Eisenmangel muss neu definiert werden

Ärztliche Erfahrung der letzten Jahrzehnte hat ergeben: Viele Frauen, die an Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Depressionen, Schlafstörungen, Nacken- und/oder Kopfschmerzen, Schwindel oder Haarausfall leiden, benötigen einfach Eisen, und zwar weitaus mehr, als derzeit empfohlen wird. Die Barriere, die dieser Erkenntnis entgegensteht, ist der offenbar falsch festgelegte Grenzwert für das Speichereisen in unserem Körper. Dieser fatale Irrtum verlängert indes das Leiden von nicht wenigen Patienten, besonders von Frauen. Vor allem in deren Interesse ist es höchste Zeit für ein Umdenken.

Muss das Kind erst in den Brunnen fallen?

Gelehrt und infolgedessen weithin geglaubt wird bis heute, ein Mangel an Eisen sei erst dann mani-fest, wenn die im Körper vorhandene Menge dieses Elements derart weit abgesunken ist, dass sie für die normale Blutbildung nicht mehr ausreicht und es dadurch zu einer Eisenmangelanämie IDA (Iron Deficiency Anemia) kommt. Diese Position lässt jedoch völlig außer Acht, dass bereits bei einem weitaus geringeren Eisendefizit nicht wenige ernsthafte und zudem oft langwierige Beschwerden auftreten können, unter denen die Betroffenen oft jahrelang zu leiden haben.

Überall im Körper wird dieses Element gebraucht

Hierin vor allem liegt die Tragik des systemrelevanten schulmedizinischen Irrtums: Frauen mit de-pressiven Zuständen, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Konzentrationsstörungen sind in der Regel nicht „psychosomatisch“ krank.Im Gegenteil: In diesen Fällen ist nicht die Psyche schuld daran, dass Körperfunktionen gestört werden, sondern ein handfestes Defizit im Körper macht nicht nur diesen selbst, sondern oft auch die Psyche krank. Es handelt sich also eher um eine „somatopsychische“ Problematik. Eisen wird nämlich nicht nur für die Blutbildung benötigt, sondern auch für Dutzende anderer Lebensvorgänge in unserem Organismus wie beispielsweise die Hormonbildung, aber letztlich auch für die Bildung der Zellenergie – also der Lebensenergie schlechthin. So erstaunt es eigentlich nicht, dass bei einer Unterversorgung mit diesem wichtigen Element, wie schon gesagt, solche Symptome auftreten können, wie sie hier geschildert wurden.

Eine Entdeckung wurde verschüttet

Von dieser Erfahrung ließen sich bereits Mitte des vorigen Jahrhunderts die Doktoren F. Leibetseder und H. Kosanowski leiten, beides Ärzte der Universitätsklinik Innsbruck. Sie erkannten und beschrieben dieses breit gefächerte Krankheitsbild erstmalig als ein Syndrom: das Eisenmangelsyndrom. Leider geriet dieses gesundheitspolitisch wichtige Wissen – aus welchen Gründen auch immer – bald wieder in Vergessenheit. Erst rund 40 Jahre später, nämlich 1998, wurde es in der Schweiz im Gefolge intensiver ärztlicher Praxis wiederentdeckt und als das Iron Deficiency Syndrome (IDS) beschrieben. Es gilt nachweislich als das symptomatische Frühstadium eines Eisenmangels, bei dem es bereits lange vor der dadurch drohenden Anämie zu einem oder auch zu mehreren der oben beschriebenen Symptome gekommen ist.

Ist der „maßgeschneiderte“ Befund wichtiger als das Befinden?

Unser Körper speichert das von ihm im Normalfall aus der Nahrung aufgenommene Eisen in Form einer speziellen Verbindung mit dem Namen Ferritin. Der im Blut nachweisbare Wert für dieses Depot-Eisen repräsentiert sowohl den Füllungsstand unserer Eisenspeicher als auch die Eisenkonzentration im gesamten Organismus. Unter labormedizinischen Gesichtspunkten wird bisher ein Abfallen dieses Vorrates an Eisen leider erst dann ernst genommen, wenn der Ferritinwert im Blut unter eine Konzentration von 10 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) gerutscht ist. Aber dann tritt eben fast immer eine Eisenmangel-Anämie auf, die leicht zu erkennen ist! Die Festlegung des Normbereichs für Ferritin im Blut – offiziell noch zwischen 10 und 400 ng/ml – ging folglich von dieser gefährlichen Untergrenze aus. Ein Ferritinwert hat demnach schon bzw. noch als normal zu gelten, wenn er diese ominöse 10 erreicht oder überschritten hat. Das Schlimme dabei ist, dass man diese Auffassung für sakrosankt erklärt hat. Wie es jedoch bei einem diesen Vorgaben entsprechenden Befund um das Befinden der Betroffenen steht, das scheint hierbei nicht sonderlich zu interessieren. Das schiebt man lieber auf andere „Gefechtsfelder“ ab; denn es kann ja ex cathedra nichts mit Eisenmangel zu tun haben! Die Wirklichkeit sieht aber bekanntlich anders aus. Immerhin hat sich schon seit Längerem herausgestellt, dass sich bei vielen jener Patienten, die unter den oben genannten Symptomen leiden, der Ferritinwert sehr wohl noch innerhalb dieser als „Norm“ deklarierten Spanne bewegt – bei Frauen im Menstruationsalter und Kindern durchschnittlich im Raum um die 30 ng/ml, bei Männern hingegen zwischen 150 und 200 ng/ml!

