Eine Riesenschweinerei im Kunstbetrieb Zürichs! Lesen Sie bitte die ganze Geschichte!

Aus der FAZ, Samstag, 11. Mai 2019
Monument für eine entfernte Frau
Die Unternehmerin und Feministin Heidi Weber beauftragte einst Le Corbusier, ein Museum zu bauen. Sie betrieb es auf eigene Faust. Zürich übernahm und sanierte es – und strich ihren Namen. Warum?
ZÜRICH, 10. MaiEs kommt eher selten vor, dass eine Frau ein Museum baut. Normalerweise ist das das Privileg meist männlicher Milliardäre oder Philanthropen, ob es nun das Getty in Kalifornien oder Pinault in Paris ist. Und allein schon deswegen ist die Geschichte des Museums, das die heute Einundneunzigjährige Schweizer Unternehmerin und Feministin Heidi Weber bauen ließ, beachtenswert: In den späten fünfziger Jahren hatte sie die Produktion der Avantgarde-Möbel des Architekten Le Corbusier wiederaufgenommen, 1964 hatte sie ihn mit dem Entwurf eines Museums beauftragt, das der letzte Bau des 1965 bei einem Badeunfall gestorbenen Architekten werden sollte.Das Museum eröffnete 1967 und wurde in den folgenden Jahrzehnten als „Heidi-Weber-Museum – Centre Le Corbusier“ international bekannt. 2014 lief die Pacht auf dem Seegrundstück, auf dem das Museum steht, ab. Die Stadt Zürich erwarb das Gebäude und schaffte es, Weber aus jeder Rolle im zukünftigen Leben des Museums herauszudrängen. An diesem Wochenende nun wird es nach zweijährigen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten fürs Publikum wiedereröffnen – allerdings ist der Name der Schweizerin aus dem „Pavillon Le Corbusier“ entfernt worden. Man will offenbar nur noch an einen der wichtigsten Architekten der Moderne erinnern, aber nicht an die Frau, die seine Architektur möglich machte. „Seit fünfzig Jahren hat die Regierung mein Museum weder unterstützt noch mit einem einzigen Schweizer Franken gefördert“, sagt Weber. „Dann hatten sie einen plötzlichen Bewusstwerdungsanfall und beschlossen, es handele sich hier um ein nationales Kulturerbe.“ Le Corbusier hatte Weber einst zur Repräsentantin seiner künstlerischen Produktion ernannt, sie war die Erste, die internationale Ausstellungen seiner Werke kuratierte, und sie organisiert weiterhin Tournee-Ausstellungen seiner Kunst. Sie war es auch, die den geborenen Schweizer, der seit den zwanziger Jahren in Paris lebte und schließlich französischer Staatsbürger wurde, überhaupt überzeugte, in seine Heimat zurückzukommen. Sie machte es möglich – als damals selbständige, alleinerziehende Mutter, die das Projekt aus eigener Tasche durch den Verkauf ihres Hauses und praktisch jedes Vermögenswertes in ihrem Besitz finanzierte –, dass Le Corbusier wieder in der Schweiz baute.Doch anstatt Weber dafür zu ehren, lässt man nichts unversucht, um ihren Namen auszuradieren. Während der Pressekonferenz am Mittwoch in Zürich zur Wiedereröffnung des Museums wurde Zürichs Stadtpräsidentin Corinne Mauch gefragt, warum man den Namen einer der prominentesten Schweizerinnen und Vorkämpferinnen des Feminismus tilge – obwohl man doch eine rechtsverbindliche Vereinbarung unterschrieben habe, dass der Name erhalten wird. Antwort: „Heidi Weber hat uns dies explizit untersagt.“ Weber bestreitet dies vehement und verklagt die Stadt Zürich. Mauch führe die Öffentlichkeit bewusst in die Irre, erklärte Weber gegenüber dieser Zeitung. Da Archivmaterialien, Korrespondenzen und die gesammelten Werke von Le Corbusier, die im Museum gezeigt wurden, Weber gehörten und die Stadt nicht bereit gewesen sei, diese Sammlung zu kaufen, bat Weber die Stadt, das Haus als Ort anzulegen, an dem Wissenschaftler und andere Interessierte in Zukunft zum Werk Le Corbusiers forschen können, so, wie der Architekt es erhoffte. „Aber sie entschieden einfach, dass sie meinen Namen nicht mehr auf dem Titel haben wollten.“Die Fakten stützen Webers Erklärung. Sie hat schon mehr als hunderttausend Franken an Anwaltskosten investiert, um die Stadt zu zwingen, den Namen des Museums wiederherzustellen; warum sollte sie nicht wollen, dass ihr Name Teil des Hauses bleibt? Zürichs Kulturchef Peter Haerle schrieb noch im August 2014: „Für uns steht schon jetzt fest, dass Frau Heidi Weber als Initiatorin und Mäzenin in die zukünftige Bezeichnung des Hauses eingeschlossen werden muss. Ich schlage vor, dass wir dazu einen Spezialisten für Branding beiziehen und eine kleine Studie machen lassen mit möglichen Bezeichnungen und deren Wirkungspotenzial. Dann haben wir eine Entscheidungsgrundlage, über die wir sprechen können. Ich bin überzeugt, dass wir einen guten und sinnvollen Namen finden, der die Leistung von Frau Heidi Weber würdigt.