Es hat sich ausgeschädelt!

Die namibische Delegation kommt heute zurück aus Deutschland und hat einige Schädel und, viel wichtiger!, gute Nachrichten im Gepäck. Die Weißen, wissen sie zu berichten, brauchen die Kopfknochen unserer Vorfahren nicht mehr. Sie haben aufgehört, Herero- oder Nama-Gebeine zu vermessen, abzuzirkeln, auszuloten. Kein Interesse mehr! Die weiße Wissenschaft hat nämlich vor geraumer Zeit herausgefunden, dass der schwarze Mensch sich körperlich nicht vom weißen Gott unterscheidet. Jetzt, da man das weiß, sind Schädel unoriginell geworden, weswegen man sie wieder ins Herkunftland mitnehmen konnte.

Unsere Knochen sind sicher, wird die Delegation sehr zur Freude der Namibianer bekanntmachen. Unsere Ahnenknochen und unsere eigenen Knochen! Der Weiße hat erkannt, dass das, was eigentlich vermessen, geeicht und erörtert werden sollte, nicht stofflich ist - keine verhärteten Zellen, kein weiches Gewebe. Der Schwarze unterscheidet sich innerlich nicht und äußerlich nur farblich. Und dennoch ist er anders. Nicht am Gehirn ist er es, denn das ist bei ihm auch blut- und leberfarbig, sieht auch bei ihm aus wie ein Bündel ineinandergewickelter Schlangen. Nicht am Gehirn unterscheidet er sich, im Gehirn ist er anders. Dort, wo man nicht messen kann, wo das Stoffliche als elektronischer Impuls geschieht. Und diese Impulse, die man nicht zwischen die Schenkel eines Meßschiebers zwängen kann, die keine Gestalt in Zehntelmillimeter annehmen können, die machen den Unterschied zwischen Namibia und weißer Welt aus.

Das sind so Impulse, die der Weiße im Schwarzen festgestellt hat - auch ohne Meßbarkeiten. Faulheit, fehlende Sozialisierung, kein Gemeinsinn, anarchische Strukturierung, keine Organisationsgabe, Boshaftigkeit, fortwährende Geilheit. Der weiße Mensch hat Fortschritte gemacht, wird die Delegation in Windhoek verkündigen, er hat uns als Menschentyp unter Menschen klassifiziert - der Halbaffe ist Geschichte, keiner verunglimpft uns mehr als Mittelwesen zwischen Mensch und Tier. Der Schwarze als Mensch! Aber ein intellektuell etwas rückständiger Mensch, was leider nicht nachzuweisen ist mit Maßeinheiten, was aber für den Weißen irgendwie auf der Hand liegt, wenn er auf diesen Kontinent blickt, auf den er für Ordnung sorgen möchte - die der schwarze Mensch aber nicht zulassen will. Er schickt Konzerne, die Ressourcen verwerten, stellt Zeit- und Schichtpläne auf, wandelt die wenigen noch verbliebenen traditionellen sozio-ökonomischen Strukturen zugunsten des Gemeinwohls um - und der Mensch in schwarz lernt nichts daraus. Das ist kein Problem des Schädelumfangs, haben die weißen Wissenschaftler irgendwann erkannt - und die öffentliche Ansicht der Weißen hat dann das Fazit gezogen, wenn es nicht der Schädelumfang ist, dann muß es der Umfang der Denkbegabung sein, der vollumfänglich eingeschränkt ist.

Damals haben sie den Negern die Schädel abgetrennt, weil sie sie verstehen, lesen wollten. Das taten sie eigentlich nur, weil sie deren Wohl im Auge hatten. Deshalb gilt der Völkermord an den Herero auch nur als Völkermord zweiter Klasse - war ja nicht böse gemeint, diese Neger wollten einfach nicht am Teutonenwesen genesen. Wenn sie sie begreifen, meinten die Weißen, dann könnten sie sie auch fachgerechter anleiten. Man muß Tiere erst sezieren, damit man sie gefügig machen kann. Jetzt nehmen sie den Schwarzen an die Hand, wie sie ihre eigenen verzogenen Rotznasen an der Hand packen - mit unmündigen Menschenwesen macht man das so. Das ist der Fortschritt, den die Weißen den Schwarzen haben angedeihen lassen. Man weiß, dass alle gleich sind und zeigt, dass sie es nicht sind. Aber das kann der Schwarze ertragen, solange man ihm nicht seine Knochen aus dem Leib reißt, um erneut zu beweisen, dass er eigentlich eine ganz andere Rasse ist, eine, die mit der schönen Seite dieser Welt nichts zu tun haben kann, zu tun haben soll.

Aus diesem Grunde können heute, mehr als hundert Jahre nach Erbeutung, die Schädel der Herero und Nama zurückgeschickt werden. Sie haben ausgedient, sie waren nutzlos, haben nicht bewiesen, was hätte bewiesen werden sollen. Obgleich: haben sie indirekt doch! Sie haben gezeigt, dass Weiß und Schwarz nur biochemisch verschieden sind, nicht biologisch. Denn seien wir doch ehrlich, wir weißen Herren dieser Welt: dass wir und die nicht auf einem Level der Evolution standen, das wussten wir schon immer irgendwie, als undefinierbares Bauchgefühl. Der Beweis hierzu ist nur verschoben, bis der heutige Hokuspokus der Gehirnforschung, den man betreibt, mal zu einer mathematisch genauen Wissenschaft geworden ist. Dann aber, dann beweisen wir es - und dann hat auch die moderne Afrikapolitik der Industrienationen Legitimität.


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