Die Weltelite verteilt Post
Zum Heißmachen haben sie gesungen. «Wir sind clever, cool und fit», knallt die erste Zeile des WM-Songs, schließlich sind es die 26 besten Deutschen, die sich gerade in London mit der Weltelite messen – im Schreinern, Kochen, Landschaftsgärtnern oder Roboter programmieren. Sie tragen einheitliche Polohemden und Mannschafts-Kapuzenjacken, ein richtiges Team Germany. Die Namen dieser deutschen Nationalmannschaft allerdings kennt niemand. Selbst ein amtierender Europameister wie Robert Reichert bekommt keine Autogrammwünsche.
Es sind eben echte Profis, ganz ohne (Trainer-) Karussell, (Ski-) Zirkus oder (Doping-) Tragödien machen sie ihre Arbeit – und sind darin überragend. Europameister Reichert, 23, schraubt tagtäglich Maschinen für die Schuler AG in Erfurt. Wie er darauf kommt, dass er zu den Weltbesten seines Fachs, der Robotik, gehört?
Eigentlich ist es bei den Berufsstars kaum anders als bei den Sportstars. Sie werden entdeckt, und dann hangeln sie sich nach oben. Bei Robert Reichert war es der Berufsschullehrer, der erkannte, dass der Junge besonders gut programmieren kann. Kurz darauf war er deutscher Meister, für ihn selbst völlig unerwartet, und jetzt programmiert er bei den «Worldskills» in London seinen Roboter gegen den Rest der Welt.
Von den «Worldskills» direkt in die Chefetage
Seit 60 Jahren arbeiten bei den «Worldskills» die besten Handwerker und Facharbeiter gegeneinander. 47 Berufe sind es in diesem Jahr, fast 1000 Leute mauern, mixen, schweißen, zimmern oder legen Fliesen um die Wette. Dass der Wettbewerb hierzulande nicht besonders populär ist, könnte auch an dem sperrigen Namen liegen: «WM der nicht-akademischen Berufe» geht nicht so rund über die Zunge wie das englische «Worldskills».
In der Berufswelt allerdings hat die Teilnahme oder gar ein Titel bei einer EM oder WM ein hohes Renomee, sagt Hubert Romer, der die Pressearbeit für das deutsche Team wuppt. «So gut wie jeder landet später in einer hohen Führungsposition. Nach den Wettkämpfen fangen viele an zu studieren, und wer es bei Siemens oder Telekom in den Lebenslauf reinschreibt, kann sicher sein, dass er eine Gehaltsstufe höher rutscht», sagt er.
Robotiker Robert Reichert hat derzeit anderes im Kopf. Gemeinsam mit seinem Partner Marco Khruszcz muss er einen Roboter dazu bringen, in London die Post zu verteilen. Genauer gesagt ist es eine 40 mal 40 Zentimeter große Metallscheibe voller Kabel und Schläuche, über der in einem Meter Höhe ein Arm kreist. Und London wird dargestellt von einem Modellparcours, der in einer der Hallen auf dem riesigen Messegelände aufgebaut wurde.
Ein Auge bei den Asiaten holen
Zwei Tage haben die beiden Zeit, einer programmiert, der andere baut – und am Ende sollen die Preisrichter auf Play drücken können, und das Gefährt beglückt zielsicher Big Ben, Tower Brigde und Leicester Square mit Post. An den anderen beiden Wettkampftagen muss der Roboter lernen, einen LKW zu beladen. «Es ist machbar, aber hart», sagt Reichert. In kürzester Zeit müssen sie Lösungsansätze erdenken und umsetzen. Gerade ist ihnen erst wieder ein Teil kaputtgegangen, und die Konkurrenz kommt aus den Mechatronik-Mekkas in Asien – «bei denen kann man sich schon mal ein Auge holen», gibt Reichert zu.
Als weltbeste Robotiker werden Robert Reichert und Marco Khruszcz wohl nicht nach Hause fahren. «Die vordere Hälfte» hält er für realistisch. Aber mitnehmen werden sie einiges, auch dank ihrer hochkarätigen Konkurrenz. Und zuhause dann direkt in die Spur in Richtung Chefetage? Reichert hält den Ball flach. Der Europameister macht gerade sein Abi nach, um studieren zu können. Dann in die Forschung zu gehen wäre sein Traum. Geschäftsführer werden? Das stellt er sich nicht so spannend vor.
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Berufe-WM – Die Weltelite verteilt Post
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