es ist noch lange kein mauerfall

foto: rupertganzer cc licence by nc sa

aber erste ziegel lockern sich. was in den letzten tagen zwischen ungarn, österreich und deutschland passiert, ist erfreulich. sehr erfreulich. doch längst noch nicht der durchbruch in humanitäre zeiten europas.

während freie und organisierte helfer_innen die menschen aus syrien willkommen heissen, scheinen die offiziellen stellen nachwievor sowohl überfordert, überrascht bis unfähig mit der tatsache wirklich umzugehen. die bevölkerung ist offener, als es uns kleingeistige klein- und mittelformate oder foren weiss machen wollten. dennoch ist das alles kein anlass für irgendwelche anfälle von nationalstolz.

der eindruck der ersten tage bestätigte sich nun auch ende der woche und am wochenende: die öbb reagieren nicht nur flexibel und schnell, es wird auch eine haltung hinter den entscheidungen wahrgenommen, die sowohl von “ganz oben” aus den management-büros kommt, aber sehr gerne auch von den mitarbeiter_innen mitgetragen und umgesetzt wird.

die meisten politiker_innen der nationalstaaten und auch der eu haben jedoch immer noch nicht verstanden, was unausweichlich sein wird:

1. offene grenzen I
das bedeutet eben NICHT NUR dann und wann freien durchlass an binnengrenzen zwischen ungarn, österreich und deutschland, das bedeutet offene grenzen insbesondere auch an den aussengrenzen der festung europa. das muss aber auch bedeuten, dass es legale einreisemöglichkeiten auf allen wegen (auch flug) geben muss. die asylantragsabwicklung muss NACH der einreise in ein europäisches land passieren. (oder würde die feuerwehr zuerst die ausweise von menschen in einem brennenden haus kontrollieren, bevor sie sie aus der gefahr rettet?)

2. offene grenzen II
wer die hintergründe von flucht und migration einmal genauer betrachtet hat, wird zum schluss kommen, dass die humanitäre dringlichkeit, die viele jetzt im zusammenhang mit syrien erkennen, auch auf andere länder und kontinente zutrifft. in dieser einen welt sind wir alle in einem grossen gemeinsamen system. die offenen grenzen, wie sie jetzt menschen aus syrien (zwangsläufig?) angeboten werden, müssen für alle gelten. es ist nur zynisch, flüchtende menschen in solche und solche zu sortieren.

3. gleiches recht für alle I
in verschiedenen ländern (so auch in österreich) sind bereits geflüchtete menschen, die auf dem weg zu ihrem eigentlichen ziel zwangsangehalten, zwangsregistriert und wg dublin3 unauflöslich mit einem land, in welches sie gar nicht wollten, “zwangsverheiratet” sind. das muss ein ende haben. sämtliche dublin3-abkommen müssen in allen büros der eu-mitlgiedsstaaten und in brüssel geschreddert werden.

4. gleiches recht für alle II
es kann nicht sein, dass ganze nationalstaaten sich nicht den flüchtenden menschen öffnet. es kann auch nicht sein, dass sich staaten von dieser humanitären pflicht “freikaufen”. das offene europa muss mindestens so streng geahndet werden, wie die überwachung monetärer entscheidungen in der eurozone. geld kann nicht wichtiger sein als menschen.

5. der prozess des wandels I
dem hype wird die ernüchterung folgen. viele menschen helfen jetzt mit begeisterung. auch mit dem antrieb, dass hier “endlich was geschehen” muss und schnell eine “lösung” passieren muss. das geschehen ist aber ein langer prozess, der wir uns nicht mit schnellen massnahmen ersparen werden. die realität der migrationsströme wird uns alle und die generationen nach uns beschäftigen. dazu gehört auch die erkenntnis, dass wir alle verantwortlich sind, an einer aktiven friedenssicherung weltweit zu arbeiten.

6. der prozess des wandels II
aktive friedenssicherung ist nicht mit “peace”-fahnen in andere kontinente zu fahren. aktive friedensicherung bedeutet in erster linie, die machenschaften der waffenindustrie aufzudecken, bewusst zu machen und deren gewinne zu beschlagnahmen. konzerne, die mitten in europa sitzen gehören zu den grössten gewinner_innen von krieg, tod und noch mehr toten.

7. der prozess des wandels III
in dieser einen welt schaffen ungleichheiten konflikte. wirtschaftliche ungleichheiten sind die verlässlichsten motoren von konflikten, die dann – von religionen und sonstigen interessensgruppen und parteien instrumentalisiert – dauerhaft am kochen gehalten werden. wer frieden in der welt will, muss für eine welt sorgen, in der die lebenschancen zumindest ähnlich sind. ein leben in einem luxuskontinent neben anderen, die in not verzweifeln müssen, wird niemals dauerhaft funktionieren.

wir sind alle menschen mit der gleichen daseinsberechtigung auf dieser einen welt. lassen wir uns das niemals von kleingeistern kaputtmachen.

vielleicht sind wir auf dem weg dorthin.
nein: wir müssen auf dem weg dorthin sein, denn die alternative wäre wohl der weg in eine katastrophe.

also: wir sind auf dem weg dorthin.
aber
es ist noch lange kein mauerfall

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foto: rupert ganzer cc licence by nc sa

Schlagwörter: österreich, deutschland, flüchtlinge, mauerfall, ungarn, willkommene

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