Die Stadt und ich – 20 Jahre in Essen

Essen1024Als ich heute früh auf die Straße ging, plante ich nicht diesen Artikel zu schreiben. Ich wollte lediglich etwas durch die Gegend gurken, mir anschauen was es in der Stadt an Neuigkeiten gibt doch plötzlich fand ich mich an einem Ort wieder, der sehr viel für mich bedeutet und mir fiel ein…ich lebe seit über 20 Jahren in dieser Stadt, es wäre an der Zeit eine kurze Reise in die Vergangenheit zu unternehmen und überall dorthin zu fahren wo etwas Wichtiges in meinem Leben passierte. Zurück nach Hause, Kamera, Akkus, daraus entstand das…

Vor mehr als 20 Jahren kam in diese Stadt (und in dieses Land übrigens auch). Ein 15-jähriger Junge, der aus einem Land stammte in dem es Bananen mit etwas Glück nur am Weihnachten gab, stand plötzlich mitten in einer Welt, in der offene, teure Cabrios an der Straße parkten und es in jedem Laden 20 verschiedene Sorten von Zahnpasta gab. Wahnsinn.

erstewohnung1024In diesem Haus hatten wir unsere erste Wohnung in der freien Welt. 60 qm, zwei Zimmer, Balkon mitten in einer ehemaligen Arbeitersiedlung. Traumhaft. Mag sein, dass seit dieser Zeit erst 20 Jahre vergangen sind aber es war, liebe Kinder des elektronischen Zeitalters noch eine Epoche, in der mein Vater im Winter jeden Tag fleißig Kohle aus dem Keller die Treppe hoch schleppte um die Bude warm zu halten!

ersteschule1024 Meine erste Schule in Deutschland. Meine Sprachkenntnisse waren zu diesem Zeitpunkt gut genug um in einer Fleischerei nach Schuhen zu fragen, dennoch musste ich hin. Eine essener Hauptschule, die zu dieser Zeit einen ziemlich schlechten Ruf genoss. Hier spürte ich was es bedeutet Opfer zu sein, hier versprach ich mir eines Tages keins mehr zu sein! Es war eine harte Zeit, dennoch lernte ich gute Menschen kennen, die ich niemals vergessen werde!

audimax1024Paar Jahre später und paar Schulen weiter…stolzer Student. Eigentlich hätte wahrscheinlich es sogar mit dem Diplom geklappt doch dann sah ich in diesem Hörsaal SIE!

treppeuni1024Eine Frau, die ich liebte, wusste nicht mal, dass es mich gibt. Ein guter Anlass um mit Zigaretten anzufangen oder? Auf dieser Treppe auf dem Uni-Gelände inhalierte ich zum ersten Mal Nikotin, in der ich etwas Ruhe für zerrissene Seele zu finden hoffte.

fithalle1024Erste Fitnesshalle. Genug gelitten wegen dem schwachen Körper. Hier habe ich hunderte von Nächten verbracht, hier lernte ich einen Menschen kennen, der mich lehrte, hart zu sein. Unter dem nächsten Bild..etwas mehr über den Mann, der viel dazu beitrug, dass ich anders geworden bin als sich meine Eltern vielleicht vorstellten.

werkstatt1024Jetzt nur noch ein leerer Platz irgendwo in der Stadt, früher standen hier alte Hallen aus dreckigen Ziegelsteinen…in einer davon gab es eine Autowerkstatt in der mich mein bester und einziger Freund am Autos schrauben ließ, mir die Welt erklärte, mich zwang auf den Boxersack zu hauen und mir vermittelte, das Leben sei kein Ponyhof. Dafür vielen Dank! Es war noch vor paar Jahren eine schöne Gegend…jetzt sind die Hallen weg und ein Stück meiner Vergangenheit verschwand auch gleich mit. Schade.

kkc1024Ein Studentenlokal auf dem Campus. Hier, im dichten Nikotinnebel und dem Lärm unzähliger Partys, habe ich versucht, die unglückliche Liebe zu verdrängen. Mag sein, dass es nicht ganz funktionierte, dennoch fiel hier eine wichtige Entscheidung, die Uni zu verlassen um mich von der Nähe dieser Frau für immer zu entfernen. So endete eine Liebe, die ich bis heute nicht vergessen kann und von der sie niemals erfahren wird.

hbfe1024Hier, am Hauptbahnhof Essen, holte ich immer eine Frau ab, die mir zum ersten Mal im meinem Leben spüren ließ, wie ein verliebtes, weibliches Herz schlägt. Eine wunderbare Lady, die ich niemals verdiente. Leider hatten wir beide viel Last auf unseren Schultern gehabt, erlebten turbulente Vergangenheit und kämpften mit einer Gegenwart, die ein gemeinsames Leben aus der damaliger Sicht unmöglich machte. Eines Tages brachte ich sie zu diesem Bahnhof und sie stieg in einen Zug ein, der sie für immer aus meinem Leben davon brachte. Ein Teil von mir wird ihr für immer gehören.

Was geschah sonst in diesen über 20 Jahren? Ich lernte viele Menschen kennen, weißt wo man einen guten Döner bekommt, wer bei Autoreparatur schummelt und bei welcher Politesse ich mir erlauben kann einen flotten Spruch in den Mund zu nehmen. Ich spürte wie sich die Stadt, Menschen und ich selbst veränderten, kenne Straßen, Viertel, Hinterhöfe und weißt wo man das schützende Licht findet oder die Dunkelheit wenn mir danach ist einfach Ruhe zu haben. Essen ist nach zwei Jahrzehnten für mich zu einem Ort geworden, an dem ich mich trotzt tränenreichen Zeitabschnitten sehr gut fühle.

 


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