Ein Wochenende in Heidelberg (3): Von Studentenküssen und dem Studentenkarzer

Ein Wochenende in Heidelberg (3): Von Studentenküssen und dem Studentenkarzer


Am letzten Tag unseres verlängerten Wochenendes in Heidelberg, am Montag, sah das Wetter immer noch nicht besser aus und wir waren schon drauf und dran, uns gleich wieder auf den Nachhauseweg zu machen.
Der Wetterbericht sagte aber für den späten Vormittag eine Besserung voraus – deshalb sind wir nochmal mit dem Bus in die Altstadt gefahren.
Am Universitätsplatz sind wir ausgestiegen.
Am Vortag hatten wir uns noch einen kleinen Reiseführer besorgt, in dem ein Rundgang durch die Altstadt beschrieben wird, der von dort startet.


Ein Wochenende in Heidelberg (3): Von Studentenküssen und dem Studentenkarzer


Die Heidelberger Universität


Nachdem Papst Urban VI. dem Kurfürsten Ruprecht im Oktober 1385 die Erlaubnis zur Einrichtung einer Universitäte erteilte, wurde diese im darauffolgenden Jahr offiziell eröffnet.
Ihre Lehrsäle waren zunächst über das ganze Stadtgebiet verteilt.
Erster Rektor wurde der berühmte Magister Marsilius von Inghen.
Kurfürst Ruprecht gab der Universität eine Verfassung, die alljährlich am 1. November in der Heiliggeistkirche vorgelesen und von den Bürgern beeidet wurde. Sie sicherte den Studenten, Lehrern, Buchhändlern und Schreibern freies Geleit sowei Zoll- und Steuerfreiheit zu.

Schon im ersten Jahr fanden sich rund 500 Studenten in Heidelberg ein. 10 Jahre später standen die ersten Universitätsgebäude auf dem Gelände der Alten Universität.
Während der Religionsstreitigkeiten und Kriegswirren des 17. und 18. Jahrhunderts ging der Hochschulbetrieb stark zurück, so dass die Universität 1805 von Markgraf Karl Friedrich von Baden neu gegründet werden musste, ehe sie ihre alte Bedeutung zurückerlangte.

Heute sind etwa 30.000 Studenten in Heidelberg eingeschrieben, die sich auf 9 Fakultäten verteilen.

Die Augustinergasse an der Rückseite der Alten Universität erinnert an das Augustinerkloster, das den Raum des heutigen  Universitätsplatzes einnahm und 1693 mit der Stadt zerstört wurde.
In der Augustinergasse befindet sich der Eingang zum historischen Studentenkarzer…


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Dieser Gebäudeteil diente von 1712 bis 1914 als Gefängnis für Studenten, für welche die Universitätsverwaltung die Rechtshoheit innehatte.
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung – meist Trunkenheit, grober Unfug und nächtliche Ruhestörung bzw. eine Kombination aus diesen dreien – wurden mit bis zu 2 Wochen Einsitzen im Karzer geahndet, bei Widerstand gegen die Staaatsgewalt waren es oft sogar 4 Wochen.


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Bei vielen Studiosi galt ein solches Vergehen als „Kavaliersdelikt”, das zum Studium gehörte wie das Examen. Lediglich die ersten 2-3 Tage mussten sie bei Wasser und Brot darben, dann waren sowohl Verpflegung von außen als auch Besuch der Mithäftlinge und der Vorlesungen erlaubt.


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Viele Generationen von Studenten haben sich mittels Wasserfarben und Kerzenruß an Decken und Wänden ihrer „Zellen” verewigt, denen sie Namen wie „Grand Hotel” und „Sanssouci” gaben.


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Das „stille Örtchen”

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Das sind sozusagen die Vorläufer der heutigen Graffiti… 😉


Der Hexenturm – im Innenhof der Neuen Universität

Der Hexenturm (ca. 1380) blieb als einziger der mitteralterlichen Türme der alten Stadtbefestigung erhalten.