Versuchen wir es einfach mal mit Logik!

Wenn ein Ferritin-Wert zwischen 10 und 400 tatsächlich normal wäre, müsste es dann nicht auch normal sein, dass Menschen, deren Speichereisen sich in diesem Bereich (wohlgemerkt auch in dessen unterer Hälfte!) bewegt, keine der hier genannten Symptome aufweisen, welche nach entsprechenden Eisengaben wieder verschwinden?! Realität aber ist, dass genau diese Beschwerden sehr häufig beklagt werden, insbesondere von Frauen im Menstruationsalter. Die sogar von hohen universitären Instanzen vorgegebene Norm scheint folglich nicht sehr belastbar zu sein. Offen gesagt: Sie ist schlicht falsch! Der gleiche Zusammenhang zeigt sich auch aus der anderen Perspektive: Patientinnen mit den genannten Symptomen bei angeblich normalen Ferritin-Werten werden recht schnell beschwerdefrei, sobald die Substitutionsbehandlung abgeschlossen ist, und – siehe da! – ihr Wert für das Speichereisen liegt nun weit über der bislang „gestatteten“ Untergrenze. Nach einer erfolgreichen Behandlung misst man ihn in der Regel sogar im Bereich zwischen 100 und 200 ng/ml, was erfahrungsgemäß der beste ist. Sollte ein derartiges gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Symptomen und Ferritin-Optimum nicht jeden aufmerksamen Arzt wenigstens nachdenklich machen?

Hinein in die medizinische Sackgasse?

Weil das Eisenmangelsyndrom jedoch selbst von der Hochschulmedizin bis dato nicht beachtet, geschweige denn gelehrt wird, werden die davon Betroffenen von ihren Ärzten gar nicht erst als Eisenmangelpatienten erkannt. Demzufolge behandelt man sie beim besten Willen auch nicht ursächlich. Mehr noch: Sie geraten gleichsam in eine medizinische Sackgasse, eine „diagnostisch-therapeutische Falle“: Ihre Beschwerden werden unnötigerweise, oft geradezu endlos und deshalb mit (jedenfalls in der Summe) hohen Kosten intensiv abgeklärt. Am Ende einer solchen Doktor-Odyssee – weit weg von den Gestaden der wahren körperlichen Ursache – wird den auf diese Weise Traktierten nicht selten der Psychiater als Kap der letzten Hoffnung empfohlen, mitunter leider auch als die letzte Station!

… in die man gar nicht erst geraten muss!

Auf der Basis der Leibetseter/Kosanowski’schen Erkenntnisse jedoch und deren Baseler Wiederentdeckung hat sich mittlerweile herausgestellt, dass heute von frühem Eisenmangel Betroffene vor dieser Falle durchaus bewahrt werden können. Die meisten von ihnen können bald wieder völlig genesen. Dies, sofern man ihnen nach der labortechnischen Überprüfung – ihr Ferritin-Wert liegt zu diesem Zeitpunkt oft weit unter 100 ng/ml – das fehlende Eisen verabreicht. Es ist seit vielen Jahren dokumentiert, dass zwei von drei dieser Patienten (also über 60 Prozent und vor allem Frauen!) durch eine individuell dosierte und streng kontrollierte Eisentherapie wieder gesund werden, und das ausgesprochen nachhaltig. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Immer dann, wenn Patientinnen nach einer entsprechenden Gabe von Eisen ihre Symptome verlieren und wieder genesen, kann die Diagnose Eisenmangel als gesichert gelten. Nur diejenigen, die sich dann immer noch krank fühlen, müssen selbstverständlich auf andere Weise weiterbehandelt werden – vielleicht nun wirklich auch psychotherapeutisch. Aber eben erst in zweiter Linie! Diese fast automatische „Weichenstellung“ passiert erfahrungsgemäß relativ schnell, meist bereits innerhalb von 4 bis 6 Wochen. Optimal für ihre Realisierung ist es, wenn sie – auch im Hinblick auf eine spätere Erhaltungsgabe – gemäß dem Swiss Iron System SIS erfolgen kann, einem Diagnose-und-Therapie-System, das heute in den Ärztlichen Eisenzentren der Schweiz, aber auch schon Deutschlands und Österreichs angeboten wird.

