Das Scheitern einer Erstlingsmama (Blogparade #geschichtenvomscheitern)

Geschichten vom Scheitern, die Blogparade von Große Köpfe, ist ein Paradethema für jede selbstkritische und reflektierte Mama. Da ich mich ausdrücklich zu diesen zähle, habe ich natürlich auch jede Menge dazu beizutragen. Ich will mich aber nicht in Details wie erfolgloser Motivation beim Anziehen, Kochen des immer falschen Essens oder Versagen der Contenance in stressigen Situationen (das Schlafengehen funktioniert bei uns meist ganz gut) verlieren, sondern das für mich größte und schmerzhafteste Scheitern meines bisherigen Lebens, was bezeichnenderweise erst als Mama auftrat, thematisieren. Den letzten Anlass dazu hat Mama Schulze mit ihrer Geschichte gegeben, in der ich mich extrem wiedererkannte, wenn ich auch damals im Gegensatz zu ihr Einkindmama gewesen bin.
Ich empfinde das gesamte erste Lebensjahr meines Sohnes als Scheitern und Versagen auf ganzer Linie, sowohl von mir als Mama des Babys, als auch als Mensch in zwischenmenschlicher Hinsicht. Ich kann mir das zwar nicht vorwerfen, hatte ich doch in dieser extremen Ausnahmesituation eines viel schreienden, nie schlafenden, nicht zu beruhigenden und immer unzufriedenen Babys weder die Fähigkeiten noch die Gelassenheit, um mich anders auf ihn einlassen zu können. Aber ich bedauere es sehr, wie dieses komplette erste Babyjahr gelaufen ist und wünsche mir oft, ich hätte es mit dem heutigen Wissen, der Sicherheit und Ausgeglichenheit erleben dürfen.
Ich war durch mein anspruchsvolles, forderndes High-Need-Baby nicht nur total gestresst und sowohl körperlich als auch mental völlig am Ende, sondern auch enttäuscht, verzweifelt und von aller Welt verlassen. Wut auf andere Eltern mit pflegeleichten Kindern, auf den Partner, auf Freunde und Familie, die uns nicht oder nur minimal halfen, sondern nur durch Vorwürfe oder Besserwisserei glänzten, und auch Wut auf das Kind, das mich so unglücklich machte, kamen dazu, was den Kreislauf des Scheiterns nur noch verstärkte. Nachdem schon das vermeintlich Einfachste der Welt, das Schwangerwerden, nicht so geklappt hatte wie vorgestellt (siehe diesen Beitrag), war es der Gipfel meines Scheiterns, dass ich nach der Geburt nicht mit meinem Kind klarkam und mir oft wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Er ließ sich nicht beruhigen, egal was man versuchte, man scheiterte mit allem. Er ließ sich nicht zum Schlafen bewegen. Man konnte nichts mit ihm machen, nicht autofahren, nicht einkaufen, jemanden besuchen oder wegfahren. Alles endete in Schreierei, Überreizung und Stress bei uns und beim Baby. Die einzigen beiden Male, wo wir meine Eltern besuchten, rächten sich mit Nächten, die durchgeschrien wurden. In fremder Umgebung noch schlimmer als zuhause. Das ist 3 3/4 Jahre her. Seitdem haben wir nie mehr bei ihnen übernachtet.
Es war für alle eine furchtbare Zeit, für mich, für das Baby, für meinen Mann und für meine gesamte Umgebung. Das Gute daran ist: ich habe mein Scheitern nach außen getragen, durch Schmerz, Wut, Gereiztheit, Aggressionen, Reden über die unerträgliche Situation, immer und immer wieder. Dadurch habe ich vielleicht mein Baby vor meinen Aggressionen bewahrt, wer weiß. Das Schlechte daran ist: ich habe Menschen verletzt, die nichts dafür konnten, dass es so schwierig war, und vieles kaputt gemacht. Das bereue ich sehr. Es war aber leider überlebensnotwendig, um nicht durchzudrehen. Und um dem Baby nichts anzutun. Es ist schrecklich, wenn ein Lebenstraum so dramatisch scheitert. Schrecklich, wenn man seinem Baby nicht helfen kann. Und schrecklich, wenn man nicht die Mama ist, die man sich vorgestellt hat. Es war für mich das Scheitern als Mensch per se. Ich weiß bis heute nicht, wie ich diese Zeit überlebt habe. Sie hat mit Sicherheit Spuren in meiner Seele hinterlassen. Und auch bei anderen Menschen aus meiner engen Umgebung.
Nun sind vier Jahre seit der Geburt meines Großen vergangen, und heute ist alles anders. Er hat sich verändert und es wurde einfacher, je größer er wurde. Ich wurde ruhiger und lernte Dinge über ihn und über mich, die mir halfen, besser mit problematischen Situationen umzugehen. Ich verstand ihn nun, auch im Rückblick auf die Babyzeit. Ich wurde stressresistenter. Meine Kleine kam dazu und hat mir gezeigt, dass ich durchaus eine kompetente Mama sein kann. Sie hat mein Scheitern und Versagen geheilt. Insofern ist alles doch noch gut geworden. Aber es bleibt die Erinnerung an mein Versagen als Mama, als der Große mich am meisten gebraucht hätte, und die Traurigkeit über ein verlorenes erstes Babyjahr mit dem lang ersehnten Wunschkind. Das ist eine Wunde, die nie heilen wird.

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