“Die weisse Schwester” – zum Zweiten

“Die weisse Schwester” – zum Zweiten

THE WHITE SISTER
(dt.: Die weisse Schwester)
USA 1933
Mit Helen Hayes, Clark Gable, Lewis Stone, Louise Closser Hale, Edward Arnold, u.a.
Drehbuch: Donald Ogden Stewart
Regie: Victor Fleming

Im letzten Warner Archive-Beitrag stellte ich den Stummfilm The White Sister von 1923 vor. Nun ist, wie angekündigt, das Remake von 1933 dran.
“Die weisse Schwester” – zum ZweitenEs ist, zuerst einmal, wesentlich kürzer als der Vorgänger. Dann wurde der Aetna, dessen Ausbruch in der 1905 erschienen Romanvorlage zum Höhepunkt führt, hier gänzlich aus der Geschichte verbannt; dafür wurde die Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts, der erste Weltkrieg, als einleuchtender und zeitgemässer Ersatz beigezogen. Giovanni Severini ist hier ein Offizier, der in ebendiesen Krieg ziehen muss, dem er am Schluss zum Opfer fällt.
Ein weiterer, vielleicht der augenfälligste Unterschied: Das Italien von 1933 besteht zur Gänze aus Kulissen – keine Originalschauplätze mehr. Aber da Cedric Gibbons für die Bauten zuständig war, kann sich das Ganze durchaus sehen lassen!

Überhaupt muss man diesem Film auf verschiedenen Ebenen hohe Qualität attestieren – auch wenn die Bewertung auf imdb.com nichts Grossartiges erwarten lässt. Der Film ist jedoch derart wenig bekannt, dass nur gerade 149 Stimmen für den Film abgegeben wurden.“Die weisse Schwester” – zum Zweiten
Zunächst die Schauspieler: Helen Hayes und Clark Gable harmonieren hervorragend zusammen, und es erstaunt, dass die beiden nicht mehr zusammen gedreht haben (der einzige weitere mir bekannte gemeinsame Film ist der ebenfalls 1933 entstandene Night Flight von Clarence Brown, in welchem die beiden allerdings keine gemeinsamen Szenen haben). Überhaupt: Helen Hayes! Sie ist hervorragend! Warum ist sie nicht wirklich bekannt geworden? Ihr wenig glamouröses Auftreten hätte ihr den Erfolg gekostet, heisst es, und das stimmt wohl. Sie wirkt sehr natürlich. Ungekünstelt, echt. Das macht sie in dieser Rolle ungeheuer sympathisch. Doch damals waren Stars gefragt – überlebensgrosse Identifikationsfiguren – keine echten Menschen. Sie zog sich zwei Jahre nach The White Sister vom Film zurück auf die Theaterbühne, wo sie grosse Erfolge feierte. Nach zahlreichen Fernsehauftritten erlebte sie 1970 ihr Leinwand-Comeback mit dem Film Airport.
The White Sister verdankt Hayes’ natürlicher Leinwandpräsenz einen Grossteil seiner Glaubwürdigkeit. (Das Entdecken von vergessenen Schauspiel-Talenten ist übrigens ein schöner Nebeneffekt meiner Warner-Archive Grab-Aktion!)

Victor Fleming (der seltsamerweise in den Credits nur als Produzent, nicht aber als Regisseur erwähnt wird) und Drehbuchautor Donald Ogden Stewart gebührt der Verdienst, die doch recht schwulst-gefährdete Geschichte schlank und entschlackt auf die Leinwand gebracht und sie temporeich vorwärtsgetreiben zu haben. Für zusätzliches Pathos wird kein Platz gelassen, und das ist genau richtig so, denn dieses ist ja in der Handlung ausreichend vorhanden. Der Film wäre sonst unerträglich geworden. Am Schluss kommt’s zwar doch etwas dick, das lässt sich aber mit etwas gutem Willen gerade noch wegblinzeln.
Fleming und Stewart bringen vor allem im ersten Teil viel Schwung und Witz in die Geschichte, und die Hauptcharaktere sind so gut gezeichnet, dass sie den Film zu tragen vermögen. Das lässt sich von einem Leinwand-Liebespaar selten behaupten!

Abgesehen von einigen Änderungen gibt es in einem Punkt eine verblüffende Übereinstimmungen der beiden Schwester-Filme von 1923 und 1933: Angelas Profess und die Rückkehr des totgeglaubten Giovanni werden hier wie dort parallel geschnitten. Ich vermute, die Version von 1933 nimmt hier ganz konkret Bezug auf Herny Kings Vorgängerfilm – zumal die Parallelmontage an dieser Stelle des Films nicht wirklich zwingend erscheint. Sinnvoll ist sie auf jeden Fall, aber nicht zwingend; es liesse sich auch eine ganz konventionelle Darstellungsweise denken. Wahrscheinlich hinterliess die Sequenz in der King-Verfilmung beim damaligen Publikum einen derart starken Eindruck (sie tut es noch heute!), dass Victor Fleming sich zu einer Reminszenz animiert fühlte. Dafür spricht die Tatsache, dass Kings 1923er-Version bei der Premiere 1933 noch immer in bester Erinnerung war.
7/10

Vorher-Nachher:
Victor Fleming drehte vor The White Sister den Film Red Dust (1932, ebenfalls mit Clark Gable) und nachher, ebenfalls 1933, Bombshell mit Jean Harlow. In beiden Filmen erschien er ebenfalls nicht als Regisseur in den Credits.
Flemings berühmteste Filme sind The Wizard of Oz (Der Zauberer von Oz) und Gone With The Wind (Vom Winde verweht).
Helen Hayes spielte vor The White Sister an der Seite von Ramon Novarro eine Chinesin im Film The Son-Daughter (1932, Regie: Clarence Brown) und danach, auch 1933, mit Robert Montgomery in Another Language.
Hayes bekannteste Filmrolle ist wohl die der alten Mrs. Steinmetz, deren Häuschen im 1974 erschienen Disney-Film Herbie Rides Again (Herbie gross in Fahrt) von einem Baulöwen abgerissen werden soll.
Clark Gable spielte vor The White Sister an der Seite von Carole Lombard einen Trickbetrüger im Film No Man Of Her Own (1932, Regie: Wesley Ruggles), danach, wieder 1933, zusammen mit Jean Harlow in Hold Your Man, wo er unter der Regie von Sam Wood ebenfalls einen Trickberüger spielte.
Gables berühmteste Filme sind It Happened One Night (Es geschah in einer Nacht, Regie: Frank Capra), Gone With The Wind (Vom Winde verweht; Regie: Victor Fleming), Mutiny On The Bounty (Meuterei auf der Bounty; Regie: Frank Lloyd).
Drehbuchautor Donald Ogden Stewart arbeitete vor und nach The White Sister interessanterweise an zwei bereits genannten Filmen mit, nämlich an Red Dust, wo er als Co-Autor noch während der Dreharbeiten beigezogen wurde, und an Another Language, zu dem er zusammen mit Herman J. Mankiewicz das Drebuch verfasste.
Die bekannteste Filme nach Drehbüchern Stewarts sind The Philadelphia Story (Die Nacht vor der Hochzeit; Regie: George Cukor), That Uncertain Feeling (Ehekomödie; Regie: Ernst Lubitsch) und Life With Father (Unser Leben mit Vater; Regie: Michael Curtiz).

“Die weisse Schwester” – zum Zweiten

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