Der Sturm und Drang des Jakob A.

Ich kann Jakob Augstein durchaus verstehen. Wie er, so sehne auch ich mich nach einer sozialdemokratischen Alternative. Mit dem kleinen Unterschied, dass mich diese Sehnsucht nicht schwärmerisch macht, sondern eher nüchtern.
Der Sturm und Drang des Jakob A. Sein Er kann es, ein beschwörendes Lob auf Peer Steinbrück, ist allerdings weniger von der Realität als von einem flehenden Sehnen inspiriert, das hie und da ins Romantische abgleitet. Am Sonntag, so schreibt Augstein wie entfesselt, "glaubte man plötzlich", dass Steinbrück gegen Banken vorgehen will, "glaubte man plötzlich", dass er die Interessen der Armen vertrete, "glaubte man plötzlich", dass er ein Sozialdemokrat sei. Das ist Sturm, das ist Drang, eine in Aufklärung gewandete Verklärung der Realität.

Wie der klassische Sturm und Drang elementar von Irrationalismus geprägt war, sich von der ratio zugunsten der emotio abwandte, so stürmt und drängt nun der erfahrene Journalist Augstein wie ein Naivling zu einer Weltschau, die als Gedanken den Wunsch zum Vater hat. Anders sind Floskeln wie "Dieser Mann wäre ein guter Kanzler [...] gewesen" nicht zu  erklären. Wo ist da die unsentimentale ratio, die die kühne emotio belehrt, dass nach einigen Minuten gegenseitig vorgetragener Monologe noch lange nichts bewiesen ist, was einen solchen Satz rechtfertigte?
Traurig ist hierbei, dass man Augsteins Sehnen nachvollziehen kann. Man möchte ja plötzlich all das glauben, was die Stimme seines Herzens ihn glauben läßt. Man möchte die Sehnsucht nach einer Sozialdemokratie, die Sozialdemokratie mit vollem Bewusstsein ist, die die soziale Gerechtigkeit als unantastbare Präambel ihres Wirkens festschreibt, endlich befriedigt wissen. Man möchte Sozialdemokraten erleben, die nicht klassistisch arrogant auftreten, sondern mit Verständnis für die Sorgen der Armen. Wer hofft denn nicht, dass sich die Sozialdemokratie als etwas hemdsärmeligerer Konservatismus erledigt, um wieder etwas Progressives zu werden? Aber all diese Hoffnungen und Sehnsüchte reichen eben nicht aus, die triste Realität mit einem brutalen Eskapismus von der Realität zu umschiffen.
Traurig ist indessen auch, dass Augstein so tut, als sei das TV-Duell etwas, das schon fast institutionellen Anspruch erfüllt, das politisch bildet und transparent macht. Wie auch sein Kollege bei Phoenix und baldiger Kollege beim Spiegel Nikolaus Blome, der deshalb in der Bildzeitung schrieb "Nörgler, Klappe halten!". Aber Jakob und der Jakobiner: das ist eine völlig andere Geschichte.

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