Die „Heimchen-am-Herd-Falle“ – welche Faktoren können Frauen beeinflussen?

Vorab – ich finde arbeitende Frauen im Allgemeinen und Mütter im Speziellen toll. Persönlich könnte ich mir nicht vorstellen, eine Partnerin zu haben, die nicht einen guten Teil zum Familieneinkommen beiträgt. Zum einen empfände ich es als Belastung, wenn auf meinen Schultern die volle Verantwortung für das finanzielle Wohlergeben der Familie läge, zum anderen schätze ich den geistigen Austausch mit einer Partnerin, die von vielen Seiten Anregungen bekommt. Außerdem möchte ich nicht verheimlichen, dass ich ein klein wenig neidisch auf meine Frau wäre, wenn sie die meiste Zeit mit den Kindern verbringen dürfte.

Die Zahl der Männer, die ähnlich denken wie ich, ist groß und steigt stetig. Auch, weil es im heutigen wirtschaftlichen Umfeld einfach keinen Sinn mehr macht, sich primär auf einen „Geldverdiener“ zu verlassen.

Warum ist es trotzdem noch immer so, dass viele Frauen in Deutschland aus dem Berufsleben aussteigen und sich lange Jahre in erster Linie um ihre Kinder kümmern, um anschließend häufig Probleme mit dem erneuten Berufseinstig zu haben? Warum ist es für viele Frauen so schwer, im Beruf voranzukommen und warum verdienen sie nicht so gut wie Männer? Hierzu möchte ich an dieser Stelle meine persönliche Meinung einbringen und zur Diskussion stellen.

Das klassische Rollenbild wird gelebt

Zunächst ein paar Beobachtungen aus unserem Freundeskreis: Dort ist es in der Tat so, dass fast alle meine Freunde das „klassische Familienmodell“ leben. Der Vater arbeitet, die Mutter kümmert sich um die Kinder. Meine Frau war sehr überrascht – und auch ein wenig geschockt – als sie beobachtete, dass sich die Frauen fast ausnahmslos vollständig aus dem Berufsleben zurückzogen. Dabei hatten all diese Frauen eine gute Ausbildung und verdienten Geld – und ihre Männer sind keine ausgeprägten Machos.

Was sind die Gründe dafür, dass sich die meisten Frauen in Deutschland zumindest für eine Weile aus dem Berufsleben verabschieden, wenn Kinder kommen? Meiner Meinung gibt es hierfür gesellschaftliche Gründe, die sich nur langsam ändern und persönliche Faktoren, die jede Frau selbst in der Hand hat.

Die Mütter-Väter-Klischees sind tief in uns verankert

Tief in den meisten Deutschen lebt es noch – das traditionelle Rollenbild mit einer fürsorgenden Mutter, die sich allein für die Kinder opfert und einem Vater, der sich heldenhaft ins Berufsleben stürzt, um den Lebensunterhalt der Familie zu sichern. Testen Sie sich selbst – was denken Sie sich, wenn Mütter Babys in eine Kinderbetreuung geben, um wieder arbeiten zu gehen? Kommt Ihnen da das Wort „Rabenmutter“ in den Sinn? Was halten Sie von „Hausmännern“? Trauen Sie Männern, die sich ausschließlich um ihre Kinder kümmern, ebenso viel zu wie ihren Frauen? Haben Sie Mitleid mit den dazugehörigen Müttern (mehr als mit arbeitenden Vätern, die weniger von ihren Kindern haben)?

Diese Rollenbilder sind tief in unserer Gesellschaft verankert – bei vielen auch unbewusst – und ein Bewusstsein ändert sich nur langsam. Die letzten Jahrzehnte haben unglaubliche Umwälzungen in den Geschlechterbeziehungen gebracht, aber zu einer völligen Gleichbetrachtung der Geschlechter, welche die Voraussetzung für eine Gleichberechtigung ist, fehlt noch einiges.

