Der Feind steht links

Der Feind steht links titelt die junge Welt: Wenn es darum geht, linke Umtriebe im Keim zu ersticken, setzt sich die Justiz in diesem Staat auch über heiligste Rechtsgrundsätze hinweg, etwa über den Grundsatz in dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten. Dieser Grundsatz ist richtig und wichtig – er soll verhindern, dass Unschuldige verurteilt werden, bedeutet aber gleichzeitig auch, dass der eine oder andere Schuldige seiner Strafe entgeht, wenn es auch nur geringe, aber plausible Zweifel an der Schuld des Angeklagten gibt. Im Zweifel also lieber einen Schuldigen laufen lassen anstatt einen Unschuldigen einzusperren. Normalerweise ist die deutsche Justiz durchaus gewissenhaft, wenn es um die Anwendung dieses Grundsatzes geht. In vielen Missbrauchs- und Vergewaltigungsfällen beispielsweise, in denen Aussage gegen Aussage steht, kommt es deshalb nicht zur Verurteilung des mutmaßlichen Täters – frustrierend für die jeweiligen Opfer, aber rechtlich einwandfrei.

Nur wenn es darum geht, Linke zu verurteilen, setzen sich Richter gern einmal über berechtigte Zweifel hinweg – so wurde am Mittwoch der Antifaschist Tim H. vom Amtsgericht Dresden zu 22 Monaten Haft verurteilt – ohne Bewährung. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, bei der Antinazi-Demo im vergangenen Februar als “Rädelsführer” andere Demonstranten aufgerufen zu haben, Polizeiketten zu durchbrechen. Tim H. wurde besonders schwerer Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung und Beleidigung vorgeworfen, denn einige Polizisten hatten Verletzungen erlitten, als andere Demonstranten deren Kette durchbrachen.

Interessant ist, dass der Angeklagte auf dem Polizeivideo nicht eindeutig zu erkennen war und folglich auch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, dass es sich um Tim H. handelte. Auch die Megafondurchsage, die Leute sollten “nach vorne kommen” muss keineswegs als Aufruf zur Gewalt verstanden werden. Das alles spielte aber keine Rolle, ging es doch darum, ein Exempel zu statuieren, was einem in diesem Lande blüht, wenn man gegen die Rechten auf die Straße geht. In dem Artikel der jungen Welt werden noch weitere Beispiele genannt, bei denen unsere Strafverfolgungsorgane es mit der Verfolgung angeblicher Gewalt durch Linke extrem genau nehmen.

Mit der Gewalt von rechts ist das bekanntlich anders – nachdem sie jahrzehntelang angeblich gar nicht existiert hat, tun sich unsere Strafverfolgungsorgane schwer damit, das ganze Ausmaß rechtsterroristischer Aktivitäten aufzuklären – vor allem, weil unser formidabler Staatsschutz selbst einen offenbar gar nicht so geringen Anteil daran hatte. Ich bin mir aber sicher, dass hier sehr viele Zweifel auftauchen, die eine angemessene Verurteilung der Beteiligten verhindern werden.



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