Die wirtschaftliche Zuzahlung im Rahmen des OT1-Vertrages: Und die Barmer GEK antwortet doch…

Die wirtschaftliche Zuzahlung im Rahmen des OT1-Vertrages: Und die Barmer GEK antwortet doch…

© Gerd Altmann / pixelio.de

Nun ist es für die Leistungserbringer schon von erheblicher Bedeutung, ob und unter welchen Voraussetzungen sie im Rahmen des OT1-Vertrages noch eine wirtschaftliche Zuzahlung nehmen dürfen. Um hier für die Betriebe Sicherheit zu erhalten, hat sich die Landesinnung Orthopädieschuhtechnik Berlin um eine Stellungnahme sowohl bei der TK als auch bei der Barmer GEK bemüht, und von der TK erging dann auch zeitnah eine schriftliche Stellungnahme, die ich schon dokumentiert habe (Klick).

Aber machen wir uns nichts vor: die TK war und ist nicht die Problemkrankenkasse, wenn es um eine spätere „originelle“ Auslegung von Verträgen zu Lasten der Betriebe und zu Gunsten der Kasse geht. Und deswegen reichte es der genannten Landesinnung nicht, nur eine Bestätigung des Zentralverbandes für Orthopädieschuhtechnik (ZVOS) zu erhalten, wie die Barmer GEK denn nun zur Möglichkeit der Erhebung einer wirtschaftlichen Zuzahlung stehe. Sie hakte weiter nach.

Doch zunächst erfolgte von Seiten der Barmer GEK keinerlei Reaktion; äusserst amüsant wurde dies Verhalten im Rahmen des wöchentlichen Rundschreibens der GO GmbH beschrieben, und zwar wie folgt:

Barmer GEK antwortet nicht

Wie würden Sie es finden, wenn Sie eine schriftliche Anfrage an das Finanzamt stellen und Ihnen das Finanzamt die Antwort mündlich durch Ihren Nachbarn übermitteln lassen würde? Sie wären vermutlich nicht amüsiert und würden sich wahrscheinlich fragen, ob das Finanzamt noch „alle Tassen im Schrank hat“. Vielleicht würden Sie auch darüber nachdenken, die örtliche Presse zu informieren.

In unserem konkreten Fall ist das „Finanzamt“ eine Krankenkasse und heißt Barmer GEK. Auf ein Schreiben der Innung Berlin zur Handhabung der Aufzahlung bei den Einlagen antwortete die Kasse dem Zentralverband für Orthopädieschuhtechnik in einer kurzen E-Mail und vermeidet eine klare schriftliche Aussage. Ein etwas merkwürdiges Verständnis ordnungsgemäßer und rechtskonformer Verwaltungsführung.

Warum tut sich die Barmer GEK so schwer, einen freundlich und verständlich vorgetragenen Frageka- talog schriftlich zu beantworten, zumal die TK damit keine Schwierigkeiten hatte?

Als Antwort kommen nur drei Möglichkeiten in Frage:

1. Die Barmer GEK versucht mit aller Kraft den Zusatzbeitrag abzuwenden und spart deshalb an Briefbögen, Umschlägen und Porto.

2. Die Barmer GEK hat kein Interesse, den Betrieben Rechtssicherheit einzuräumen und behält sich so im Bereich der Aufzahlungen alle Optionen offen.

3. Es ist unter der Würde der Barmer GEK auf die Anfrage einer einzelnen Innung zu antworten.

Entscheiden Sie, welche Antwort wahrscheinlich die richtige ist. Letztendlich ist hier aber eine gewisse Arroganz der Kasse in Wuppertal zu erkennen. Zum Schluss daher ein Sprichwort als kleiner Rat an einige Leute in Wuppertal-Barmen: „Hochmut kommt vor dem Fall“.

Bernd Rosin-Lampertius
Geschäftsführer GO GmbH

Aber Nein, Herr Rosin-Lampertius, so schlimm ist die Barmer GEK doch gar nicht, denn tatsächlich: die Krankenkasse hat kurz nach der Versendung des Rundschreibens der GO GmbH doch noch geantwortet – wobei ein Zusammenhang wohl mal nicht unterstellt werden soll:

Sehr geehrter Herr Rosin-Lampertius,

mit Bedauern habe ich den Schriftwechsel zwischen Ihnen und Frau Schroers zur Kenntnis genommen. Da Sie sich auf dem Mailwege an Frau Schroers gewandt haben, erlaube ich mir, Ihnen unsere Antwort ebenfalls auf diesem Wege zukommen zu lassen.

Die BARMER GEK ist stets gerne bereit, ihren Vertragspartnern Fragen zu bestehenden Verträgen zu beantworten. Bei Rahmenverträgen von Leistungerbringerverbänden besteht jedoch unabhängig davon eine lange Jahre bewährte arbeitsteilige Kooperation zwischen den Vertragspartnern hinsichtlich der Weitergabe von Informationen und der Beantwortung von Anfragen grundsätzlicher Art. Diese arbeitsteilige Zusammenarbeit basiert darauf, dass jede Vertragspartnerseite ihre Mitglieder bzw. ihre Untergliederungen über den gemeinsam verhandelten Vertrag unterrichtet. Dies ermöglicht jeder Seite, Verträge mit ergänzenden Hinweisen in der üblichen, ausreichenden und auf die Praxis ausgerichteten Form zu erläutern. Dieses Verfahren wird i.d.R. auch von den Vertragsteilnehmern ausdrücklich gewünscht. Insoweit ist es auch üblich, dass sich die Teilnehmer an einem Gruppenvertrag bei Fragen an Ihre „Zentrale“ wenden, die gleichermaßen wie die BARMER GEK sprachfähig zu den vertraglichen Regelungen ist.