Häufig ist es der soziale Druck, der junge Eltern zurückhält, ihre eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Oft sind es die eigene Familie oder Geschlechtsgenossen bzw. –genossinnen, die unterschwellig Druck ausüben. Männer werden schräg angesehen, wenn sie wirklich wegen der Familie einen Schritt in Bezug auf die Karriere zurückschalten – und damit neben beruflichen auch finanzielle Einbußen in Kauf nehmen. Frauen werden von den eigenen Müttern und Freundinnen mit einem Kopfschütteln bedacht, wenn sie sich für die Kinder keine längere Auszeit nehmen. Ist Ihnen eigentlich schon einmal aufgefallen, dass das „Rabenmutter“-Argument fast immer von anderen Frauen kommt? Diese halten ihr Weltbild für das einzig Wahre und haben einen großen Missionierungswillen.

Die Politik behindert gesellschaftliche Entwicklungen

Die Politik in Deutschland macht es jungen Eltern auch nicht leicht, Familie und Beruf zu vereinbaren. Aufgrund der mangelhaften Kinderbetreuung bleibt vielen jungen Familien nur die Wahl, dass einer der Partner entweder zu Hause bleibt oder beide gut verdienen (und damit meist auch lange arbeiten), um sich eine teure Ganztagsbetreuung leisten zu können. Das Ehegattensplitting macht es in vielen Fällen attraktiv, dass einer der Partner beruflich aussetzt und die frisch beschlossene „Herdprämie“ zementiert althergebrachte Rollenbilder. Kurz – die Politik hinkt wieder einmal den gesellschaftlichen Entwicklungen hinterher und leistet sogar ihren Beitrag, sie zu verlangsamen.

Diese Rollenbilder verändern sich auch in Deutschland. Jedoch braucht es Zeit, bis wir so weit sind wie in anderen Industrienationen, in denen andere Lebensmodelle als „Mutter zu Hause“ gefördert, weit verbreitet oder zumindest gesellschaftlich akzeptiert sind.

Frauen können verhindern, in die „Heimchen-am-Herd-Falle“ zu tappen

Auf der persönlichen Eben können junge Frauen, die sich partout nicht in die Rolle des „Heimchen am Herdes“ drängen lassen wollen, jedoch Einiges tun, um das zu verhindern. Studien aus dem englischen Sprachraum haben ergeben, dass ein großer Faktor für die berufliche Entwicklung von Frauen die Wahl des richtigen Partners ist. Dies wird auch für Deutschland zutreffend sein.

Versetzen wir uns doch einmal in die Lage eines jungen Paares, das gerade sein erstes Kind erwartet. Eine Frau ist in Deutschland im Schnitt 30, wenn dieses Ereignis eintritt, ihr Partner im Schnitt ein paar Jahre älter. Das Kind ist meist eine bewusste Entscheidung und schnell ist beschlossen, dass einer der Partner für das Kind eine Weile beruflich kürzer treten wird. In den allermeisten Fällen ist das die Frau. Die Gründe hierfür? Abgesehen davon, dass die Mutter die Einzige ist, die stillen kann, sind es neben den erwähnten traditionellen Rollenbildern ganz profan auch finanzielle Erwägungen, die den Ausschlag geben. Das ist auch verständlich, denn ein neues Familienmitglied kostet auch Geld – und der Verdienstausfall wird durch Elterngeld etc. nur teilweise kompensiert. Wenn dann noch ein eigenes Heim finanziert werden muss, dann hat eine junge Familie oft keine Wahl, als dass der Besserverdienende zwangsläufig voll weiterarbeiten muss. Dies ist in vielen Partnerschaften der Mann. Da die werdende Mutter bis zu diesem Zeitpunkt meist voll gearbeitet hat, liegt der Einkommensunterschied  jedoch in den seltensten Fällen an der vielbeschworenen Ungleichbezahlung der Geschlechter (siehe hierzu auch SPIEGEL 4/2013, S. 18ff). Viel häufiger ist es einfach so, dass Frauen Partner wählen, die ein paar Jahre älter sind und ihnen in Verdienst und Ausbildung zumindest ebenbürtig, wenn nicht überlegen sind. Je größer der Einkommensunterschied bei den Partnern, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass der geringer verdienende Partner derjenige ist, der beruflich kürzer treten wird bzw. muss. In den meisten Fällen die Frau. Frauen mit besserverdienenden Partnern, die am besten noch karrierebewusste Alphatiere sind, haben es folglich schwerer, der traditionellen Mutterrolle zu entkommen.

