„Die Sehnsucht des Vorlesers" Jean-Paul Didierlaurent...

… erinnerte mich nicht nur dem Namen nach an „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink, den ich einmal für das Abitur lesen musste. Tatsächlich gibt es bei den beiden Büchern die wenigsten Überschneidungen und doch gibt es gewisse Ähnlichkeiten. Ähnlich sind sich vor allem hinsichtlich ihrer Philosophie. Zwar verfolgen die Bücher sehr unterschiedliche Ziele, beschäftigen sich jedoch beide mit schöngeistigen Aspekten der Philosophie.
Doch ich möchte keinesfalls zu weit ausholen. Vielmehr möchte ich euch „Die Sehnsucht des Vorlesers“ von Jean-Paul Didierlaurant vorstellen.

Inhalt

Eigentlich ist der Roman aus dem Alltagsgeschehen eine Hauptfigur entstanden und somit recht alltäglich, andererseits birgt dieser Alltag der Hauptfigur, des Protagonisten, viele philosophische Aspekte, die das Buch zu etwas ganz besonderem werden lassen. Didierlaurent spielt dabei mit Sprache, er wählt sie bewusst aus und denkt offensichtlich über jedes einzelne der geschriebenen Wörter nach. So erhält das Buch einerseits eine Menge Tiefgang, andererseits aber auch so etwas wie Wortwitz.
Doch beginnen möchte ich eigentlich nicht mit dem Stil des Buches, sondern wie bereits gesagt mit dem Inhalt. „Guylain liebt Bücher und hasst seinen Job in einer Papierverwertungsfabrik. Darum liest er jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit im Pariser Vorortzug um 6 Uhr 27 ein paar Seiten laut vor, die er tags zuvor der Schreddermaschine entrissen hat: sein Akt der Rebellion gegen die Vernichtung von Literatur. Eines Tages findet er im Zug einen USB-Stick, auf dem das Tagebuch einer jungen Frau gespeichert ist. Davon tief bewegt, liest er nun ihre Geschichten vor – und der Zauber springt auch auf die Mitreisenden über. Viel mehr noch: Die Geschichten verändern Guylains Leben. Er muss diese Frau finden …" (Klappentext)

Die Idee des Buches

Didierlaurent verbindet mit diesem Buch zwei bestimmte Aspekte. Zum einen holt er seinen Leser dort ab, wo er sich befindet. Meist in einem stressigen Alltag, mit einem Job, den er wenig schätzt, mit einem Leben dessen Sinn man sucht. So ist die Ausgangslage dieses ungewöhnlichen Buches. Jedoch sagt man auch, dass die schönsten Geschichten der Alltag schreibt. Bei diesem Buch ist es tatsächlich so, dass Didierlaurent sich tatsächlich mit ganz alltäglichen Szenen beschäftigt hat, sie in Worte gefasst hat und in so einen Sinn verliehen hat, der auf den ersten Blick gar nicht ersichtlich ist. Er spielt praktisch mit Worten, beschreibt Kleinigkeiten, die ansonsten ungesehen sind.
Natürlich bietet das Leben von Guylain alles andere als schöne Seiten. Er, der Literatur liebt, ist gleichzeitig ihr Ende, ihr Tod. Er der Literatur vernichtet, erweckt sie zum Leben. Ein größeres Paradoxon ist praktisch nicht möglich und doch ist es genau das ein Paradoxon, sogar eins, welches man nicht ohne weiteres lösen kann, denn Guylain ist ein Mensch gewordenes Paradoxon.
Letztlich spielt die Idee dieser Geschichte damit, dass jeder Mensch über sein eigenes Leben, seinen Werdegang und seine Umsetzung selbst entscheidet. Letztendlich erklärt dieses Buch aber auch, wie wertvoll, wie wichtig wir für Menschen in unserer Umgebung sind, wie wertvoll unser Leben ist und überhaupt wie liebens- und lebenswert es ist. Dieses Buch scheint all jenen Hoffnung zu geben, die längst über den Sinn des Lebens nachdenken, ohne ihn bisher gefunden zu haben. Hat so ein Leben noch Sinn? Didierlaurent sagt: „Natürlich hat es Sinn, nur manchmal ist er vielleicht nicht offensichtlich.“

Macht es einen Unterschied, ob man es hört oder liest?

