Delegationsreise des Bürgerforums nach Berlin: Wie steht es um Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung in unserer Republik? Was wollen die Parteien tun?

Delegationsreise des Bürgerforums nach Berlin: Wie steht es um Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung in unserer Republik? Was wollen die Parteien tun?

Foto und alle Diashows in diesem Beitrag: Sebastian Heise


Die Delegationsreise der von der Bertelsmann Stiftung geladenen 30 Vertreter des Bürgerforums 2011, pro Stadt einer plus weitere Gäste, war ein interessantes, aufschlussreiches Unternehmen. Betreut wurden sie vom Projektleiter Dr. Dominik Hierlemann, Projektmanagerin Anna Wohlfarth, Sabrina Even und Marita Bussieweke. Für Kusel dabei : Stefan Vieregg M.A.
Die Reise ermöglichte nicht nur den Kontakt, sondern auch die Vorstellung und Diskussion der 6 Bürgervorschläge aus den Ausschüssen "Demokratie und Beteiligung", "Integration", "Bildung", "Solidarität und Gerechtigkeit", "Demografie", "Familiäre Lebensformen" des Bürgerforums 2011, mit

+ Claudia Roth, Malte Spitz, Bundesvorstand, und Ingrid Hönlinger, Sprecherin für Demokratiepolitik, Bündnis 90/Die Grünen
Themen: "Demokratie und Beteiligung""Integration", (Bürgerreferenten: Jan Kastner, Regensburg, Hans-Jürgen Zenk, Braunschweig)

+ Caren Lay, Geschäftsführerin Die Linke Themen: "Demokratie und Beteiligung""Solidarität und Gerechtigkeit", (Bürgerreferenten: Andreas Hundertmark, Chemnitz, Günter Lobin, Paderborn,Nicole Patricia Schumann, Bochum, )

Delegationsreise des Bürgerforums nach Berlin: Wie steht es um Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung in unserer Republik? Was wollen die Parteien tun?

Foto: Sebastian Heise

+ Christian Lindner, Generalsekretär, Heiner Kamp, Dr. Christopher Gohl, FDP Themen: "Demokratie und Beteiligung", "Demografie", (Bürgerreferenten: Barbara Fetzer, Göppingen,Volker Pöhlsen, Aachen, Herwig Schnur, Saarlouis)
+  Hermann Gröhe, Generalsekratär, Dr. Stefan Hennewig, Dr. Adelheid Gliedner-Simon, Geschäftsführerin, Arbeitskreis Familiäre Lebensformen, CDU Themen: "Demokratie und Beteiligung""Familiäre Lebensformen", (Bürgerreferenten: Carola Engelberg, Teltow-Fläming, Klaus Gollnick, Bad Doberan, Michaela Resch, Altötting, Susanne Rundshagen, Werra-Meißner-Kreis, Stefan Vieregg, Kusel)+  Astrid Kluge, Geschäftsführerin SPD Themen: "Demokratie und Beteiligung""Bildung" (Bürgerreferenten: Sascha Gätzschmann, Halle/Saale, Reinhard Lindenberg, Rotenburg/Wümme, Barbara Richert-Huemer, Lindau/Bodensee). 
Als Abschluss der seit Monaten dauernden Entscheidungsfindung, Konzeption und Diskussion der Bürgerideen war Berlin und der Kontakt mit den Parteien vorgesehen, nachdem lokale, regionale sowie bundesweite Arbeitstreffen stattfanden und im Mai bereits dem Bundespräsidenten das fertige Konzept überreicht wurde. Wie denken die Parteien im Vergleich zu den Bürgern, was halten sie von Bürgerbeteiligung und wie wollen sie diese verwirklichen? Es waren doch punktuell erhebliche Abweichungen zwischen Berlin und dem Rest der Republik, vor allem in der Kombination der möglichen Lösungsschritte, festzustellen.

