Die entlarvende Frage nach der Alternative

Isola_di_Utopia_Moro-212x300Es ist schlecht um die Welt bestellt. Irgendwie weiß das auch jeder. Sogar jene, die poli­tisch gleich­gül­tig sind, wis­sen, dass es der Umwelt nicht gerade gut geht, dass Menschen hun­gern und Kriege toben. Sie haben für sich nur ent­schie­den, dass es ihnen gleich­gül­tig ist und fah­ren damit ganz gut. Denken sie zumin­dest.

von Salome

Hin und wie­der tref­fen sie in ihrem Alltag auf Menschen, die das anders sehen und diese zei­gen ihnen in einer Diskussionen viel­leicht auf, was der Hexenkessel Kapitalismus so mit sich bringt: Krieg, Nahrungsmittelspekulationen, Austeritätspolitik, Imperialismus, indus­tri­ell gefer­tigte und ver­seuchte Lebensmittel auf der einen Seite, Millionen hun­gernde Menschen auf der ande­ren Seite, Elend und eine zer­störte Natur. Früher oder spä­ter folgt sie dann, die unver­meid­li­che Frage nach der Alternative, so als dürfte man das beste­hende System nur dann kri­ti­sie­ren, wenn man bit­te­schön einen bes­se­ren Vorschlag in der Tasche hat. Die Frage nach der Alternative sagt eine Menge über den­je­ni­gen aus, der sie stellt und sie ist sym­pto­ma­tisch für unsere Gesellschaft.

Beschwert euch nicht

In der Menschheitsgeschichte man­gelt es nicht an Über­le­gun­gen zur idea­len Gesellschaftsform. Auch prak­ti­sche Versuche hat es durch­aus schon exo­ti­sche gege­ben. Einige schei­ter­ten nach kur­zer Zeit, andere hiel­ten sich erstaun­lich lange. Ob ihre Lebensdauer etwas über ihre Qualität aus­sagt, ist frag­lich.

Es ist jeden­falls bemer­kens­wert, dass so viele Menschen glau­ben und auch jüngst wie­der in den Feuilletons zum Besten geben, dass unser System, so wie es ist, doch zumin­dest das Beste ist, dass es je gab und wir doch alle mal dank­bar sein soll­ten. So als gäbe es eine Art lineare Entwicklung in der Menschheitgeschichte, zum Besseren hin und wir befän­den uns der­zeit doch zumin­dest an deren Spitze. Dabei darf dann der Verweis auf das fins­tere Mittelalter nicht feh­len. Man hört dann fast die Ketten der Folterkeller ras­seln, sieht die Scheiterhaufen lodern und die Pestkarren rol­len.

Aber ist all das eine Entschuldigung, sich ein­fach so zufrie­den zu geben, mit dem, wie es ist? Wegzusehen, bei dem, was geschieht? Krieg, Elend, Ausbeutung hin­zu­neh­men? Diese drei Schlagworte genü­gen meist schon, um beim Normalbürger dafür zu sor­gen, dass er auf Durchzug schal­tet. Irgendwie weiß er ja, dass es das alles gibt. Aber irgend­wie hat das doch alles nichts mit ihm zu tun. Wer jetzt gut argu­men­tiert, kann viel­leicht in einer Diskussion dafür sor­gen, dass sich sein Gegenüber doch ange­spro­chen fühlt. Und am Ende zugibt, dass er ja eigent­lich auch weiß, dass es nicht so gut läuft.

