Die verlorene Schamgrenze

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Tausende von Menschen leben in Deutschland auf der Straße. Um sich vor der Kälte zu schützen, trinken sie Alkohol und kämpfen gegen Verachtung und Vertreibung. Die Obdachlosen verlieren mehr und mehr ihr Schamgefühl und die Gesellschaft schaut bewusst zu Seite.

Wenn der 51 Jahre alte Mann morgens auf den eisigen Fliesenboden erwacht, spürt er nur im Rücken die kalte Mauer. In diesem Sportgeschäft beleuchten grelle Scheinwerfer die Auslegeware. Es ist wie jeden Tag und die Unsicherheit, wann er von diesem Ort vertrieben wird, steigt wie jeden Morgen. Er fühlt sich ausgemergelt, hungrig, seine Haare sind zerzaust und seine Kleidung stinkt nach Urin. Er ist nicht alleine, denn in Berlin gibt es viele Obdachlose wie ihn. Zwar stellen Caritas und andere Hilfsorganisationen Einrichtungen zum Schlafen zur Verfügung, doch viele schlagen diese Angebote bewusst aus und übernachten trotz eisiger Temperaturen auf der Straße. Auch unser Protagonist kommt in den Massenschlafsälen mit den Vorschriften und den anderen Menschen nicht klar. Diebstahl und Bedrohung sind dort an der Tagesordnung. So riskieren sie lieber den Frost, die Witterung und die Ignoranz der Passanten.

Die Besitztümer der Obdachlosen sind oft überschaubar. In der Regel besitzen sie Plastiksäcke, in denen sie Anziehsachen und Bierdosen horten, aus Angst vor Diebstahl und Überfällen haben viele maximal 10 bis 20 Euro in bar bei sich. Einige Obdachlose tun sich in Zweckgemeinschaften zusammen, was dem Schutz gegen Diebe dient. Auch diese Menschen hatten in der Regel ein gesellschaftliches Leben. Oft rutschen sie durch Scheidung und Arbeitslosigkeit, sowie Alkoholismus in die Obdachlosigkeit. Der Grad abzurutschen ist sehr schmal. Niemand wird von heute auf morgen obdachlos, doch nicht alle Menschen haben Kraft diesem schleichenden Prozess entgegenzuwirken. Unser 51-jähriger Mann hatte damals zuviel Scham, seine Verwandten oder Freunde um Hilfe zu bitten. Stattdessen sehnte er sich nach Ruhe und seinem Bier. Irgendwann war es dann zu spät und er landete auf der Straße. Dort vergeht die Scham und man gewöhnt sich an den Dreck und die verachtenden Blicke. Er spürt die Aggressivität der Menschen, die nur den Dreck und Alkohol sehen.

Sicherlich sind viele dieser Menschen an ihrer Situation selbst Schuld. Doch wünschen wir uns alle nicht ein wenig mehr Verständnis auf dieser Welt? Viele Obdachlose haben nicht viele Wünsche, doch die Sehnsucht nach einem normalen Blick oder einem freundlichen Gruß ist nie verloren gegangen. Das sollten wir alle im Gedächtnis behalten. Die Würde eines Menschen ist unantastbar.

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Joern Petersen Joern Petersen

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