Der Gedanke der Bürgerbeteiligung wird vorrangig bei Bündnis 90/Die Grünen gesehen, nicht jedoch im Sinne einer Schweizer Volksbeteiligung, sondern im Stil der repräsentativen kommunalen Bürgerbeteiligung und -befragung inkl. Umfragen/Abstimmungen. Auch Nichtmitglieder sind eingeladen mitzuwirken. Angestrebt wird eine "Verteilungs- und Beteiligungsgerechtigkeit", die detailliert in den grünen Papieren und Thesen nachgelesen oder bei der Geschäftsstelle erfragt werden kann. Weitere Anliegen: das Informationsfreiheitgesetz IFG im Sinne eines besseren Informationszugangs zu verändern.
Nicht allein die Befugnis, sondern die Möglichkeit es tun, muss festgeschrieben werden
(IFG = "Das Gesetz gewährt jeder Person einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen vonBundesbehörden. Eine Begründung durch Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder sonstiger Art ist nicht erforderlich. 
„Amtliche Information“ ist jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung, also beispielsweise Schriftstücke in herkömmlichen Akten, elektronisch gespeicherte Informationen, Zeichnungen, Grafiken, Pläne, Ton- und Videoaufzeichnungen." wikipedia)
kommunal gar eine Abrufpflicht von Informationen für die Bürger zu verankern. Die Grenzen und Aufgabe der Bürgermitsprache im Fall der Hochbrücke über die Mosel seien auf Sachzwänge und Mehrheiten zurückzuführen.Ebenfalls vorrangig steht dieses Thema bei Die Linke auf dem Plan. Als eine genuin sozialistische Partei rangieren Volksinitiativen und Volksbegehren ganz oben in den Charts, das repräsentative System sei jedoch vorrangig. Die Linke erwägt dazu eine Verfassungsänderung. Das kontrovers diskutierte Thema Grundeinkommen für alle, durch Chemnitz und Lindau eingebracht, ruht zumindest im Hinterkopf und wird zurzeit eher als Grundeinkommen mit einer Mindestrente für Kinder und Rentner verstanden.
Die FDP stellt klar heraus, dass sie eine Bildungsfinanzierung durch den Bund anstrebt und ein Zentralabitur, -abschluss nicht für möglich hält. In Sachen Bürgerbeteiligung sei klar, dass es den Bürgerwillen nicht gibt. Volksentscheide seien also nicht sinnvoll. Die Informationsvielfalt fordere eine parlamentarische Demokratie. Jedoch wird auf Länderebene eine Basisjury von Bürgern, ca. 25 an der Zahl, gesehen, die - um Mitarbeiter ergänzt - Bürgervorschläge überdenken und begutachten, ggf. eine Volksbefragung initiieren soll. Auf Bundesebene sei eine "Bürgerkammer" denkbar, deren etwa 50 Teilnehmer plus Mitarbeiter Bürgeranträge, -vorschläge überprüfen, filtern, begutachten sollen und geeignete Vorschläge ins Parlament zur Diskussion und Entscheidung tragen. Im Übrigen würde der Mitgliederentscheid zu Themen favorisiert.
Ebenso die CDU, die intern unter Mitgliedern diskutieren, abstimmen und entscheiden möchte, sich von einem Volksentscheid jedoch distanziert. Allein die repräsentative parlamentarische Demokratieform sei angebracht, die Interessen der Bürger zu vertreten. Es werde bereits sehr viel im rechtlich möglichen Rahmen getan und bewegt, die Dinge bräuchten jedoch in unserer Staatsform Zeit, um sich zu entwickeln und durchzusetzen. Die vom Ausschuss Familiäre Lebensformen Kusel vorgeschlagene Dienstleistungstauschbörse als eine Erleichterung des örtlichen Lebens wurde bejaht, ebenso die Verbesserung und Anpassung der Pflegeversicherung an die Bedürfnisse der pflegenden Angehörigen. 
Dazu gehöre auch eine verbesserte Rentenberücksichtigung von Erziehungs- und Pflegezeiten. Eine sinnvolle Ausstattung des Nahraums mit familienfreundlichen Einrichtungen, wie Tagesstätten und Nachmittagsbetreuung sowie eine Bereitschaft der Arbeitgeber, Familienleben durch geeignete Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen, werde ebenfalls bearbeitet. Die CDU sei traditionell die Partei, die Familien als die wichtigsten sozialen Basiseinheiten betrachtet und stärken möchte.Die SPD reflektierte den allgemeinen Mitgliederschwund der großen Parteien, möchte sich als Partei öffnen, neue Mitglieder gewinnen und wieder souverän in der Entscheidungsfindung werden. Einer allgemeinen Erpressbarkeit, "Ihr seid doch eine soziale Partei", gerade in den Medien, soll gegengesteuert werden. Die Parteireform der SPD bedeutet mehr Demokratie und Beteiligung für alle, Volksbegehren und Volksentscheide werden bejaht, ebenso wie Mitgliederbegehren. Auch Nichtmitglieder sollen regional mitarbeiten dürfen. Wichtig ist die Regierungs-, Entscheidungs- und Informationstransparenz für die Bürger. In Schulen und Betrieben soll durch politischen Unterricht Demokratie und Beteiligung behandelt werden. Website-Kommunikation, Tür-zu-Tür-Arbeit in den Wohngebieten, kostenlose Kindergärten und Abschaffung der Studiengebühren sind Programm, ebenso das Erreichen eines Bildungsanteils von 7 % des Haushaltes. Die SPD will, wie auch die FDP und tatsächlich auch der Ehrenvorsitzende der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (die das Ganztagsschulprogramm [mit Bundesgeldfinanzierung] organisiert), Roland Koch aus Hessen - der unlängst noch gegen Gesamtschulen war -, eine Aufhebung des sog. Kooperationsverbots (= Schulen dürfen nicht mit Bundesgeld unterstützt werden). Nur so ist ein Ausbau möglich, bei gleichzeitiger Erhöhung der Vermögenssteuer, meinte die SPD.

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Foto: Stefan Vieregg

Mit Berlin-Rundfahrt, Besuch der Kuppel über dem Reichs-/Bundestag und der Gedächtnisstätte Berliner Mauer schloss sich der Kreis der demokratischen Schule durch das Bundespräsidialamt, die Bertelsmann sowie Nixdorf Stiftung. Dieser zentrale Ort unserer Geschichte heute ein riesiger, machmal unmanövrierbar erscheinender, aber sehr agiler und sich in Millionen von Details vertiefender Treffpunkt und Arbeitsort von über 600 Abgesandten, die über unser Geschick bestimmen, alles im Dienste der Demokratie versuchen, Sinnvolles einführen oder auch abschaffen, ist nun wieder Sitz einer deutschen Regierung, dieses Mal unter wesentlich humaneren Vorzeichen. Sie übt sich unermüdlich in der Demokratie ;-).

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Foto: Stefan Vieregg


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