"Die Auserwählten - Helden des Widerstands": Im Wald bist du sicher

Sehen aus wie die Deutschen, sind aber Widerstandskämpfer. Sollte man jetzt im Heimkino kennenlernen...

Sonson (Luke Mably) gilt als guter Anwalt. Er hätte Richter werden können. Oder Bürgermeister. Doch Sonson lebte zur falschen Zeit am falschen Ort. Jetzt ist er nicht mehr Anwalt, sondern er schuftet im Steinbruch. Seiner todkranken Frau muss er beim Dahinsiechen zusehen, hilflos, weil er eben jüdisch, weil sich die Zeiten auch in Ungarn geändert haben und der Arzt, den Sonson schon so lange kennt, sich an die Regelungen halten muss.
Sonson lebt im Jahre 1944 in Debrecen. Es ist die Zeit, in der sich die Nazis auf machen, auch den alten Bündnispartner Ungarn in die Schranken zu weisen und das Volk Ungarns zu befreien vom jeglichen jüdischen Leben. Mehr als 400.000 ungarische Juden wurden deportiert zu jener Zeit, nach Polen, nach Auschwitz. Auch Sonsons letzte verbliebene Vertraute, Schwägerin Judith (Ana Ularu) muss dran glauben und wird irgendwo dort hin gebracht, wo es für die meisten kein Zurück mehr gibt. Also macht sich Sonson mit dem unbändigen Mute der Verzweiflung auf, Widerstand zu leisten. Koste es, was es wolle. Erst im ungarischen Heimatort, später im Warschauer Ghetto...
Regisseur Jasmin Dizdar spult in "Die Auserwählten - Helden des Widerstands" Gott sei Dank nicht bloß die abermillionste Variante von "Weltkrieg in Land XYZ, das waren unsere Helden" ab. Zwar basiert auch der Film (Buch: Gabriel De Mercur) auf einer wahren Begebenheit, so wie gefühlt jeder Film aus jedem Land, das seine Geschichte zur Zeit des Nazi-Schreckens erzählt. Aber Dizdars Streifen ist keine Helden-Verehrung von der Stange, auch wenn man zum Ende hin durchaus das Gefühl bekommt: Hab ich doch schonmal gesehen - oder nicht?

Sonson, ein Mann, viel zu gut für eine Nazi-Uniform


Dizdars Streifen fokussiert sich zusehend auf diesen Sonson. Es ist die Charakterstudie eines Typen, der Grips im Kopf hat und der sein eigenes Ich nicht immer in den Vordergrund stellen muss. Sonson ist die Art von Charakter, der Dinge tut, die er tun muss. Einer, dem seine Liebsten wichtig sind und der für sie alles täte. Ein Mann mit Prinzipien, der sich damals auch nicht scheute, in SS-Uniformen zu schlüpfen, um den Feind zu übertölpeln. Überhaupt: In Dizdars Film spielen die Nazis zwar schon eine Rolle, aber hier geht's nicht um die Nazi-Schreckensherrschaft als solche, sondern vielmehr konzentriert sich "Die Auserwählten - Helden des Widerstands" auf die wirklich wichtigen der damaligen Zeit. Auf Sonson und seine Widerstands-Gefährten, die später im Warschauer Ghetto aufmucken und den Deutschen mutig im übertragenen Sinne den Mittelfinger entgegen strecken.

Wird derportiert: Judith

Mablys Darstellung ist dabei ziemlich geheimnisvoll angelegt. Zurückgenommen, regelrecht in sich gekehrt interpretiert er seine Figur. Das ist wohltuend. Sonson ist kein aufbrausender Wirrkopf, sondern eine Person, die sich vor jedem Schritt ausrechnet, was sie tun muss. Und dann Gas gibt. Mably macht das formidabel. Ein Mann, viele Geheimnisse - eine Mission.
Wer in einem Nazi vs. Helden-Film dann eher auf eine Prise Action steht, wird ebenfalls nicht enttäuscht. Mächtig Action wird dargereicht und ordentlich arrangiert. Und irgendwie macht's auch hier wieder Angst und Bange, wenn man beispielsweise den Momenten des Verrats beiwohnt. Da wird Judith hinterher spioniert, wie sich - noch in Ungarn befindlich - auf dem Weg zum Untergrund-Versteck des Widerstands macht und aus dem Off tönt es:"Eine falsche Bewegung an der falschen Stelle und sie waren hinter dir her. Debrecen war ein Ort der Verdächtigungen. Und nur tief in den Wäldern konnten sie sich frei fühlen" Das hier ist keine bloße Behauptung, das wird hier ständig und überall wieder gegeben. Die Angst vorm Feind, vorm Tod und die Frage nach dem Warum - warum wir? Wieso und womit haben wir das verdient. Die Stimmung von damals, man kann sich eigentlich nur schwer hinein versetzen ins  jüdische Volk - hier schon. Stark und atmosphärisch.

Fazit


Überhaupt: Der Off-Sprecher. Harvey Keitel - so ist die Geschichte eingebettet - spielt hier den Opa, der seinem Enkel von der Geschichte von Sonson berichtet. Der Off-Sprecher ist oft überflüssig, hier nicht, er erzählt hier nicht nur, er leidet, er hält inne beim Erzählen, er muss schlucken, hier gibt er dem Ganzen den besonderen Touch. Das ganz besondere Etwas, eben jenes, das aus dem Film halt wirklich das macht, was er schlussendlich ist: Ein beeindruckendes Stück.
BEWERTUNG: 9,0/10Titel: Die Auserwählten - Helden des WiderstandsFSK: ab 16 freigegebenLaufzeit: 105 MinutenGenre: KriegsdramaErscheinungsjahr: 2016Autor: Gabriel De MercurRegisseur: Jasmin DizdarDarsteller: u.a. Ana Ularu, Luke Mably, Harvey Keitel
Fotos: Dolger Films, Pandastorm Pictures

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