Der Rotwähler

Der Rotwähler

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GTL | 10.8.2013 | Kommentare (0)

 

Der Rotwähler

Er kommt entspannt von einem Kuraufenthalt aus einem PVA-Rehazentrum. Er beantrage das jedes zweite Jahr bei seinem Hausarzt, wegen der Bandscheiben. Wenn das mit der nächsten Kündigungswelle losgeht, hofft er, dass ihm das nutzt um in die Hacklerregelung oder Frühpension „zu gleiten“. Seinen Skoda Superb hat er vor dem Lokal geparkt, Kurzparkzone hin oder her, das Ladetätigkeit-Schild hilft die Parkgebühren der „griechischen Kuh“ im Rathaus einzusparen. Den SUV hat seine Frau, die ist gerade in der SCS einkaufen.

Unser Treffpunkt ist selbstverständlich das Espresso Vorstadt, das Getränk ein G’spritzter, bisweilen verdünnt durch einen „Klaren“. Mein Gesprächpartner ist hier bei der Bedienung, der „Gabi“, unmissverständliche Tätowierung am Oberarm, bestens bekannt.

Sein Bildungsweg war linear. Städtischer Kindergarten, städtische Volksschule, Unterstufe Gymnasium so recht und schlecht mit viel Nachhilfe, dann Berufseintritt, parallel Betriebsrat, seit Jahren „freigestellt für die Arbeit für die Kollegenschaft“. Vom Kreisky hat er noch was mitbekommen, dann der Fred, dann der Franz, der Vranitzky; … nicht der Verzetnisch, der mit seinem Penthaus, von dem möchte er nimmer reden … Er kannte sie alle, sie haben ihm zugewinkt vor dem Rathaus, aus dem Bildschirm natürlich. Nein, marschiert ist er nie am 1. Mai.
„An dem Tog fohrt die Bim ja net, wie kumm i denn da zum Rathhausplatz! …. Aso, jetzt fohrn de eh wida…. ?“

Er ist verheiratet, in zweiter Ehe, hat aus der ersten zwei Kinder, die er beim Magistrat „untergebracht hat“, nur sein Jüngster macht Probleme. Viele Schulwechsel, dann -abbruch, Lehre ohne Karriere, schließlich sitzt er wieder im Wohnzimmer und schaut seinen Fingernägeln beim Wachsen zu. Morgen hat er einen Termin beim Herrn Bezirksvorsteher, „ob sie do net was mochen losst fürn Buam, bei der MA48 (Anmerkung für Nicht-Wiener =Müllabfuhr); weil kräftig is er ja und durt hot a vül Nochmittagsfreizeit ….“

Die Frage nach seinen politischen Visionen kontert er mit „Vranitzkys Überweisung zum Nervenarzt“. Die Sozialdemokratie hat schließlich alles geschafft, was die Väter erreichen wollten, jedes Jahr das Donauinselfest, der Rathausplatz eine endlose Kette an Volksfesten vom Eistraum bis zum Weihnachtsmarkt. Er hoffe halt, dass er noch lange seine Pension genießen wird können. Seinen letzten Arbeitstag hat er sich schon von der Arbeiterkammer ausrechnen lassen, nun geht’s nur darum, das Datum etwas vorverlegen zu können.

Die Frage, warum er rot wählt, lässt ihn kurz verstummen. Er ist ja eigentlich, im Gegensatz zu seinem frühpensionierten Vater, Wechselwähler, hat das aber in „der Sektion“ nie breitgetreten. Den Jörg (Haider) hat er schon immer wieder gewählt, so lange er ihn wählen konnte, um den Genossen da oben etwas „Feuer unterm Hintern“ zu machen. Ausländer und so: Die Russen im türkischen All-inclusive-Club haben ihm den Urlaub verdorben, den er vor seiner Kur angetreten hat. Für sein Einkommen kann er sich wenigstens eine „schwarz beschäftigte“ polnische Putzfrau leisten, die übrigens Ewa heißt, wie alle anderen polnischen Putzen, die er kennt. „Der Wohlstand des kleinen Mannes!“
Unterm Gusi war die SPÖ für ihn überhaupt unwählbar. „Gesudere“ gehört für ihn zu einer solidarischen Hochleistungsgesellschaft, weil Opposition kann nur mehr von innen kommen.

Diesmal wird er rot wählen, weil ihm sein Bekannter bei „Wiener Wohnen“ eine Gemeindewohnung für seinen Jüngsten versprochen hat. Da muss man sich erkenntlich zeigen. „Sozialismus? Schaun, wir sind heute schon weiter.“

Als Betriebsrat ist er praktisch unkündbar, „die paar Jahrl’n kriegen wir a no rum!“
Die Frage, was er denn vom Wahlprogramm der SPÖ hält, beantwortet er bereits beiläufig vom Spielautomaten her:
„Der Faymann macht des eh ganz guat und die Millionärssteuer trifft mi ja net wirklich!“
Die Abgrenzung zur FPÖ versteht er hingegen weniger: Die Plakate vom HC (=Strache) sprechen ihm aus der Seele: „Schaun’s auch der Nationalsozialismus war so eine Art Sozialismus, nur hat er es halt nie zu einer Internationalen gebracht.“



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