Mit der Welt und der Umwelt und dem Kapitalismus. Und denen da oben. Den Banken und den Politikern. Und trotz­dem will er sich nicht mit Kritik beschäf­ti­gen, son­dern fragt nach der Alternative.  „Habt ihr viel­leicht eine bes­sere Idee?”, heißt es dann. Wer jetzt den Fehler begeht und mit einem Schlagwort ant­wor­tet, hat schon ver­lo­ren. „Kapitalismus abschaf­fen“, wäre so eins. Das andere K-Wort eben­falls. Sozialismus auch. Bei poli­tisch Versierteren blitzt als Antwort dar­auf nicht sel­ten sofort ein höh­ni­sches Grinsen in den Gesichtern auf und sie sagen: „Dass das nicht funk­tio­niert, haben wir doch gese­hen.“ Die ganz Gleichgültigen win­ken eben­falls ab. Mag ja sein, dass irgendwo in Afrika Kinder ster­ben. Aber dafür auf’s Spiel set­zen, dass der Neuwagen riecht, wie er rie­chen soll und dass das IPhone der nächs­ten Generation noch ein wenig fla­cher ist? Ne. Echt nicht.

Erschreckende Fantasielosigkeit

Die Frage nach der Alternative ent­larvt den Fragenden einer erschre­cken­den Fantasielosigkeit. Denken wir wirk­lich so gering von uns, von den Fähigkeiten, die wir haben, dass wir glau­ben, die gegen­wär­ti­gen Verhältnisse seien die best­mög­li­chen? Trauen wir uns nicht zu, unse­ren Verstand zu benut­zen und zu erken­nen, was nicht stimmt, was um uns herum geschieht? Mehr als ein biss­chen Unwohlsein bei der Tagesschau kön­nen wir nicht? Ein biss­chen pflicht­be­wuss­tes Schuldgefühl und dann wei­ter wie bis­her?

Irgendwie ner­ven ein paar Sachen schon, das Sterben, das Zahlen, das Arbeiten, das Ausgebeutet wer­den, aber was soll`s? Immer noch bes­ser als – ja, was eigent­lich?  Wir müs­sen nicht nach der Alternative fra­gen, um zu kri­ti­sie­ren. Die Verhältnisse, in denen wir leben, die­nen 99 Prozent der Menschen nicht. Sie beu­ten sie aus. Sie benut­zen sie als mensch­li­ches Material, um Profit zu erwirt­schaf­ten. Wir sind die arbei­tende, kon­su­mie­rende Masse. Unser Leben wird bis in die kleins­ten, intims­ten Details kon­trol­liert und gesteu­ert.

Der NSA-Skandal hat das in der jüngs­ten Vergangenheit gezeigt. Der wirk­li­che Skandal daran ist, dass wir uns noch nicht ein­mal dar­über auf­re­gen. Wir neh­men es ein­fach hin. Wir las­sen still­schwei­gend zu, dass man mit unse­rem Leben ver­fährt, dar­über ver­fügt. Dass andere mit unse­rer Lebenszeit, unse­ren Daten, unse­rer Gesundheit ihre Interessen ver­fol­gen. Den Gleichgültigen in ihren Neuwagen ist das egal, der Rest rela­ti­viert diese Zusammenhänge, um es sich leich­ter zu machen, mit ihnen zurecht zu kom­men.

Es gibt kein Utopia

Die Frage nach der Alternative dient jenen, die sie stel­len, als Entschuldigung dafür, sich bequem zurück­zu­leh­nen und ein­fach wei­ter zu machen, wie bis­her. „Wenn ihr kei­nen bes­se­ren Vorschlag habt, als das, was wir ken­nen, dann machen wir nicht mit“ – das ist die Aussage, die dahin­ter steckt. Es geht nicht darum, eine Alternative zu haben. Es gibt kein fer­ti­ges Utopia, das auf uns war­tet, keine gol­dene Insel, zu der wir ein­fach über­set­zen kön­nen. Eine andere, bes­sere Gesellschaft ist mög­lich, aber das ist anstren­gend. Das erfor­dert doch glatt selbst­stän­di­ges Denken und Initiative. Wenn wir eine andere Gesellschaft wol­len, dann müs­sen wir sie uns schon sel­ber schaf­fen. Es gibt sie nicht fer­tig in einer Box im Regal im nächs­ten Supermarkt.


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