiöse Gefühle

Dann will ich hier mal fröhlich auf dünnes Glatteis schliddern. Mein Eindruck ist, irgendwie ist ständig irgendwer beleidigt, weil er seine religiösen Gefühle verletzt sieht. Ich kann ja verstehen, dass man sauer ist, wenn man diskriminiert wird, weil man an dies oder das glaubt. Also, wenn man wirklich benachteiligt wird wegen seines Glaubens oder um sein Leben fürchten muss. So lange aber weder das eine noch das andere der Fall ist, sind Religion und Glaube Privatsache.

Natürlich gibt es sehr viele gemäßigt religiöse Menschen, die friedlich vor sich hin glauben und andere damit in Ruhe lassen. Leider fallen die nicht weiter auf, sondern nur diejenigen, die mit ihrer Religion hausieren gehen oder jedesmal eingeschnappt sind, wenn wieder ein Satiriker einen Witz gemacht oder religiösen Fanatismus kritisiert hat. So geschehen kürzlich mit Dieter Nuhr. Aber auch Carolin Kebekus hat schon Ärger gekriegt (und zwar nicht mit Moslems, sondern mit Christen). Und das Hamburger Thalia-Theater hatte vor rund drei Jahren auch mal ziemlichen Stress mit christlichen Fanatikern.

Und was nicht alles an Kriegen geführt wird wegen angeblicher religiöser Gefühle. In Gottes Namen werden Menschen umgebracht und das nur, weil ihre unsichtbare Macht, die für alles Unerklärbare verantwortlich gemacht wird, anders heißt als die der Angreifer. Was soll denn das? Können wir uns nicht einfach mal alle vertragen und akzeptieren, dass kulturelle Unterschiede nicht unsere eigene Kultur bedrohen, sondern sie bereichern? Nur weil das Fremde anders ist, müssen wir es doch nicht zum Feind erklären und zerstören.

Aber genau das passiert in letzter Zeit zunehmend. Pegida, Hogesa und diese ganzen Schwachköpfe, die Angst und Minderwertigkeitskomplexe haben und nichts zu tun. Allerdings macht man es sich zu einfach, wenn man das mit einem lapidaren “Sind halt Idioten” abtut oder sich arrogant über sie lustig macht. Überall in Europa sind die Rechten wieder en vogue und was sich da zusammenrottet, das sind Menschen, die unzufrieden mit ihrem Leben sind und nach Schuldigen suchen. Das sind dann meistens Einwanderer und Flüchtlinge, weil die sich nicht so gut wehren können. Es brauchen dann nur irgendwelche Rechtspopulisten herumzutröten, dass die an allem schuld wären und die Leute nehmen das dankbar auf. So viel verschwendete Energie, die man dazu hätte nutzen können, sein eigenes Leben zu ändern … Auf jeden Fall nutzen Rechtspopulisten in diesen Fällen gnadenlos verletzte religiöse Gefühle aus. Wobei hier dann eine bestimmte Vorstellung von Patriotismus als Ersatzreligion fungiert.

Glaube an sich ist ja eigentlich eine ganz friedliche, private Angelegenheit. Wer sich unter dem Deckmantel von einer Religion aufplustert und empört tut, sobald jemand anderer Meinung ist, sollte sich lieber mal wieder auf seinen Glauben besinnen. Und damit meine ich nicht irgendwelche längst überholten Dogmen oder willkürlich interpretierten, uralten Aussagen aus uralten Büchern. Sondern einfach, dass man mit seinem Glauben Ruhe und Sicherheit über den Sachverhalt gewinnt, dass man eben nicht alles wissen und erklären kann. Dazu braucht man den Glauben nicht unbedingt, aber es ist ein Hilfsmittel, gegen das sich nichts einwenden lässt. Solange es nicht in religiöse Gefühle ausartet, die dauernd beleidigt werden.

Denkt eigentlich bei alldem auch mal jemand an die atheistischen Gefühle anderer Leute? Die werden nämlich jedesmal beleidigt, wenn wieder irgendjemand Religion als Vorwand nimmt, um sich über irgendetwas künstlich aufzuregen, was eigentlich den ganzen Ärger nicht wert ist.

In diesem Sinne möchte ich mich einfach mal Jan Böhmermann und seinem Coming Out anschließen:

Bald ist Weihnachten und ganz gleich, welchen religiösen Hintergrund man hat, es sollte ein Fest der Liebe sein. Also noch einmal meine Frage: Können wir uns nicht einfach alle mal vertragen und miteinander auskommen?


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