Längst ist es zum Politikum geworden

Das Thema Eisenmangel hat aber auch einen politischen Aspekt. Gemäß Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden vier von acht Milliarden Menschen an Eisenmangel. 500‘000 davon sterben pro Jahr an einer Eisenmangelanämie, dem eigentlich rechtzeitig verhinderbaren Spätstadium des außerordentlich verbreiteten Eisendefizits. Ist es noch hinzunehmen, dass von uns Medizinern diese Tatsache, wenn man so will, „schulterzuckend“ akzeptiert wird? Dürfen wir eigentlich noch ruhigen Gewissens auch weiterhin die überholte Auffassung tolerieren, wonach die Anfänge des Eisenmangels, denen man eigentlich wehren müsste, „als normal“ zu gelten haben? Und dies nur deshalb, weil sie noch nach altem Wissensstand (eben viel zu niedrig) angesetzten Laborparametern entsprechen? Die Schweiz ist das erste Land, dessen Ärzte in der Lage sind, die von der WHO signalisierte Eisenmangelpandemie erfolgreich zu erkennen und auch zu behandeln. (Immerhin ist etwa eine Million Schweizer davon betroffen). Würde man jedoch weltweit alle Eisenmangelpatienten behandeln können, dann hätten wir – hochgerechnet – 2‘666 Millionen weniger (!) Patienten auf unserem Planeten. In die-sem Eisen-Blog soll deshalb über die wichtigsten Aspekte dieser Mangelkrankheit aufgeklärt werden. Gleichzeitig wird ein Konzept vorgestellt, nach dem eine optimale Diagnostik, Therapie und Prävention erfolgen kann. Es ist das Swiss Iron System (SIS), das sowohl Patientinnen als auch Ärzten dienen soll. In diesem Blog wird notwendigerweise auch die Gesundheitspolitik kritisch beleuchtet. Würde man nämlich alle Eisenmangelpatientinnen schon im Frühstadium des Eisenmangelsyndroms erkennen und behandeln, könnte man dank einer gesünderen Bevölkerung sogar noch Krankenkassen-Prämien in Milliardenhöhe einsparen.

Vor allem soll dies ein Blog für Frauen sein

Weil vor allem Frauen, speziell im Menstruationsalter, häufig unter Eisenmangel leiden, wird dieser Blog, wenn auch nicht ausschließlich, so doch vornehmlich für sie geschrieben werden. Und deshalb wird in seinen Beiträgen auch meist von Patientinnen gesprochen und nicht von Patienten. Ungeachtet dessen sollen von dieser Informations-quelle selbstverständlich auch Männer angesprochen werden, betont übrigens auch Kinder, speziell solche, die unter dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom leiden, auch deren Eltern, Lehrer und Kinderärzte sowie nicht zuletzt die durch eine mangelhafte medizinische Diagnostik bedrängten Psychiater.

Wer die künftigen Blog-Einträge liest, erfährt alles Wichtige über Diagnostik, Therapie und Prävention von Eisenmangel. Jede Frau kann lernen, wie sie mit dem Eisenproblem umgehen muss. Dazu benötigt sie das Rüstzeug, das in diesem Blog angeboten wird. Ein Rüstzeug, das vielen Medizinern leider fehlt. Gemeinsam – gewissermaßen direkt demokratisch nach typisch Schweizerischer Manier – nehmen die aufgeklärten Patientinnen in dieser Sache mit ihren Ärzten einen wichtigen Schulterschluss vor. Sie lassen sich erfolgreich behandeln und korrigieren damit gemeinsam ein bisheriges Erkenntnisdefizit der Medizin.

Für FrauenBlog von Dr. med. Beat Schaub, Swiss Iron Health Organisation SIHO

Dr. med. Beat Schaub
Erstes Ärztliches Eisenzentrum, Binningen (www.eisenzentrum.org)
Swiss Iron Health Organisation SIHO, Basel (www.siho-global.org)
Praxisstudie der SIHO (www.eurofer.ch)


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