Nun, diese Frage habe ich mir beim Hören dieses Buches aufgestellt, denn Torben Kessler hat das Buch wirklich gut gelesen, gleichzeitig hat es jedoch ein wenig von Vergänglichkeit gehabt. Insoweit macht es natürlich einen Unterschied, ob mir etwas vorgelesen wird, oder ich es selbst lese. Die Aussage verschwindet bereits, wenn ich sie gehört habe, es ist ein Prozess des immer währenden Verfalls. Manche Bücher sind perfekte Hörbücher, andere möchte man hinsichtlich ihrer Aussagen festhalten, sie analysieren, hinterfragen, bewerten, beantworten und aufsaugen. Genauso ein Buch auch „Die Sehnsucht des Vorlesers“ mehr als einmal hätte ich gerne einfach die CD angehalten einen Satz zurückgespult und den noch einmal gehört, doch bei einem Hörbuch ist dieses leider nicht möglich. Also musste ich mit dieser Vergänglichkeit leben.
Diese Vergänglichkeit ist aber gleichzeitig gewesen, die dieses Hörbuch zu einem besonderen Hörerlebnis macht. Torben Kessler gelingt es den feinen Humor ebenso darzustellen, wie seine philosophische Tiefe, die Vergänglichkeit der dargestellten Literatur. Meiner Meinung nach hat das Hörbuch bei diesem Buch zwei Effekte, zum einen verstärktes das Gefühl von Vergänglichkeit, zum anderen unterstützt es die genaue Wahrnehmung jedes einzelnen Aspekts.
Dieses Hörbuch ist definitiv keines, sich für die Autofahrt anbietet oder für die Hausarbeit, fürs Bügeln oder einfach mal so, um es zwischendurch zu hören. Dieses Buch braucht Zeit, es muss sich entfalten und das insbesondere als Hörbuch.

Der Vorleser 

Da der Vorleser bei diesem Hörbuch eine besondere Rolle hat, möchte ich ihn im Rahmen dieser Rezension ebenfalls hervorheben. Wer also ist Torben Kessler?
"Torben Kessler, geboren 1975, studierte Schauspiel, Gesang und Tanz an der Folkwang Hochschule Essen. Es folgten Engagements in Düsseldorf, Freiburg und Leipzig. Seit 2009 ist er festes Ensemblemitglied am Schauspiel Frankfurt. Daneben war er in Fernsehserien wie Tatort, SOKO Leipzig und Polizeiruf 110 sowie im Kinofilm Der Baader Meinhof Komplex zu sehen. Als Sprecher konnte sich Torben Kessler mit Lesungen von Joël Dickers Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert und Dave Eggers Der Circle einen Namen machen." (HörbuchHamburg)
Viele der Bücher, die Torben Kessler eingelesen hat, neigen dazu einen philosophischen Hintergrund zu besitzen, er selbst diesen jedoch einerseits in den Hintergrund, gleichzeitig jedoch aufgrund seiner hintergründigen Leseart in den Vordergrund ein jeder Hörer, der Bücher dieser Art hört kann sich über die Interpretation von Torben Kessler freuen, denn Kessler verleiht dem Wort nicht nur Leben, er gibt Ihnen auch noch Sinn und Verstand.

Fazit

Wer mich fragt, ob dieses Buch lesens oder dieses Hörbuch hörenswert ist, der muss sich von mir die Frage anhören, mit welcher Intention er oder sie dieses Buch lesen möchte, dieses Hörbuch hören. Meiner Meinung nach gibt es keine wichtigere Frage um eine Antwort auf die Frage zu bekommen, ob sich dieses Hörbuch lohnt. Bei Amazon finden sich bereits zahlreiche Meinungen zu diesem Buch, sehr viele sehr gute, einige im mittleren Bereich und weniger schlechten. Normalerweise ziehe ich diese Bewertungen nicht heran, um ein eigenes Fazit zu begründen, doch in diesem Fall erscheint es mir hilfreich, denn wer bei „Die Sehnsucht des Vorlesers“ mit einem spannenden Roman rechnet, der einen auf der ersten Seite fesselt und erst nach der letzten Seite wieder freigibt, der sollte nicht zu diesem Buch greifen. Es handelt sich hierbei nämlich um einen Roman, der vor allem durch seine Wortbrillanz und Wortgewaltigkeit glänzt. Es ist ein leiser Roman, mit unheimlicher Tiefe, einen Roman, den man in die Hand nimmt, wie man liest, den man wieder Weg legt und darüber nachzudenken und wieder in die Hand nimmt. Gleiches passiert beim Hörbuch. Man beginnt es zu hören, stoppt es um darüber nachzudenken und hört es dann weiter.
Diese Art von Hörbuch muss man mögen um mit ihr zurechtzukommen. Wer jedoch in unserer schnelllebigen Zeit einen schnellen Kick sucht, der sollte Bogen machen. Hier werden Leser und Hörer angesprochen, die auf der Suche nach Entspannung vom Alltag sind ohne ihn gänzlich zu verlassen. Hier werden Leser und Hörer angesprochen, die im stressigen Alltag einfach mal anhalten möchten, einen Moment abtauchen, in eine Welt, die ihrer so ähnlich ist und doch so fremd. Dieser Roman ist für Leser und Hörer geeignet, die einen Moment innehalten möchten und über das Gesagte nachdenken.

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