Die europäische Einbahnstraße

Die europäische EinbahnstraßeDas politische Establishment Deutschlands ist normalerweise strikt auf Europa getrimmt. Es lobt die Idee der Europäischen Union. Kein Wunder, die deutsche Wirtschaft, für die es spricht, profitiert davon. Der Euro war ein Geschenk. Verbunden mit der Osterweiterung sowieso. Deutsche Unternehmen agieren jetzt zollfrei und ohne nennenswerte Hürden auf dem Kontinent. Der Export wurde gesteigert. Eine solche Idee müssen die Parlamentarier der Wirtschaftrepublik ja gut finden. Aber immer wieder sehen sie das Erreichte bedroht. Wenn diese störrische Union nicht so handelt, wie es die deutsche Wirtschaft gerne hätte. In solchen Momenten nennen sie die europäische Idee plötzlich anfällig und pervertiert. Dann werden sie dünnhäutig und wähnen sich unverstanden von einem Kontinent, der nur neidisch ist auf ihr schönes und erfolgreiches Land.

Spuren die anderen in der EU nicht, macht sich die Europäische Union mal für fünf Minuten von Zugriff Berlins unabhängig, dann schäumt die politische Klasse dieses Landes vor Wut. Zuletzt mal wieder, als eine EU-Kommission meinte, dass Zuwanderer aus EU-Ländern auch Anspruch auf Sozialleistungen haben. Da waren die bösen Töne, die man einige Wochen vorher noch über Europa schallen ließ, noch gar nicht richtig verklungen. Damals meinten einige EU-Mitgliedsstaaten und Madame Lagarde, dass der Exportüberschuss Deutschlands ein gravierendes Problem darstelle. Und selbst wenn die EU mal für sechs Monate zurückrudert und das IBAN-Verfahren verschiebt, mucken einige aus dem hiesigen Politikbetrieb auf und schreien voller Unverständnis, dass sie das nicht einsehen wollen.
Dieses Europa ist seit geraumer Zeit so gut zu diesem Land. Offiziell und inoffiziell. Bei zweiterem handelt es sich um so krumme Dinger wie die Rettung Griechenlands. Mit Segen der EU musste Griechenland unter Zwang zustimmen, dass Besitz und Unternehmen der öffentlichen Hand privatisiert werden dürfen. Das waren ganz besondere Schnäppchen auch und vor allem für deutsche Unternehmen. Die Deutsche Telekom hält nun für einen Spottpreis 40 Prozent der Helenic Telecoms, die vor allem Mobilfunknetze in Rumänien, Bulgarien und Albanien unterhält. Ein Bombengeschäft für das Unternehmen aus Bonn. Aber wenn Rumänen und Bulgaren die Freizügigkeit vollwertiger EU-Bürger genießen wollen, dann findet man das schrecklich unfair. Man kann Rumänen und Bulgaren Handyverträge aufschwatzen, aber sie zu uns kommen lassen, da macht man nicht mit, da wird man patzig und findet die EU doof.
Peter Mertens nennt in Wie können sie es wagen? übrigens weitere griechische Unternehmen, die auch von deutschen Großbetrieben begehrt wurden oder noch werden. Zum Beispiel der internationale Flughafen von Athen, ein Viertel des Hafens von Piräus, "ein Viertel des Hafens von Thessaloniki, ein Drittel der Hellenischen Postbank, 40 Prozent der Wasserwerke Thessalonikis, die Hälfte der Gasversorgers DEPA und ein Drittel des Gasversorgers DESFA. 99,8 Prozent des Waffenfabrikanten Hellenic Defense Systems standen zum Verkauf und die Nationallotterie sollte ebenso wie die Pferderennbahnen und die Bahngesellschaft Trainose zu 100 Prozent verkauft werden."
Wehe, da kommen Skrupel auf in der Europäischen Union. Wehe, dieser Selbstbedienungsladen ist keine Einbahnstraße mehr, dann wird man aber böse in Deutschland. Dann stellt man alles in Frage.
Für die politischen Eliten hierzulande ist klar, dass es Europa nur als "deutsche Kolonie" geben soll. Als einen Markt, in dem die deutsche Wirtschaft sich ungeniert bedienen darf, der den deutschen Wohlstand am Laufen hält. Vom Konzept gleichberechtigter Partner, die auf Augenhöhe agieren, hat sich die hiesige politische Führung schon lange verabschiedet. Stattdessen versteckt man diese Mentalität von Raubzüglern hinter beschwörenden Formeln wie Wir sind der Motor Europas! oder Wir halten Europa zusammen! Dass Deutschland Europa dringender brauchen könnte, als Europa Deutschland, schließen solche Formeln aus. Wer braucht schon eine Union, die Sparpläne verteilt, die immer die treffen, die eh schon nichts haben? Wer braucht eine Union, die Gemeingut in Privatisierung überführt und damit das Allgemeinwohl gefährdet? Aber Mitglieder, die barrierefreie Absatzmärkte und billige Arbeitskräfte brauchen, die brauchen eine solche Union dringend.
Pluralistisch hat Europa nicht zu sein, wenn es nach den Schergen geht, die die deutsche Politik in Brüssel vordiktieren. Und progressive Ansätze erstickt man mit aller Macht. Und wie stark diese Macht ist, hat man eben erst gesehen. Aus Berlin geiferte man sogleich voller Hass, dass man Armutstouristen - ein Wort, das fast aus einer faschistischen Wortschmiede zu stammen scheint - nicht alimentieren wolle und schon rudert Europa zurück, sagt, es wäre ganz anders gemeint gewesen und natürlich liege es im Ermessen der einzelnen Staaten, wie sie mit Zuwanderern umgehen wollen. Vielleicht wird in Europa nicht Deutsch gesprochen, wie Kauder es einst gern gehabt hätte. Aber man gelernt, es wenigstens zu verstehen.
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