Die Faktoren, die junge Frauen in der Hand haben

Was für Möglichkeiten haben junge Frauen also, frühzeitig die Weichen zu stellen, um das klassische Rollenmuster für sich selbst zu durchbrechen? Zum einen sollten sie sich für einen Partner entscheiden, mit dem eine gleichberechtigte Partnerschaft möglich ist – auch, wenn Kinder da sind.

Zum anderen sollten sie einen Beruf wählen, in dem sie die Chance haben, ausreichend Geld zu verdienen. Bei Männern ist der erwartete Verdienst eines der Hauptargumente bei der Auswahl einer Ausbildung. Auch, weil sie – traditionelles Rollenmuster – in der Lage sein wollen, sich selbst und eventuell auch Frau und Kinder zu ernähren. Es ist faszinierend zu beobachten, dass sich Frauen trotz besserer Schulabschlüsse als Männer häufig für Berufe entscheiden, die vergleichsweise schlecht bezahlt sind. Und dies ist der falsche Ort, um zu thematisieren, dass etwa Erziehungs- und Pflegeberufe unterbezahlt sind. Nehmen wir dies einfach als gegeben hin. Je mehr Frauen im Vergleich zu ihrem Partner verdienen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie für ihre Kinder längerfristig aus dem Berufsleben aussteigen werden.

Schließlich gibt es noch die Möglichkeit für junge Paare, Einbußen in Bezug auf Finanzen und Karriere bewusst hinzunehmen, so dass beide Partner mehr Zeit mit der Familie verbringen können. Aber das tun noch die wenigsten jungen Eltern, weil sie es sich nicht leisten können oder dies zumindest glauben.

Ein Fazit

Die Vereinbarung von Familie und Beruf muss für Väter UND Mütter möglich sein. Es hat sich dahingehend bewegt einiges in Deutschland bewegt, aber es ist noch viel zu tun. Die Gefahr für junge Frauen, in die „Mütterfalle“ zu tappen und längerfristig aus dem Berufsleben ausscheiden zu müssen, ist noch immer groß. Wer Kinder UND Karriere will, wird immer Kompromisse schließen müssen, egal ob Mann oder Frau. Der Staat muss durch verbesserte Betreuungsmöglichkeiten die Basis schaffen, die es jungen Eltern ermöglicht, sich auch beruflich zu entfalten. Das Bedürfnis hierfür besteht bei der neuen Elterngeneration auf jeden Fall – Vätern ebenso wie Müttern. Denn wir sitzen im selben Boot.

 

Nachtrag

In dieser Kolumne ging es mir darum, zu erörtern, warum zahlreiche Frauen noch immer als „Vollzeit-Mutter“ und Hausfrau enden, obwohl sie dies ursprünglich gar nicht wollten und was sie tun können, um dem zu entgehen.

Es liegt mir fern, Frauen, die sich bewusst und freiwillig für die Rolle als Vollzeit-Mama und den Ausstieg aus dem Berufsleben entscheiden, einen Vorwurf zu machen. Es ist jedoch ein Modell, das ich mir für meine Partnerin und mich nicht vorstellen kann und das darüber hinaus Risiken birgt, was die finanzielle Absicherung der Frau angeht.

Ein Gastbeitrag von Stefan Hahndorf (46). Er leitet das Väterportal www.vaterfreuden.de und lebt mit seiner Familie in München.


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