Eine merkwürdige Geschichte

Kateřina Tučková - Das Vermächtnis der Göttinnen. Eine merkwürdige Geschichte aus den Weißen KarpatenEine merkwürdige Geschichte

Seit Generationen leben in Hütten in den Weißen Karpaten die sogenannten Göttinnen. Von weit her pilgern die Leute in die einsame Bergregion, um diese Frauen um Hilfe zu bitten. Geldsorgen, Krankheiten, erfolglose Söhne und unverheiratete Töchter - die Menschen glauben, dass die Göttinnen ihnen bei der Lösung solcher Probleme helfen können. Dora ist die Letzte eines dieser alten Heilerinnengeschlechter, doch sie hat sich schon vor Jahren der Wissenschaft verschrieben. Ein Auslöser dafür war der Wunsch, den Ruf ihrer Vorfahren reinzuwaschen. In Zeiten der Sowjetunion wurden die Göttinnen als systemfeindliche Elemente vom Staat kontrolliert und inhaftiert. Und nicht nur das - im Rahmen ihrer Nachforschungen für ihre Diplomarbeit ist Dora damals über Hinweise gestolpert, dass die Göttinnen zu Zeiten deutscher Besatzung mit den Besatzern paktiert haben könnten.

Doras Diplomarbeit entsteht noch zu Zeiten der Sowjetunion und ihr Zugriff auf Quellen ist eingeschränkt. Doch nach dem Ende der Union öffnen sich die Archive der Staatssicherheit und Dora macht sich ein weitere Mal daran, die Geschichte der Göttinnen aufzurollen. Tučková tänzelt in ihrer Erzählung zwischen verschiedenen Zeiten, zwischen historischen Dokumenten, Träumen und Wirklichkeit hin und her. So präsentiert sie nicht nur einen spannenden Prozess der Geschichtsaufarbeitung in einem Land, das von verschiedenen Mächten okkupiert worden ist und nun mit diesem Erbe zu hadern hat. Sie erzählt auch eine interessante (und merkwürdige) Familiengeschichte: es geht um Mord und Totschlag, um enttäuschte Hoffnungen und starke Frauen, die sich gegenseitig sozusagen nicht einmal den Dreck unter den Fingernägeln gönnen. Es geht um Aberglauben, Religion und alte Magie und selbst Dora, die sich mit aller Kraft dagegen wehrt, sich übernatürlichen Kräften zu fügen, hadert mit der Tatsache, dass auf ihrer Familie ein Fluch zu lasten scheint.

Kateřina Tučková gelingt etwas, das nicht vielen Schriftstellerin gelingt: sie verknüpft sehr gekonnt Fiktion und Historie. Gleichzeitig schafft sie mit zwei Morden einen Spannungsbogen, der stellenweise beinahe Krimi-Züge annimmt. Sie beschreibt den fortwährenden Aberglauben der Landbevölkerung ebenso einfühlsam wie Doras dringendes Bedürfnis nach Aufklärung. Ab und an scheint Tučková in ihrem Bemühen, der akribischen historischen Aufarbeitung dramatische Belletristik gegenüberzustellen, zu eifrig. Dann rutscht die Geschichte in kitschige Gefilde ab und die Sprache spiegelt das wider. Davon abgesehen, hat sie mit Das Vermächtnis der Göttinnen einen unterhaltsamen Dokumentationsroman vorgelegt.

Ich danke der DVA für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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