Die Wahrheit sagen – Josef Formánek

Eines Tages bemerkt ein junger Schriftsteller auf dem Nachhauseweg seiner regelmäßigen Kneipentouren, dass auf einer Müllkippe eine kleine Hütte steht, in der jemand lebt. Von Neugier getrieben, macht er sich auf, diesen Menschen kennenzulernen. In der Hütte lebt Bernhard Mares. Er hat ein bewegtes Leben hinter sich, das er dem jungen Mann erzählen will. Der Schriftsteller will ein Buch über seine Geschichte schreiben. Im Gegenzug muss er Bernhard Mares helfen, seine große Liebe Sophie zu finden.

Die Geschichte in Die Wahrheit sagen von Josef Formánek wechselt zwischen den zwei Erzählungen des Schriftstellers und von Bernhard Mares. Immer wieder wirft der Schriftsteller eigene Gedanken und Episoden der Besuche bei Mares ein. Der Lesefluss wird trotz der leichten Sprache ein wenig gestört, eigentlich interessiert Mares Geschichte viel mehr. Doch Mares weist selbst schon darauf hin, dass der Schriftsteller sich bei seiner Geschichte selbst besser kennen lernen wird. Er muss über sie reflektieren. Gleiches gilt für den Leser, der Schriftsteller erwähnt dies ebenfalls schon zu Beginn (siehe Zitat). Anfangs weiß man noch nicht, was man erwarten soll. Mares Einblicke in sein Leben packen aber vom ersten Moment an. Es ist keine leichte Kost, manchmal konnte ich gar nicht glauben, wie viel Leid in ein einziges Leben passen kann.

Schon direkt nach der Geburt nimmt Mares schweres Leben seinen Lauf. Seine Mutter legt ihn nach der Geburt vor einer Kirche ab. Zunächst findet der Pfarrer ihn und gibt ihn an eine nette Frau, bei der er einige Jahre bleiben darf. Weil er ein uneheliches Kind ist, wird Mares Anna weggenommen und in ein Heim gesteckt. Wärme und Liebe oder nur einen Anflug von Zugehörigkeit erfährt er nicht, eine der Schwestern vergeht sich an ihm. Als er das Kinderheim mit 16 Jahren verlässt, beginnt er zunächst eine Lehre zum Bäcker, findet danach aber keine Arbeit. Umso mehr ist er vom Soldatenleben der SS fasziniert und meldet sich freiwillig, um irgendwo dazuzugehören.

Formánek schildert den Krieg mit all seinem Schrecken eindrücklich und ohne Umschweife. Mares begeht während seiner Zeit als SS-Mann schockierende Grausamkeiten, jedoch nicht aus Lust an der Brutalität oder aus ideologischen Gründen. Als Leser wird man vor die Frage gestellt, was man nun von Mares hält. Gut und Böse lässt sich nicht so einfach einteilen, es gibt viele Zwischenstufen. Mares verleugnet niemals seine Taten, Schuldgefühle werden ihn bis ans Ende seines Leben verfolgen. Auch nach Kriegsende hält er mutig an der Wahrheit fest, obwohl sie von einem zum nächsten Gefängnis und damit zu weiteren Gräueltaten wirft. Mares Leben bleibt bitter. Ein trauriges Ereignis jagt dem nächsten nach. Das einzige, das ihn vor dem Tod bewahrt, ist sein Glauben an die Liebe bzw. an Sophie, die er im KZ Mauthausen kennen lernte. Dem Leser bleibt sie fern, doch Mares begleitet Sophie wie ein roter Faden durch sein Leben. Sie geht ihm nicht aus dem Kopf. Und seine Gedanken an sie bringen ihn letztendlich auf die Müllkippe.

Formáneks Die Wahrheit sagen ist ein schonungsloser Roman, der auch - wie der Untertitel schon sagt - ein brutaler Roman ist. Es ist schlichtweg schockierend, was Formánek hier in einem Leben alles erzählt. Schlimm und berührend ist vor allem der weit verbreitete Sadismus, der wiederholt dargestellt wird. Nicht nur das Handeln, auch Gefühle der Menschen werden von Bernhard Mares in den Blick genommen. Der Romnan weist Herausforderungen auf, da man sich mit der brutalen Seiten menschlichen Handelns auseinandersetzen muss - eben mit der Wahrheit, die manchmal gesagt werden muss.

Josef Formánek: Die Wahrheit sagen. Ein brutaler Roman über die Liebe zum Leben. Gekko World. Trebitsch 2016. 477 Seiten. 23,00 Euro.


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