Die neuen Helden der Serienwelt sind ziemlich Anti: „Walter White & Co.“

Walter White & CoGangster und Verbrecher jeglicher Art sind die Bösen dieser Welt, nicht wahr? Aber für jeden Film im Kino gilt, dass die Helden immer nur so stark sind, so unterhaltsam, so interessant, wie ihre jeweiligen Gegenspieler. Das Böse macht das Gute erst so wunderbar anzusehen. Das gilt für Batman, der erst mit dem Joker so großartig funktioniert, das gilt aber auch für die Serienwelt. Buffy war besonders cool, als sie mit dem fiesen Bürgermeister in der dritten Staffel einen eigentlich netten, aber dann doch wieder diabolischen Gegenspieler hatte. Und HBO hat mit Tony Soprano eigentlich gleich den Bösen in die Heldenrolle gesetzt und damit ganz schön viel durcheinander gewirbelt.

Nach Tony Soprano kam Dexter, kam Walter White, letztgenannter hat sich durch die Darstellung von Bryan Cranston zu einer popkulturellen Ikone erhoben. Es bleibt aber dabei: Er ist eigentlich der Böse der Geschichte. Der sympathische Protagonist weicht dem psychologisch komplexen und widersprüchlichen Charakter. Solche Figuren sind es, für die sich Autorin Kathi Gormász in „Walter White & Co – Die neuen Heldenfiguren in amerikanischen Fernsehserien“ interessiert. Nicht nur „Breaking Bad“ liegt ihren Beobachtungen zu Grunde, sondern auch Serien wie eben „The Sopranos“ oder „The Wire“, Hauptsache es dreht sich um die Charakterisierung und die emotionalen Welten von Anti-Helden.

Kathi Gormász ist studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikationsabsolventin der Universität der Künste Berlin, die Stop in der Werbe-, Film- und Kulturbranche machte, bevor sie zu ihren Wurzeln zurückkehrte und anfing an der UdK Film- und Fernsehästhetik zu lehren.

Mit ihrer Publikation trifft sie einen Nerv der Zeit. Wir befinden uns, das können wir inzwischen kaum noch leugnen, wirklich im Goldenen Zeitalter der Fernsehserien, in der Qualitätskanäle wie HBO mit „Game of Thrones“ daherkommen, aber auch die Streamingdienste von Sony, Amazon, Netflix & Co. mit starken Erzählungen à la „Powers“, „Transparent“ oder „House of Cards“ aufwarten können. Viele Autoren, die Helden der Fernsehserien, schwären von ihren Möglichkeiten, wenn es um das neue Format der sofort veröffentlichten kompletten Serienstaffel geht. Hier punkten vor allem die Marvel-Serien „Daredevil“ oder die viel umjubelte Show „Jessica Jones“, die mit ihren Episoden am Stück als „langer Film“ gesehen werden können. Und auffallen für „Powers“, für „House of Cards“ oder auch „Jessica Jones“ sind ebenfalls die Anti-Helden, die alles andere als perfekt eher in die Fußstapfen von Tony Soprano und Walter White treten, als strahlende Helden zu sein.

The Sopranos

In „Walter White & Co.“ wird nicht einfach nur der Blick auf diese neue Charakterform geworfen, sondern sie wird herbeigeführt. Der Blick beginnt in der Frühzeit der Serienwelt, wo „Dallas“ die Fernsehbildschirme dominierte. Es wird gezeigt, dass jede Story, ob Qualitätsserie oder – seien wir ehrlich – die schnell dahin geklatschte Soap, ihre Stärken aus den Figuren ziehen und nicht aus der eigentlichen Handlung. Die Story ist nur so stark wie die Figuren, die sie erleben. Und die Anti-Helden scheinen hier die Nase vorn zu haben. Außerdem funktioniert die Nicht-Perfektion der Figuren als bessere Identifikationsmodelle für die Zuschauer, denn „nobody is perfect“.

Das Buch beginnt amüsant mit dem „Was bisher geschah“, das „previously on“, das wir so lieb gewonnen haben, zieht sich durch diverse Goldene Zeitalter der Serien, die immer wieder in der Historie zu finden sind und erzählt uns davon, dass es eigentlich nicht mehr Fernsehen ist: „It’s Not TV. It’s Premium Content.“ So gut wie das Buch ist, so schmerzlich wird deutlich, weshalb das alles nur für den US-Markt gültig ist, denn dieser „Premium Content“ ist hierzulande einfach nicht zu finden. Muss er aber auch nicht. Wir haben zum Glück Zugang zu all den schönen US-Produktionen, die uns das eher minderwertige deutsche Programm vergessen lassen – auch wenn wir dafür zahlen müssen.

„Walter White & Co.“ ist nicht im unverständlichen Wissenschaftsjargon geschrieben, sondern ebenso leicht bekömmlich, wie die Serien, die es thematisiert. Wenn auch komplex, immer noch für die Allgemeinheit geschaffen. Damit ist der Autorin ein guter Einblick in die Anti-Helden Serienwelt gelungen.


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