Ernährung in der Verhaltenstherapie

Die wenigsten Hundehalter kommen bei Problemen mit dem Hundeverhalten auf die Idee, auch über die Ernährung eine Besserung im Verhalten erreichen zu können. Das hat sicher auch damit zu tun, dass es ebenfalls nicht besonders populär ist, in der Humantherapie über die Ernährung zu arbeiten. Dabei gibt es auch dort viele Beispiele für erfolgreiche Umsetzung.

Hundekopf

In dem Artikel “Hund ist was er frisst”, der Teil der Artikelserie “Anti-Leinenrüpel-Guide” war, habe ich schon einmal das Thema Ernährung in der Verhaltenstherapie aufgegriffen. Auch der Hundeorganismus ist, genau wie der menschliche, eine hochkomplizierte Angelegenheit. Das Nervensystem, das Hormonsystem und das Gehirn sind für die Körperfunktionen zuständig. Das hört sich einfach an, ist es aber nicht. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle, so auch die Ernährung, die z.B. die Nährstoffe liefert, um Energie für all diese Vorgänge zur Verfügung zu stellen. Aber die Ernährung kann noch weitaus mehr.

Verhaltensprobleme durch Ernährung

Der Gedanke, dass Verhaltensprobleme auch durch falsche Ernährung ausgelöst werden, ist gar nicht abwegig. Das kann z.B. der Fall sein, wenn dem Organismus nicht genügend Nährstoffe zur Verfügung gestellt werden. Der Hund ist unzureichend versorgt und irgendwann macht sich dies bemerkbar. Das kann sowohl durch den Ausbruch körperlicher Erkrankungen geschehen, als auch über Verhaltensauffälligkeiten. So kann z.B. Schmerz dazu führen, dass der Hund schneller reizbar wird und so plötzlich verstärkt aggressive Verhaltensweisen an den Tag legt.

Schilddrüse

Viele Hundehalter werden bei problematischen Verhaltensweisen von Hundetrainern tatsächlich erst einmal zum Tierarzt geschickt: “Lassen Sie die Schilddrüsenwerte überprüfen!”. Denn – sowohl ein Mangel, als auch ein Überschuss an Schilddrüsenhormonen haben einen weitreichenden Einfluss auf den ganzen Organismus. Ist die Ernährung nicht bedarfsgerecht, kommt es zur Verschiebung der Schilddrüsenhormone.

Das hängt aber nicht alleine von der Versorgung mit Jod ab, wie allgemein angenommen, andere Nährstoffe spielen ebenfalls eine Rolle. So kann ein Eisen- oder Zinkmangel z.B. auch zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen, während eine Überversorgung mit diesen Nährstoffen zu einer Überfunktion führen kann. Es gibt verschiedene Substanzen in Nahrungsmitteln, wie z.B. in Kohl, Bohnen oder Erdnüssen, welche die Aufnahme von Jod behindern, was zu Problemen führen kann. Und auch eine sehr calciumreiche Fütterung kann die Jodaufnahme vermindern. Dies sollte übrigens auch bei der therapeutischen Gabe von Schilddrüsenhormonen berücksichtigt werden.

Proteine

Es gilt als erwiesen, dass ein hoher Proteinanteil in der Nahrung zu einer verstärkten territorialen Aggression führen kann. Das hat mit der Umwandlung der Aminosäure Tryptophan in das Hormon Serotonin zu tun. Serotonin beeinflusst Stimmungen, Erregungszustände und Schmerzempfindlichkeit und ein Mangel gilt gemeinhin als Schlüsselfaktor bei der Entstehung von Aggressivität, asozialem Verhalten, Störungen der Aufmerksamkeit oder auch Angstzuständen. Obwohl man jetzt meinen würde, je mehr Eiweiß (Proteine) der Hund bekommt, desto mehr Tryptophan bekommt er auch, desto mehr Serotonin wird gebildet, ist diese Annahme leider falsch. Tryptophan konkurriert an der sogenannten Blut-Hirn-Schranke mit anderen Aminosäuren, z.B. mit Tyrosin und wird dort von diesen abgeblockt.