Vor dem Hintergrund dieser arbeitsteiligen Vorgehensweise der Vertragspartner haben wir auch in Ihrem Falle den ZVOS, an dessen Vertrag Sie teilnehmen, gebeten, Ihnen die gewünschten Informationen zu übermitteln. Wir bedauern, dass Ihnen hierüber keine Zwischennachricht zugegangen und diese Form der Zusammenarbeit bei Ihnen auf Unverständnis gestoßen ist. Gerne beantworten wir daher an dieser Stelle Ihre Fragen zur Versorgung mit Einlagen nach dem OT1-Vertrag auch noch einmal unsererseits:

zu 1) Die Betriebe haben gem. § 3 Ziffer 1 der Anlage 08 mindestens ein Hilfsmittel jeder Produktart entsprechend der individuellen medizinischen Notwendigkeit des einzelnen Versicherten anzubieten.

zu 2) Es ist richtig, dass die Versicherten entsprechend zu beraten sind und ihnen das aufzahlungsfreie Produkt anzubieten ist (§ 3 Ziffer 1 der Anlage 08).

zu 3) Sie stellen richtig fest, dass im Falle der Wahl einer aufzahlungspflichtigen Versorgung die vertraglich vorgesehene Dokumentation, wie von Ihnen benannt, zu führen und vom Versicherten zu unterschreiben ist.

zu 4) Die Dokumentation ist gem. § 10 Ziffer 5 des Rahmenvertrages aufzubewahren und auf Anfrage in Kopie der BARMER GEK vorzulegen.

zu 5) Wenn die unter 1) bis 4) genannten Punkte erfüllt sind, entspricht die Vorgehensweise der Betriebe den vertraglichen Regelungen.

Ich hoffe, sehr geehrter Herr Rosin-Lampertius, dass Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet sind und meine Erläuterungen zur Klärung der Angelegenheit beitragen konnten.

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Eschmann
Barmer GEK

So weit der Wortlaut der Mail. Doch was bedeutet dies?

  • Zunächst einmal scheint die Barmer GEK immer noch eine ausgesprochene eigenwillige Auslegung des §127 Abs.2a SGB V („Den Verträgen nach Absatz 2 Satz 1 können Leistungserbringer zu den gleichen Bedingungen als Vertragspartner beitreten) zu bevorzugen; sie geht nämlich – entgegen des oben dokumentierten Gesetzeswortlauts und der auch durch das Bundesversicherungsamt (BVA) wohl geteilten Rechtsauffassung – davon aus, dass der Leistungserbringer „auf Seiten eines Verbandes an dem Vertrag teilnehme„. Tatsächlich ist es aber so, dass der Betrieb nicht an dem Vertrag „teilnimmt“, sondern dem Vertrag „als Vertragspartner beitritt“, was im Ergebnis dazu führt, dass er ein eigenständiges Leistungs- und Vertragsverhältnis mit der Krankenkasse begründet. Damit ist der erste Vertragspartner der Krankenkasse auch keine „Zentrale“, und dementsprechend hat die Krankenkasse auch nicht nur diesem gegenüber eine Auskunftspflicht, sondern gegenüber jedem einzelnen Vertragspartner.
  • Hinsichtlich der „aufzahlungsfreien“ Variante unterscheidet sich die Stellungnahme der Barmer GEK von derjenigen der TK: die TK hatte nämlich ohne Einschränkungen den Wortlaut der Fragen der Landesinnung Orthopädieschuhtechnik Berlin bestätigt, während dies bei der Barmer GEK anders ist; dort taucht nun eine neue Variante des Vertragstextes auf, nämlich die „individuelle medizinische Notwendigkeit“ des Hilfsmittels für den Versicherten, welches auszahlungsfrei anzubieten ist. Der Vertrag sagt dazu in § 8 Abs. 5: „Die Produkte müssen … den Bedürfnissen des Versicherten voll gerecht werden.“Man darf also diese Formulierung der Barmer GEK durchaus als Konkretisierung des Vertrages ansehen, sodass nun klargestellt wäre, dass mit den „Bedürfnissen“ einzig und allein das „individuell medizinisch Notwendige“ gemeint ist – durchaus eine Auslegung, die für die Betriebe deutliche Rechtssicherheit und grössere Möglichkeiten zum Angebot eines zuzahlungspflichtigen Hilfsmittels eröffnet.
  • Ansonsten bestätigt die Barmer GEK im Wesentlichen die Regelungen der TK.

    Im Ergebnis wird nun endlich gut, was lange gedauert hat – jedenfalls bzgl. der wirtschftlichen Zuzahlung; die Betriebe haben jetzt von beiden Krankenkassen schriftliche Stellungnahmen vorliegen, auf deren Basis sie wirtschaftliche Zuzahlungen nehmen können, und es ist klargestellt, dass das aufzahlungsfrei anzubietende Hilfsmittel nicht jedes „Bedürfnis“ des Versicherten erfüllen, sondern lediglich die „individuelle medizinische Notwendigkeit“ abdecken muss.


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