Das Oktoberfest oder die Wies’n

Das Oktoberfest oder die Wies’nWenige kulturelle Ereignisse werden so nachhaltig von Deutschen im Ausland kommentiert.

Wenn es jedoch um kommerzielle Klone des Oktoberfests geht, dann wird Deutschtum gesucht, gefunden und kritisiert.

Bei aller Blauäugikteit die mich Volksdeutschen im Ausland manchmal im Lauf der Jahre befällt , kann ich doch nicht erwarten, in Tepepan beim „Oktoberfest“ der Deutschen Schule  eine auch nur annähernd entspannte und völkerverbindene Atmosphäre anzutreffen.

Der Preis für die Mass Bier liegt bei 200.- Pesos ( 11,96 € ) und damit sogar höher als beim Durchschnittspreis füf das Original (8,65  € ).  Und lange Schlangen beim Ausschank  würden beim  Oktoberfest zu einem Aufstand führen, während der orbitant hohe Bierpreis leicht grantelnd hingenommen wird.

Zu einer frischen Mass gehört natürlicherweise ein gutes Essen. Ein halbes Hendl und eine Brezn sind da Standardklasse. Werden übrigens von Bedienungen an den Platz (so man bekommt) im Bierzelt gebracht.  Soweit das Ausgangspanorama.

Wenn dann noch die Sitznachbarn, meist sind einige Australier, Amerikaner, Japaner, Spanier oder sonstige Welbürger darunter, zu denen sich ja die Münchener noch immer dazuzählen, biertrinkend sich in Konversation bemühen, ja dann kommt dieser Moment, wo sich gut fühlen beginnt.

Das Oktoberfest oder die Wies’nDiese magischen Momente. Im Augustinerzelt, nachmittags um fünf, wenn die Sonne durch die Fenster schräg in den bierdunstigen Tempel leuchtet, im Kreis der wackren Freunde dem  Bacchus gefrönt wird. Das Märzenbier dazu wird, Tradition, aus den „Hirschen“ frisch gezapft. Die Fische werden über Holzkohlen unter offenem Himmel gebraten, ganze Ochsen drehen sich an Spiessen. Es ist, da muss man dem Slogan einer Münchener Brauerei folgen, ein wenig der Himmel hier auf Erden.

Die Ausmasse der Volksbelustigung sind ganz phänomenal, aber organisch über die Jahrhunderte gewachsen. Es herrscht mittelalterlicher Protektionismus. Nur die „Münchener Brauereien“, deren sechs an der Zahl dürfen Bierzelte aufstellen. Hier ein Blick auf die „Wirtsbudenstrasse“ mit den 14 Festzelten. Soweit die kulinarische Versorgungkapazität.

Der Vergnügungsteil kommt extra dazu. Selbst an so banales wie die ausreichende Kapazität der breitgestellten Pissoirs und Wasserclosetts wird gedacht, bevor die Massen kommen.  Niemand auf dem Oktoberfest muss lange aushalten.

Doch viele bleiben dort stundenlang, lassen sich von dem Menschenstrom  draussen erfassen und schlendern an den Buden und Fahrgeschäften vorbei. Ganz Waghalsige oder einfach Betrunkene  setzen sich auf’s Teufelsrad, Liebhaber des Kleinen und Kontrollfreaks gehen in den Flohzirkus. Die frische, zugleich laue Luft, der Spätsommer zeigt sich gnädig, nimmt all diese Gerüche auf und treibt sie durch die Strassen.

Es ist wieder Wiesnzeit. Oktoberfest.

Und wie man da so sitzt, und biertrinkt, wird auf ein Mal alles nicht mehr so wichtig.   Der Herr gegenüber ist CEO ? Angenehm. Und ja, wie gut dass Verkaufszahlen im letzten Quartal einen Aufwärtstrend bestätigen. Der Mann ist froh, sagt er.  Links von mir sitzt ein japanisches Ehepaar. Rentner wohl beide. Ihr Traum, sagen sie mir, war es die Kirschblüte bei Hamburg zu sehen. Aber die war ja schon vorbei, also buchte man München und Oktoberfest. Was soll man dazu sagen. Nichts!

Die Masskrüge stossen aneinader, man prostest sich zu. Sprachloses Einvernehmen durch Gerstensaft.

Und nach der dritten Mass ist der CEO auch nicht mehr so froh. Die Ehe, lamentiert er, die Ehe. Alle nicken stumm, einige aus Erfahrung, andere aus Mitleid, und er  nickt nach vorne und schlägt dumpf mit der Stirn auf den Biertisch.

„Der kriegt nix mehr von mir“ unterbricht die herrische Stimme der Bedienung diesen weihevollen Moment, da sich der CEO endlich entspannt hatte.  Nachdem sein Rausch etwas verflogen war, verliess er die Runde um, wie er sagte, „seinem Leben einen Ruck zu geben“. Er ging zielstrebig auf die Autoscooter zu. Er heisst Ralf.

Um elf Uhr Nachts ist Schluss, nur ganz zielgerichtete Naturen werden jetzt noch Einlass in die wenigen Etablissements finden welche von Amts wegen die Sperrstunde etwas kulanter gelegt bekamen. Das Käferzelt soll dabei in der Gunst der Unentwegten ganz oben stehen.

Und nun mal Hand auf Herz und nicht gelogen:

Kann eine kulturelle, in Jahrhunderten gewachsene Tradition, die ihre eigentliche Essenz aus den Menschen zieht, die sie leben, wachhalten, verteidigen und auch verändern, kann solch ein Ereigniss woanders stattfinden als in jener Stadt? Die Antwort muss sich jeder selbst geben.

Ach ja, ich  bedanke mich hiermit erzlich beim Board für Mexiko-Insider für die Informationen.

 


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