“ Doch offenbar war man zur Ansicht gekommen, dass ein kürzerer Titel sich besser als „Brand“ verkaufen lässt.Der Fall ist insofern keine Provinzposse, als er zeigt, wie die Rolle von Frauen in Kultur und Architektur systematisch marginalisiert wird. Schon 2014 hatte die Stadt Weber recht unsanft aus ihrem eigenen Gebäude getrieben, indem sie das Mittel eines umstrittenen Zwangskaufs anwendete, der ihr die recht niedrige Summe von 1,06 Millionen Franken im Gegenzug für die „Spende“ ihres Museums an die Stadt einbrachte, ein Deal weit unter Marktwert, der heute von einem unabhängigen Schweizer Architekturbüro auf 18 Millionen Schweizer Franken taxiert wurde – und diese Summe berücksichtigt nicht den Mehrwert des Gebäudes als historisches Wahrzeichen. Zur Eröffnung redet man nun nicht über die mögliche Zukunft des Hauses als Ort der Erforschung und des Weiterdenkens moderner Architektur, sondern vor allem über die rücksichtslose Behandlung von Weber – schließlich ist sie nicht nur Le Corbusiers letzte lebende Mitarbeiterin und Geschäftspartnerin, sondern auch Initiatorin dieses Baus, der sein architektonisches Vermächtnis ist und als spekulative Brücke zwischen seinem modernistischen Stil und dem der Postmoderne angesehen werden kann. Architekturwissenschaftler betrachteten das Haus als radikalen Abschied von seinen Beton- und Steinkonstruktionen. Der leichte Stahl- und Glasbau – der einzige dieser Art im Werk LeCorbusiers – ist ein Gesamtkunstwerk, das der Schweizer Kunsthistoriker Siegried Giedion als „Synthese der Künste“ bezeichnete. Immerhin von 1967 bis 2014 besaß und betrieb Weber das Haus, das viele seiner wichtigsten Ölgemälde beherbergt, dazu Zeichnungen und originale Möbelprototypen aus ihrer eigenen Sammlung – und gerade diese Mischung war es, die begreifen ließ, wie Le Corbusier beim Erfinden neuer Formen Zeichnung und Malerei, Skulptur, Technologie und sogar Lyrik als Teile eines neuartigen Formlaboratoriums einsetzte.Heidi Weber war im konservativen sozialen und politischen Klima der Schweiz vielen als Feministin und Querulantin ein Dorn im Auge, zumal sie sich öffentlich für das Frauenwahlrecht einsetzte, das in der Schweiz erst 1971 flächendeckend eingeführt wurde. Auch Le Corbusier, erinnert Weber, „hasste die Schweizer Mentalität, ihre provinzielle Haltung. Es war die gleiche engstirnige und paternalistische Haltung, die es Frauen unmöglich machte, zu wählen. Dagegen habe ich mein ganzes Leben gekämpft.“ Warum aber jetzt diese Auslöschung des Namens einer Frau, der die Schweiz viel zu verdanken hat und die das Museum im Alleingang finanzierte und ein halbes Jahrhundert lang kuratierte? Will man beweisen, dass, nachdem das Bankgeheimnis fiel, wenigstens die alte Herrenclubmentalität in der Schweiz in MeToo-Zeiten noch eine Heimat hat? Weber jedenfalls sieht ihren Kampf gegen die Stadt Zürich auch als Kampf „im Namen aller Frauen, die immer noch um ihren Platz in der Gesellschaft kämpfen“. HEIDI WEBERHarold von Kursk
Dieser Text mit der Erwähnung von Heidi Weber findet sich auf der Homepage des Museums. Die schreiende Ungerechtigkeit gegenüber der Gründerin und letzten lebenden Mitarbeitern von Le Corbusier bleibt aufrecht.
„Der Pavillon Le Corbusier am Zürichsee gilt als architektonisches Juwel. Es ist der letzte Bau des bedeutenden Architekten und sein einziger Bau aus Stahl und Glas. Nach umfassender Renovation erstrahlt er in neuem Glanz und bietet in den Sommermonaten eine einmalige «promenade architecturale» über mehrere Geschosse. Das Gebäude wurde von Heidi Weber initiiert, von ihr bei Le Corbusier in Auftrag gegeben und unter ihrer Bauherrschaft 1967 vollendet. Seit 2019 wird der Pavillon durch das Museum für Gestaltung Zürich im Auftrag der Stadt Zürich als öffentliches Museum geführt.“

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