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Typische Studentenlokale der damaligen Zeit


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 Rund um die Heiliggeistkirche

Den Grundstein zur Heiliggeistkirche, der größten gotischen Kirche im kurpfälzischen Raum, legte Kurfürst Ruprecht III. 1398.
Nach 12 Jahren war der Chor fertiggestellt, 1441 das Langhaus und man begann mit den heute 82 Meter hohen Turm, der 1544 vollendet war.
Interessant sind die Verkaufslädchen zwischen den mächtigen Strebepfeilern, die bereits 1483 in einer Urkunde genannt sind.


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Zum Schloss sind wir nicht raufgegangen – das Wetter war immer noch nich besser, und wir beschlossen, uns in einem Café aufzuwärmen.
Das Schloss mit Apothekenmuseum hatten wir uns vor ein paar Jahren schonmal bei besserem Wetter angesehen.


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Außerdem musste ich unbedingt noch einen Studentenkuss probieren. Die gibt es normalerweise in der Chocolaterie Knösel in der Haspelgasse 16 bei der Heiliggeistkirche.
Leider wurde das Café Knösel gerade renoviert, aber um die Ecke wurden wir dann im Café Moro (Hauptstraße 160) fündig.


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Heidelberger Studentenküsse bestehen aus einer Praliné-Nougat -Chocoladen-Füllung auf feinem Waffelboden in edler Zartbitter-Couverture. Sie werden mehrmals wöchentlich ausschließlcih aus hochwertigen natürlichen Zutaten ohne Zusatzstoffe hergestellt.


Die Geschichte vom Heidelberger Studentenkuß


Seit Generationen ist Heidelberg für Menschen in aller Welt ein Inbegriff der Romantik und als liebenswürdige, lebensfrohe Stadt bekannt.
Nicht zu Unrecht, wie folgende Begebenheit zeigt.

Im Herzen der Altstadt liegt die älteste Chocolaterie und das traditionsreiche Café Knösel. 1863 gegründet, wurden sie bald zum beliebten Treffpunkt der Heidelberger Gesellschaft. Denn alle schätzten den humorvollen Fridolin Knösel, Chocolatier und Konditormeister mit Leib und Seele, und seine exquisiten Confiserien.

Vor allem die jungen Damen der vornehmen Pensionate liebten seine süßen Versuchungen und gingen dort ein und aus. Dies wiederum beobachteten die Studenten aufmerksam. Angezogen von den hübschen Besucherinnen, kamen auch sie immer zahlreicher. War es da verwunderlich, dass sich die jungen Leute hoffnungsvolle Blicke zuwarfen? Doch die Mädchen waren stets in Begleitung ihrer wachsamen Gouvernanten.

Fridolin Knösel mit seinem großen Herzen entging die heimliche Sehnsucht der jungen Leute nicht. Einfallsreich, wie er war, überraschte er sie eines Tages mit einem besonders feinen Chocoladenkonfekt, das er schmunzelnd Studentenkuß nannte. Als Präsent überreicht, war es eine Geste der Verehrung – so fein und galant, daß selbst die gestrengen Gouvernanten nichts dagegen einwenden konnten.

Fortan ließen sich süße Botschaften diskret übermitteln. Sehr zur Freude der Studenten und Mädchen, die mit dem Studentenkuß von der Erfüllung ihrer Wünsche träumen durften.
Vieles hat sich seither verändert, doch in der kleinen Chocoladenmanufaktur in der Haspelgasse setzten die Nachfahren von Fridolin Knösel die Familientradition fort. Sie stellen den Studentenkuß noch immer nach dem Originalrezept von 1863 her. Von Hand, versteht sich.

Als süßes Wahrzeichen der Stadt und charmantes Souvenir erobert er immer wieder aufs Neue die Herzen. Schließlich ist er die traditionelle Heidelberger Spezialität und mit seiner besonderen Geschichte auch sehr charakteristisch für die sympathische Heidelberger Lebensart.


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Der Regen hat dann aufgehört und wir haben noch ein wenig in den Geschäften gebummelt.
Am Universitätsplatz haben wir dann in einer Bäckerei/Konditorei noch eine weitere Köstlichkeit entdeckt, die Kurfürstenkugeln, welche wir für den späten Nachmittagskaffee mitgenommen haben. Die stelle ich euch im nächsten Beitrag vor…


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Dann ging es heimwärts.

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This entry was posted on 10. April 2017 at 21:54 and is filed under Dessert, Essen & Trinken, Food, Fotografie, Reisen, Schokolade. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.


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