Hundekopf

Tyrosin ist die Vorstufe zu Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin. Noradrenalin ist z.B. verantwortlich für hochgradige Erregungszustände, welche zu Aggression führen. Ein hoher Proteinanteil führt also dazu, dass weniger Serotonin gebildet wird. Auch der Verzicht auf Kohlenhydrate begünstigt diesen Effekt. Kohlenhydrate stimulieren nämlich die Insulinproduktion. Insulin wiederum leitet große neutrale Aminosäuren an der Blut-Hirn-Schranke in das Muskelgewebe um. Tryptophan allerdings nicht, dieses hat dann freie Bahn und kann für eine ausreichende Serotonin-Produktion sorgen.

Andererseits ist es auch kontraproduktiv, wenn das Eiweiß aus der falschen Quelle kommt. Ist der Eiweißlieferant z.B. Mais, wird ebenfalls zu wenig Serotonin gebildet, weil Mais sehr arm ist an Tryptophan.

Ernährung als Therapie

Alles, was in der Hundeernährung problematisches Verhalten begünstigen kann, kann im Umkehrschluss natürlich auch zu Therapiezwecken eingesetzt werden.

Es lohnt sich immer, zunächst einmal die gewohnte Ernährung des Hundes auf verschiedene Faktoren abzuklopfen. Was frisst der Hund überhaupt? Welche Komponenten sind enthalten, die eventuell zu unerwünschten “Nebenwirkungen” in Form von problematischem Verhalten beitragen könnten? Wie hoch ist der Eiweißgehalt? Sind alle Nährstoffe optimal abgedeckt? Hier gilt es zunächst einmal, die Zusammensetzung zu optimieren.

Ein Blutbild spiegelt übrigens nicht die tatsächliche Nährstoffversorgung wieder. Um die Nährstoffversorgung zu überprüfen lohnt es sich eher, die praktizierte Ernährung direkt auf ihre Bedarfsdeckung hin zu checken.

Dann kann man noch einige Schritte weiter gehen, indem die Zusammenstellung der Nahrungskomponenten so ausgewählt wird, dass sie das Verhalten positiv beeinflussen können.

So haben die Vitamine aus dem B-Komplex, ebenso wie Magnesium, eine beruhigende und stressmindernde Wirkung. Bei Hunden, die unter großer Unruhe leiden, kann besonders die erhöhte Zufuhr an Vitamin B6 und Zink  sehr positive Auswirkungen haben. Vitamin B3 hat im zentralen Nervensystem eine ähnliche Wirkung wie angstlösende Beruhigungsmittel. Bei erhöhter Aggression, Angstzuständen, eingeschränkter Lernfähigkeit kann eine erhöhte  Zufuhr an den ungesättigten Fettsäuren Linolsäure und A-Linolensäure hilfreich sein, diese sind wichtig für Gehirnfunktionen und werden in der Humanmedizin z.B. erfolgreich bei der Therapie von AD(H)S eingesetzt.

Auch die Proteinzufuhr kann zu therapeutischen Zwecken reduziert werden. Es wurde in Studien nachgewiesen, dass eine Senkung auf einen Proteingehalt von 17-25 % die Aggressivität verringerte. Weiter können Kohlenhydrate integriert werden (kein Mais!), die am optimalsten etwa 2 Stunden nach der eiweißhaltigen Mahlzeit gefüttert werden. Durch die Zugabe von Vitamin B6 kann die Umwandlung in Serotonin noch weiter unterstützt werden.

HundekopfEs lohnt sich auf jeden Fall, bei problematischen Verhaltensweisen auch die Ernährung in die Therapie mit einzubeziehen. Oft kann auch eine körperliche Erkrankung zu Symptomen führen, die sich über veränderte Verhaltensweisen zeigen. Oder die Nahrung kann so gestaltet werden, dass sie therapeutische Wirkung hat. Häufig kann die richtige Ernährung die Basis für eine erfolgreiche Arbeit am Problemverhalten schaffen, da man mit den richtigen Nahrungskomponenten für eine ruhige Grundhaltung sorgen kann.

Aggression gegen Menschen oder auch Artgenossen scheint ein Problem zu sein, das immer häufiger auftritt. Dies könnte einen deutlichen Hinweis darauf liefern, dass bei vielen Hunden die Ernährung leider nicht optimal gestaltet ist. Es gibt mittlerweile eine Reihe Untersuchungen an Tieren und Menschen, die zeigen, dass die Serotoninproduktion einen großen Einfluss auf das Aggressionsverhalten hat.


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