Die Kraft des italienischen Südens

Die Kraft des italienischen Südens

Drei Mann in einem Auto auf dem Weg nach Barletta in Apulien: Nicola, sein Vater Riccardo und sein Großvater wollen dort die alte Wohnung am Meer verkaufen. Großvater Leonardo ließ sie einst zurück, als er für einen besseren Job mit seiner Frau und seinen vier Söhnen nach Mailand ging. Früher verbrachten er, seine Söhne und Enkel dort die Sommerferien. Damals.

Heute ist die Familie entzweit. Großvater Leonardo nennt seine Söhne Bestien, weil sich niemand mehr um den anderen sorgt oder kümmert. Jeder ist mit seinem eigenen Leben beschäftigt. Zwischen Leonardo und Riccardo besteht diese unaussprechliche Kluft des Unverständnisses, ebenso wie wiederum zwischen Riccardo und dessen Sohn Nicola. Die Gesellschaft hat sich innerhalb von nur zwei Generationen so grundlegend geändert, dass dem Sohn das Leben des Vaters fremd ist.

Leonardo, der noch nicht einmal Lesen und Schreiben kann, kämpfte im 2. Weltkrieg auf Sardinien und als Kommunist gegen die Faschisten. Als armer Bauer aus Süditalien zog er in den reichen Norden, um als Arbeiter im Mailänder Bavisa-Viertel seine Familie durchzubringen. Riccardo verkörpert die Nachkriegsgeneration, die es in rasanter Eile zu etwas gebracht hat. Er war 15 Jahre alt, als er nach Mailand kam, schloss die Oberschule ab, machte auf der Abendschule Abitur und wurde Chemotechniker. Er heiratete und wurde Vater mit 20.

Nicola, sein Sohn, der uns die Geschichte erzählt, ist 26 Jahre alt und hat nichts von all dem erreicht. Deshalb ist er in den Augen seiner Eltern ein Nichtsnutz, der studiert, statt wie ein Mann arbeiten zu gehen. «Ich in deinem Alter …» – «Ja, ich weiß, du warst schon jahrelang verheiratet, hattest ein Kind.» – «Und eine Arbeit. Und eine Wohnung. Und ein Darlehen.»

Gerade dieser Generationenkonflikt, den Balzano mit leichter Hand thematisiert, gibt dem Buch eine universelle Bedeutung. Nicola ist der typische Vertreter seiner Generation, die feststellen muss, dass alle Stellen und Arbeitsplätze besetzt sind, und der daher ohne Aussicht auf einen Job als ewiger Student zwischen Bibliothek und Cafeteria pendelt.

«Die aus deiner Generation haben uns fast alles genommen. Es gibt niemanden mehr, der sich ohne Rückendeckung etwas aufbauen kann, zu Hause ausziehen, es auf mehr als sieben bis acht Gehälter hintereinander bringen kann», klagt Nicola den Vater an: «Vielleicht hätten wir euer ’68 nachäffen sollen … ganz bestimmt hätten wir es viel weiter gebracht.» – «Ihr habt nicht mehr die Kraft, richtig zornig zu werden», entgegnet Vater Riccardo.

Es sind nicht nur treffende Dialoge wie diese, die Balzanos Debütroman zu einer Entdeckung auf der Frankfurter Buchmesse machen. Il figlio del figlio (im Original wörtlich: «Der Sohn des Sohnes»), übersetzt von Maja Pflug, lebt auch von der erzählerischen Kraft. Als Leser spürt man die Mittagshitze in den Straßen der süditalienischen Hafenstadt, den Geruch des Meeres nach Muscheln und man fühlt sich den Personen nah. Auf der langen Reise finden die Generationen ins Gespräch und es zeigt sich, dass alle zu jeder Zeit doch dasselbe suchen: einen Platz in Raum und Zeit.

Bestes Zitat: «Wenn du kannst, musst du dir dein Leben da einrichten, wo du geboren bist.»

Autor: Marco Balzano
Titel: Damals, am Meer
Überstzung: Maja Pflug
Verlag: Antje Kunstmann
Preis: 17,90 Euro
Seiten: 224
Veröffentlichungstermin: bereits erschienen

Quelle:
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«Damals, am Meer» – Die Kraft des italienischen Südens

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